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Flucht nach Colorado

Flucht nach Colorado

Titel: Flucht nach Colorado Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cassie Miles
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sich nicht vorstellen konnte. Er fand es fast angenehmer, von zwölf Hubschraubern und einer ganzen Armee von Scharfschützen verfolgt zu werden, als hilflos herumzulaufen und den Schmerzensschreien einer Gebärenden zu lauschen.
    Schließlich kam Emily mit einem winzigen Bündel im Arm zu ihm. „Hier ist der kleine Kerl, der uns all den Ärger gemacht hat", gurrte sie.
    Jordan betrachtete das runde, müde Gesichtchen. Die kleinen Arme zuckten, und der Kopf drehte sich, als ob das Baby sich diesen neuen, seltsamen Ort genauer ansehen wollte. „Ist es in Ordnung, dass er so rot ist?"
    „Das ist völlig normal."
    Jordan hatte noch nie zuvor ein Neugeborenes gesehen. „Erstaunlich."
    „Nimm ihn mal."
    Obwohl er sich dagegen wehrte, bestand Emily darauf, ihm das Baby in die Arme zu legen.
    Er fühlte, wie es strampelte. Es starrte ihn durchdringend an. Wie konnte so eine kleine Kreatur nur entstehen? Was für ein Wunder war nötig, um ein Baby in die Welt zu bringen?
    „Hallo, Pookie."
    Das Baby gab ein leises Geräusch von sich. Klang es ein wenig wie wuffz? Eine merkwürdige Wärme erfüllte Jordan. Er hatte das Gefühl, dass er alles tun würde, um dieses Kind zu beschützen. Vorsichtig gab er das kleine Bündel zurück, und Emily brachte Pookie zu seiner Mutter.
    Als sie zurückkam, ließ sie sich erschöpft aufs Sofa fallen. Sie hatte Blutflecken auf ihrer Seidenbluse. Ihr Haar war schweißnass. „Ein Baby zu bekommen ist eine Menge Arbeit."
    „Aber es lohnt sich", sagte er. „Ich hätte gerne fünf bis sechs."
    „So kann nur ein Mann daherreden."
    Er nahm ihre Hand. Es gab noch viele typisch männliche Worte, die er Emily gerne gesagt hätte. Worte, die beschrieben, wie er sie in einer kalten Coloradonacht verwöhnen würde, ausgiebig und leidenschaftlich. Oder Worte für ihre Schönheit. Aber auch Worte, die ihm nicht so leicht über die Lippen gingen. Verantwortung. Verpflichtung. Familie. Er wollte ihr sagen, dass er nicht mehr damit gerechnet hatte, seine wahre Seelengefährtin zu finden, dass er lange gewartet und schließlich geglaubt hatte, sich mit weniger begnügen zu müssen. Dass er sie nie mehr gehen lassen würde. Weil sie ihm alles bedeutete.
    Er hätte endlos reden können, ohne dass ihm die Worte ausgegangen wären. Aber im Augenblick genügten drei: Ich liebe dich.
    Sie schloss die Augen. Sie war völlig erschöpft.
    Jordan drückte ihre Hand, lehnte sich zurück und starrte an die Decke. Emily, ich liebe dich.
    Er hörte die Türglocke. Jemand hatte am Haupteingang geklingelt.
    „Das muss Spence sein", sagte sie müde. „Typisch für ihn, erst aufzutauchen, wenn die Arbeit getan ist."
    „Bleib hier und ruh dich aus", sagte er. „Ich gehe."
    Er fragte Rita nach dem Sicherheitscode, um die Tür öffnen zu können, ohne dass der Alarm losging. Dann verließ er das gemütliche Apartment, das so sehr mit neuem Leben erfüllt war, lief durch die sterile Küche, das Esszimmer, das Wohnzimmer. Das Haus war riesig, leer, still. Die Sohlen seiner Wanderstiefel quietschten auf dem Marmorboden.
    Und dann sah er aus den Augenwinkeln eine Bewegung. Er drehte sich um und starrte direkt in das Gesicht von Sean Madigan. Der Skilehrer hielt einen 45er-Revolver in der Hand.
    Der rote Bär. Das Monster. Irgendwie musste er Madigan ablenken, ihn aus dem Haus lotsen. „Sie wollen mich doch nicht hier erschießen."
    „Nicht? Es ist aber mein gutes Recht. Sie sind ein entflohener Häftling."
    „Wenn Sie mich hier erschießen, werden Sie der Polizei erklären müssen, woher Sie den Schlüssel haben", gab Jordan zu bedenken. „Und dann werden eine Menge unangenehme Fragen über die Mordnacht folgen."
    Madigan dachte nach.
    Dieser Typ war wirklich nicht der hellste. Ironischerweise hatte gerade seine Dummheit ihn bisher gerettet. Er hatte die Kunstwerke gestohlen und das Bargeld im Safe seines Hauses aufbewahrt. Nicht sehr raffiniert. Aber andererseits konnte man dem Geld so nicht auf die Spur kommen. In der Mordnacht war er ins Haus gekommen, hatte Lynette erschossen und die Waffe auf Jordans Kopfkissen zurückgelassen. Geradlinig. Simpel.
    „Ich habe eine Frage", sagte Jordan. „Warum ich? Warum haben Sie ausgerechnet mir den Mord untergeschoben?"
    „Das ist nichts Persönliches." Madigan hob die Pistole und zielte. „Sie waren nur zur falschen Zeit am falschen Ort."
    „Und meine Flucht aus der Haft? Haben Sie das zusammen mit Kreiger ausgeheckt?"
    „Es war seine Idee. Er dachte, Sie würden nicht

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