Flucht nach Faerie - Beil, J: Talisman-Kriege 1 - Flucht nach Faerie
ihrer Gürteltasche verwahrte. Den anderen hatte sie noch nicht von dem Schmuckstück erzählt, nicht einmal Landyn, was nicht daran lag, dass sie es geheim halten wollte; ihr ging lediglich so viel anderes durch den Kopf, dass sie den Reif beinah vergessen hatte. Sie hatte ihn an sich genommen, nachdem Alek ihn zusammen mit dem Ring und dem Talisman der Einheit in jener Truhe entdeckt hatte. Sarah wollte den goldenen Ring mit dem bernsteinfarbenen Stein, und Ara hatte keine Einwände erhoben. Warum auch? Sie hatte so viele Waren, dass sie es sich ohne Weiteres leisten konnte, ihrer Tochter einen goldenen Ring zu überlassen.
Der Reif jedoch hatte Aras Aufmerksamkeit gebannt. In der Nacht, in der Salin kam, hatte sie ihn eingehend betrachtet und versucht, seinen Wert zu schätzen. Sie hatte in ihrem Laden gesessen, die Finger über den zierlichen Goldreif wandern lassen und sich über das Fehlen jeglicher Nahtstellen gewundert, als sie plötzlich eine Stimme hörte.
»Ich muss dich töten. Sei versichert, das ist nichts Persönliches, nur eine Botschaft für deinen lieben Freund Maurer.«
Sie drehte sich zu der Stimme um, doch da war niemand. Der Laden begann zu beben, und die Luft wurde heiß. Panisch rannte sie zur Tür, doch bevor sie zwei Schritte zurückgelegt hatte, erblühte in der Mitte des Raumes ein Flammenball, der sich mit ohrenbetäubendem Tosen nach außen verbreiterte und alles in seinem Weg verschlang.
Nur Ara blieb verschont, wurde von den Flammen, die rings um sie wüteten, nicht einmal berührt. Von dem Goldreif, den sie umklammert hielt, schienen Schwingungen auszugehen, die ein Kribbeln durch ihren Körper jagten. Er leuchtete grell, als die Flammen sie umgaben, und er strahlte ein gelbliches Licht ab, das Ara umhüllte. Das Feuer prallte von dem Schein ab wie Wellen von einer felsigen Küste, und obwohl es den Laden ringsum niederbrannte, blieb Ara unversehrt. Sie verspürte nicht einmal Hitze.
Dass keine von der Decke fallende Trümmer sie erwischten, musste reines Glück gewesen sein, aber vor der größten Gefahr, dem Feuer, schützte sie der Reif. Sie fragte sich, ob der Ring, den Sarah bei sich trug, ähnliche Eigenschaften besaß. Angesichts der Macht von Salins Hexerei hoffte sie es inständig.
Danach war sie geflohen und wollte sich den Umstand zunutze machen, dass Salin sie ebenso wie nahezu jeder andere für tot hielt. Ihr Vorteil bestand in der Überraschung. Darin und in dem magischen Reif.
Sie war immer noch in Gedanken versunken, als Landyn in den Raum trat. Hinter ihm folgte ein ähnlich gekleideter Mann. Wie Landyn besaß er gewelltes braunes Haar und einen ordentlich gestutzten Schnurrbart, doch er sah nicht annähernd so gut aus wie der Spielmann. Landyn lächelte, als er Ara erblickte, und er führte seinen neuen Gefährten zu ihrem Tisch.
»Ara, das ist Lukas. Er ist hier in Bordonstett Spielmann. Ich habe in der Vergangenheit mit ihm zusammengearbeitet. Er ist ein guter Freund, und man kann ihm vertrauen.«
»Es freut mich, Euch kennen zu lernen, meine Dame!« Lukas ergriff ihre Hand und küsste sie behutsam. Es war erstaunlich, wie ähnlich sein Verhalten jenem Landyns war.
»Auch ich bin erfreut, Lukas.«
Landyn und Lukas setzten sich an den Tisch, und Landyn sagte: »Spielmänner tun wesentlich mehr, als Lieder vorzutragen, zumindest jene, mit denen ich Umgang pflege. Du weißt schon, was ich meine, Ara. Wir sind kein durch und durch edler Menschenschlag.«
»Tatsächlich?«, fragte Ara süßsauer. »Und ich dachte, du wärst mein weißer Ritter.«
Landyn lächelte breit. »Wir halten ständig die Augen nach Wissen offen, das wir zu unserem Vorteil nützen können: welcher Adelige mit welcher Adeligen – oder besser noch, welchem bürgerlichen Mädchen – Unzucht treibt; wer Ränke schmiedet, um jemanden auszuschalten; welcher reiche Händler wann durch die Ortschaft zieht und wie viele Wachleute er dabeihat. Irgendwie müssen wir unseren Lebensunterhalt bestreiten, und in Schänken zu singen, reicht dafür kaum aus. Viele von uns sind gezwungen, mit Auskünften zu handeln, vielleicht hie und da ein wenig zu erpressen oder die eine oder andere Geldbörse zu stibitzen. Du musst allerdings wissen, dass wir vom Wesen her keine Diebe sind. Wir nehmen uns nicht viel, und niemals von jemandem, der das Geld wirklich braucht. Aber es fällt schwer, die Begabungen nicht einzusetzen, die man hat.«
Ara lächelte. »Ich denke, ich verstehe.«
»Gut. Lukas unterhält
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