Flucht nach Faerie - Beil, J: Talisman-Kriege 1 - Flucht nach Faerie
Not zu helfen. Bei mehr als einer Gelegenheit hatte er Ara gefragt, ob sie etwas brauchte, und er war stets losgeeilt, um es ihr zu besorgen, wenn sie bejaht hatte. Zunächst hegte sie Argwohn über seine Beweggründe, aber er hatte nie eine Gegenleistung verlangt. Zwar gebärdete er sich immer noch anzüglich und lüstern, doch es fiel ihr mittlerweile leichter, darüber hinwegzusehen.
Kari und Landyn waren in die Stadt gegangen, um einen Freund Landyns zu suchen, und hatten Jinn und Ara allein zurückgelassen. Horren wartete im Wald vor der Stadt auf sie. Er hatte gemeint, seine Anwesenheit im Ort würde zu viel Aufsehen erregen. Immerhin war er doppelt so groß wie ein Mensch und von fremdartigem Erscheinungsbild. Ara musste ihm Recht geben. Nur wenige Menschen wussten überhaupt von Addins, und selbst jene, die schon einmal von ihnen gehört hatten, würden bei seinem Anblick, wie er durch die Straßen einer Stadt wandelte, vermutlich in Ohnmacht fallen. Natürlich hegte Horren auch kein Verlangen, eine Stadt zu betreten. Er fühlte sich nur zwischen Bäumen wohl und hatte seinen Hain mit größtem Bedauern verlassen, um sie zu begleiten.
Das lag mittlerweile eine Woche zurück. Sie kannten Aleks und Sarahs wahrscheinliches Ziel, nicht jedoch den Weg, den sie dorthin einschlagen würden. Deshalb hatte Kari darauf bestanden, weiterhin ihren Spuren zu folgen. Sollte Sarahs Gruppe in Schwierigkeiten geraten, bevor sie Faerie erreichte, und dadurch vom Weg abkommen, bestünde andernfalls die Gefahr, dass Ara und ihre Helfer sie verpassten und blind weiter nach Norden reisten. Das sah Ara zwar ein, doch es war zum Verzweifeln, wie langsam sie beim Folgen der Fährte vorankamen. Ebenso gut hätten sie zu Fuß unterwegs sein können.
Schließlich waren sie zu den Toren von Bordonstett gelangt. Nachdem sie den Ausführungen des Soldaten der Stadtwache darüber, was alles nicht gestattet war, etwa zwanzig Minuten lang gelauscht hatten, durften sie die Stadt betreten. Ara war bereits zweimal in ihrem Leben in Bordonstett gewesen, dennoch staunte sie erneut über all das, was eine Stadt von ihrer Heimat auf dem Land unterschied: die riesigen, mehrgeschossigen Gebäude und Türme; das Schloss, das aus der Mitte aufragte; die Straßen mit einem Geschäft nach dem anderen, neben denen sich ihr
Drachenhort
klein und unbedeutend ausnahm. Beeindruckt ließ sie den Blick über die Menschen auf den Straßen und über die Händler wandern, die ihre Waren feilboten. Kari und Jinn schenkten ihrer Umgebung keine Beachtung, und Landyn schlenderte selbstbewusst vor sich hin, fühlte sich an einem Ort wie diesem unverkennbar heimisch.
»Offensichtlich kann ich einer Spur an einem solchen Ort nicht folgen«, erklärte Kari. »Aber sofern sie nicht über Mauern geklettert sind, muss ihre Fährte aus einem der Stadttore führen. Ich werde später versuchen, sie wiederzufinden.«
»Ich kenne eine Herberge in einer ruhigen Gegend der Stadt«, sagte Landyn. »Lasst uns dorthin gehen. Danach suche ich einige meiner Freunde auf, die immer wissen, was sich auf den Straßen tut. Es könnte sich lohnen, Auskünfte einzuholen. Vielleicht hat jemand Sarah und ihre Freunde gesehen oder etwas davon gehört, was Salin treibt.«
Sie marschierten vom Südtor zum gegenüberliegenden Ende des Nordviertels, wofür sie fast zwei Stunden brauchten. Schließlich gelangten sie zum
Dunklen Helm
, und Landyn mietete für sie Zimmer zum Übernachten. Nach einem raschen Bad und einer noch rascheren Mahlzeit brachen er und Kari auf, um nach den Freunden des Spielmanns zu suchen und Sarahs und Aleks Spur wieder aufzunehmen. Ara schlenderte indes ein wenig durch die Stadt, bis der Abend anbrach. Danach kehrte sie in die Herberge zurück, setzte sich in den Schankraum und trank Tee.
Während sie über ihre Reise nachdachte, fragte sie sich, ob sie das Richtige tat. Vermutlich hatte Horren Recht: Sie konnte Alek und Sarah nicht helfen, nicht gegen Salin Urdrokk. Dennoch konnte sie sich nicht einfach zurücklehnen und untätig bleiben. Das Unterfangen, auf das sie sich begeben hatte, war für sie die einzige Möglichkeit, nicht den Verstand zu verlieren. Außerdem mochte Salin ein mächtiger, verschlagener Hexer sein, trotzdem war es seiner Magie beim ersten Mal nicht gelungen, sie zu töten.
Eigentlich war ihr Überleben auf pures Glück zurückzuführen, dennoch lächelte sie unwillkürlich, als sie den goldenen Reif betastete, den sie bei ihren Habseligkeiten in
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