Flucht nach Faerie - Beil, J: Talisman-Kriege 1 - Flucht nach Faerie
hüllte, trat Verwunderung in ihre Augen. Alek beschlich der Eindruck, so angestarrt zu werden, wie man eine Gottheit bestaunen mochte.
Dann hob die Mumie den Kopf, und ihr Blick begegnete jenem des Bäckers. Sie öffnete den Mund und begann mit einer Stimme zu sprechen, die wie ein Flüstern aus einem Grab anmutete.
»Willkommen in Faryn-Gehnah, Fluchbrecher. Ich bin Azdach shah’Gazoth, Herr des Hauses shah’Gazoth aus Ost-Faerie. Seit der Zeit des Fluches herrsche ich über die Toten von Faryn-Gehnah. Unsere Gelüste treiben uns dazu an, Leben zu rauben. Die Macht des Bösen erfüllt uns ebenso wie diesen Ort. Ich verneige mich vor dir in der Hoffnung, dass du uns vom Fluch befreien kannst.«
Aleks Mund klaffte auf, doch ihm fehlten die Worte. Nach einer Weile brachte er hervor: »Ich?«
Die Mumie erhob sich, näherte sich Alek jedoch nicht. »Du bist der Fluchbrecher. Du hältst den Talisman. Wir warten seit Jahrhunderten auf dich.«
»Der Talisman der Einheit? Ihr habt darauf gewartet, dass ihn jemand hierher bringt?«
»Nicht
jemand
«, widersprach die Mumie. »
Du
.« Die Kreatur deutete auf Aleks Brust.
Alek schüttelte den Kopf, hatte keine Ahnung, was vor sich ging. Er wusste nicht, wie er den Fluch brechen sollte. Ebenso wenig wusste er, weshalb der Talisman zu leuchten begonnen hatte, als er ihn aufhob. Und am allerwenigsten verstand er, wieso die Untoten, die zuvor so verstandlos gewirkt hatten, ihn plötzlich anbeteten und mit ihm sprachen. Wieder öffnete er den Mund, und erneut fand er keine Worte.
»Ich kann deine Macht sehen«, sagte die Mumie. »Nur du vermagst, den Fluch zu brechen. Nur mit dem Talisman kannst du den Toten Ruhe bescheren und das Böse aus diesem Ort vertreiben. Handle jetzt, Fluchbrecher, denn schon bald wird uns der Drang zu töten wieder überwältigen. Ich rieche dein Blut und verspüre das Verlangen, darin zu baden. Ich könnte meine Begierde vielleicht noch eine Weile unterdrücken, aber die anderen sind viel schwächer als ich. Sie verschonen dich nur, weil mein Wille sie davon abhält, doch es wird mir nicht mehr lange gelingen.«
Alek wusste nicht, was er tun sollte. Eine glückliche Fügung mochte ihnen diese Verschnaufpause verschafft haben, aber er hatte keine Ahnung, wie er den Fluch aufheben sollte, der auf diesem Ort lastete. Michael hatte ihm in knappen Worten die Geschichte der Hüter der Begräbnisstätte erzählt. Wenn derart mächtige Willformer außerstande gewesen waren, das Böse aus Faryn-Gehnah zu vertreiben, wie sollte es dann einem einfachen Bäcker aus Bartambuckel gelingen?
»Ich … Ich kann nicht tun, was du verlangst«, sagte er. »Ich weiß nicht, wie.«
Die Mumie starrte ihn eine Weile an, dann senkte sie den Kopf, als sei sie betrübt. »Du bist derjenige. Ich irre mich nicht. Aber du bist noch nicht bereit. Flieh, Fluchbrecher, bevor ich gezwungen werde, dich zu töten, doch gewähre mir deinen Eid, dass du eines Tages, wenn du soweit bist, zurückkehren wirst. Gelobe, dass du wiederkommen, den Fluch brechen und uns die letzte Ruhe schenken wirst. Sprich diesen Schwur vor dem Herrn der Toten aus.«
Alek war niemand, der leichtfertig einen Eid leistete. Er wusste, dass er niemals an diesen Ort zurückkehren würde, wenn es sich irgendwie vermeiden ließe. Andererseits hing sein Überleben und das seiner Gefährten von dem Irrglauben dieser Kreatur ab, dass er jemand Besonderes sei. Wenn es ihnen nicht gelänge, diesen Ort mit dem Talisman zu verlassen, stand vielleicht auch das Schicksal der Welt auf dem Spiel. Der Bäcker unterdrückte seine Angst davor, einen Schwur zu leisten, den er nicht zu halten beabsichtigte, sah der Mumie in die Augen und sprach: »Azdach shah’Gazoth, Herr der Toten, ich gelobe bei allem, was mir heilig ist, dass ich eines Tages zu dieser Begräbnisstätte zurückkehren und versuchen werde, den Fluch zu brechen. Ich werde alles in meiner Macht Stehende tun, um euch den Frieden ewigen Schlafes zu bescheren.«
Azdach blickte Alek noch kurz in die Augen, dann drehte er sein Schwert herum und reichte es dem Bäcker mit dem Griff voraus dar. »Nimm dies als Zeichen meiner Gefolgstreue für den Fluchbrecher. Es ist
Flamme
, der größte Schatz des Hauses shah’Gazoth, mächtig unter den Waffen der Elben. Es kann nicht zerbrechen und vermag, Stein und Stahl so mühelos wie Fleisch zu durchdringen. Es verfügt auch über andere Kräfte, aber die muss jeder Besitzer selbst herausfinden.«
Alek nahm das Schwert
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