Flucht nach Faerie - Beil, J: Talisman-Kriege 1 - Flucht nach Faerie
entgegen und verneigte sich. »Ich fühle mich geehrt«, sagte er und schämte sich dafür, dass er sich des Geschenkes nicht als würdig erweisen können würde. »Leb wohl, Azdach shah’Gazoth.«
»Leb wohl, Fluchbrecher. Geh rasch! Ich spüre, dass die anderen meinem Willen entgleiten. Bald werden sie vergessen, wer du bist, und versuchen, dich zu töten. Es setzt bereits ein! Flieh!«
Die Leichen gerieten in Bewegung, erhoben sich langsam von den Knien. Alek wandte sich vom Herrn der Toten ab, rannte los und hielt nur kurz inne, um die Schatulle aufzuheben, die er fallen gelassen hatte, als er zum Talisman hechtete. Er klemmte sie sich unter den Arm und umklammerte das Schwert mit der rechten Hand. Die neue Waffe flößte ihm etwas Zuversicht ein. Er eilte an Lorn vorbei, der sich hinter ihn einreihte, und binnen weniger Lidschläge erreichten sie das gegenüberliegende Ende der Grabkammer, wo die anderen warteten. Zusammen rasten die fünf Gefährten aus der Gruft, während sich die Toten auf die Beine rappelten. Ohne zurückzuschauen, rannten sie den Tunnel entlang. Eine sonderbare Mischung aus goldenem und silbrigem Licht, das vom Talisman und der Schatulle ausging, erhellte ihnen den Weg. Die schlurfenden Geräusche der Toten folgten ihnen in geringem Abstand.
»Ich weiß ja nicht, was du in der Grabkammer gemacht hast, Alek, aber mit größter Wahrscheinlichkeit hast du uns allen damit das Leben gerettet«, sagte Michael im Laufen.
»Mir scheint, in unserem Freund schlummert mehr, als sich von außen erahnen lässt«, fügte Lorn hinzu.
In Alek stieg Verärgerung hoch. »Ich habe gar nichts gemacht! Weder habe ich den Talisman zum Leuchten gebracht, noch besitze ich die Macht, den Fluch zu brechen, der auf diesem Ort lastet. Die Mumie irrt sich. Der Tod muss ihr Gehirn ebenso verrottet haben wie ihren Körper.«
»Wie du meinst«, gab der Einsiedler zurück und beschleunigte die Schritte.
Die Toten waren an sich schon langsam, und der Umstand, dass sie sich noch aus dem Willen ihres Herrn lösen mussten, verlangsamte sie zusätzlich. Alek und seine Gefährten vergrößerten den Vorsprung, bis die schlurfenden Schritte ihrer Verfolger in der Ferne hinter ihnen verhallten. Dann erst wagten sie, die Geschwindigkeit auf ein forsches Laufen zu verringern.
Die Zeit verging. Der Tunnel wand und krümmte sich, verzweigte sich jedoch nicht und kreuzte keine anderen Wege. Schließlich gelangten sie in einen offenen Bereich, der nicht annähernd so groß wie die Grabkammern war, aber deutlich breiter als die meisten Gänge. An dessen gegenüberliegendem Ende führte eine Treppe hoch in den Berg hinauf. Die Stufen reichten höher als ihre Blicke und verliefen sich in unbekannten Gefilden über ihnen. Alek erschien offensichtlich, dass dies der Weg war, den sie einschlagen mussten, und er raste auf die Treppe zu.
»Warte!«, rief Michael. »Das ist der falsche Weg.« Er deutete auf einen Bereich rechts der breiten Stufen. »Wir müssen dort entlang.«
Alek schaute hin und erkannte zunächst nur eine Sackgasse. Dann senkte er den Blick und sah ein großes Loch im Boden, das in völlige Schwärze führte. Der Boden schien an der Stelle eingebrochen zu sein, zumal er sich rings um das Loch als zerklüftet, rissig und abwärts geneigt erwies.
»Bist du wahnsinnig?«, rief Alek aus. »Du willst, dass wir in eine Grube springen? Sieh doch hin – diese Treppe muss zum Ausgang führen!«
»Michael hat Recht«, sagte Kraig, der gemeinsam mit Sarah die Nachhut bildete. »Die Hüterin der Begräbnisstätte hat uns gesagt, dass wir tief in die Erde hinabsteigen müssen, wenn wir auf die große Treppe stoßen. Das ist die Stelle. Der Ausgang ist nah!«
Sarah starrte in das Loch hinab und teilte Aleks Bedenken. »Und wie sollen wir dort hinuntergelangen? Wir wissen nicht, wie tief die Grube ist. Wir können nicht einfach hineinspringen und auf das Beste hoffen.«
»Nein«, pflichtete Lorn ihr bei. »Das können wir nicht. Hier.« Er fasste in sein Bündel und holte ein dickes Seil hervor. »Neben Fackeln sollte man auf Reisen stets ein Seil dabeihaben.«
Er bückte sich und sagte: »Wir brauchen nur etwas, um ein Ende zu befestigen … Ah!« Das Glück war ihnen hold, denn er fand in der Nähe des Lochs eine Felszunge. Alek empfand es als etwas ungewöhnlich, dass der Stein hier nicht so glatt wie im Rest der Begräbnisstätte war, aber vermutlich war er durch den Einsturz gesprungen, wodurch eine neue und andere
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