Flucht nach Faerie - Beil, J: Talisman-Kriege 1 - Flucht nach Faerie
machte sie sich sofort an dem Seil zu schaffen und versuchte krampfhaft, den Knoten zu lösen.
»Helft mir!«, rief sie. »Die Toten haben uns beinah eingeholt. Wir haben ihre schlurfenden Schritte und ihr grauenhaftes Stöhnen gehört!«
Lorn ergriff das Seil und öffnete den Knoten mit einigen gekonnten Fingergriffen. Er schüttelte es und wandte sich Sarah zu. »Wie nah waren sie? Konntet ihr sie schon sehen?«
Sie schüttelte den Kopf. »Nein, aber die Stimmen haben sich nah angehört. Grok, ich hoffe, Kraig und Michael schaffen es rechtzeitig herunter.«
Sie konnten nur abwarten. Alek starrte in die Finsternis empor und spürte seinen Puls in den Schläfen, während sich die Stille rings um sie verdichtete. Er hielt Ausschau auf Anzeichen dafür, dass seine Gefährten kamen, doch in der Dunkelheit über ihm rührte sich nichts. Unablässig rang er die Hände, konnte sie nicht still halten. Sarah drückte sich gegen ihn. Er fühlte die Anspannung ihres Körpers. Sie alle sorgten sich um ihre Freunde.
Endlich bewegte sich das Seil. Jemand kletterte daran herunter. Aus den Schatten kam Kraig, der sich zugleich vorsichtig und so schnell wie möglich in die Tiefe hangelte. Kaum berührten seine Füße, rief er nach oben: »Michael, ich bin unten! Komm!«
Lorn legte dem Friedenswächter eine Hand auf die Schulter. »Was geht dort oben vor sich?«
»Als ich losgeklettert bin, haben die Toten gerade die Kammer betreten. Ich wollte Michael zuerst runterschicken, aber er hat sich geweigert. Mittlerweile müssen sie ihn erreicht haben. Bei Groks Hintern, ich wünschte, ich hätte bleiben können, um ihm zu helfen!«
»Das wäre töricht gewesen«, entgegnete Lorn. »Michael scheint mir durchaus in der Lage zu sein, auf sich aufzupassen. Außerdem konnten wir nur einzeln herunter. Das Gewicht von zwei Leuten gleichzeitig würde das Seil nicht halten.«
Die Geräusche der Toten hallten von oben herab: Schreie, Stöhnen und schabende Laute, die Alek das Blut in den Adern gerinnen ließen. Das Seil geriet in Bewegung; in Alek keimte Hoffnung auf, dass Michael unterwegs war.
Dann fiel das Seil herab und sammelte sich auf dem Boden. Grauen flutete Aleks Gedanken. Das Seil war von der Felszunge gelöst oder durchgeschnitten worden! Für den Einsiedler gab es kein Entkommen.
Plötzlich stürzte eine Gestalt ins trübe Licht. Alek erkannte Michaels weite, braune Hose und weißes Hemd. Gleich darauf erblickte er die schlichten Züge des Mannes, die seltsamerweise zornig wirkten. Michael schrie nicht, sondern streckte alle viere von sich, als hätte er sich seinem Schicksal ergeben.
Kraig preschte vor und stieß Alek aus dem Weg. Er stellte sich über dem herabgefallenen Seil auf und spannte die muskelbepackten Arme an, um Michael aufzufangen.
Grok! Sie werden beide sterben!
Der Einsiedler stürzte in Kraigs kräftige Arme. Die Wucht des Aufpralls schleuderte den Friedenswächter zurück, und er landete hart auf dem Felsboden. Michaels Sturz wurde von Kraigs Körper gedämpft, doch er prallte einige Fuß hoch in die Luft zurück und landete ebenfalls hart auf dem Boden. Kraig lag mit schmerzverzerrter Miene kurz still. Michael rührte sich nicht.
Alek beugte sich zu Kraig hinab, der sich aufsetzte, sich an den Rücken fasste und zusammenzuckte.
»Es geht mir gut«, stieß er hervor. »Es hat mir nur die Luft aus den Lungen gepresst. Sieh nach Michael!«
Widerwillig wandte sich Alek von seinem Gefährten ab und ging zu Lorn, der sich bereits über Michael gebeugt hatte. Alek sah den Krieger an, der seinen Blick mit einem ernsten Gesichtsausdruck erwiderte.
»Er lebt, aber er atmet sehr schwer. Ich vermag nicht zu sagen, ob er sich etwas gebrochen hat; es wäre ein Wunder, wenn nicht. Immerhin ist er mindestens dreißig Fuß in die Tiefe gestürzt.«
»Wir müssen ihn hier rausschaffen«, sagte Alek. »Diese Geräusche treiben mich in den Wahnsinn. Können diese Kreaturen irgendwie hier herunter?«
»Ich würde es lieber nicht herausfinden. Hilf mir, ihn zu bewegen. Aber vorsichtig!«
Alek schob das Schwert unter seinen Gürtel, schloss die Silberschatulle und verstaute sie in dem Bündel, das er auf dem Rücken trug. Er ergriff Michaels Beine, während Lorn den Einsiedler behutsam unter den Armen anhob. Alek überraschte, wie leicht sich der Mann anfühlte. Sie setzten sich den Tunnel hinab in Bewegung, hielten auf das Licht zu.
Indes hatte sich Sarah über Kraig gebeut, um sich zu vergewissern, dass es ihm gut
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