Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Flucht vor den Desperados

Flucht vor den Desperados

Titel: Flucht vor den Desperados Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caroline Lawrence
Vom Netzwerk:
groß, & wieder drückte sie ihre Finger gegen ihren Hals.
    »P. K.«, sagte sie. »Wie viele als Indianer verkleidete Desperados sind hinter dir und dem Brief her?«
    »Drei«, sagte ich.
    »Auf zwei Pferden und einem Maultier?«
    »Ja, Ma’am.«
    »Stell dich hinter mich, P. K. Sie kommen auf uns zu.«

KONTOBUCHBLATT 9

    Walt & seine zwei Kumpane kamen langsam die F Street entlanggeritten und blickten sich nach links und rechts um.
    Sie sahen nicht aufgeregt aus, auch hatten sie ihren Reittieren nicht zum Galopp die Sporen gegeben, also ging ich davon aus, dass sie mich nicht gesehen hatten. Aber jeden Moment würde es so weit sein. Verzweifelt schaute ich mich nach einem Ort um, an dem ich mich verstecken konnte.
    »P. K.«, sagte Belle Donne, »kriech unter meinen Rock.«
    Das war eine merkwürdige Aufforderung, aber ich sah sofort ein, dass sie recht hatte. Wenn mir nicht einer der Celestials augenblicklich Unterschlupf gewährte, befand sich das einzig mögliche Versteck unter ihrem großen Reifrock. Schnell wie ein Telegramm verschwand ich darunter.
    Es war, als säße man in einem pinkfarbenen Zelt mit zwei schmalen Beinen anstelle einer Zeltstange. Belle Donne trug weiße Rüschenunterhosen bis zu den Knien & weiße Strumpfhosen & staubige schwarze Stiefeletten mitetwa einem Dutzend eingehakter Knöpfe auf jeder Seite. Es war kühl dort unten, aber auch staubig. Ich spürte, wie es in meiner Nase kribbelte.
    Ich kauerte mich zusammen und wartete. Mein Mund war trocken. Ich konnte hören, wie der Berg pulsierte & wie ein Esel kreischte & wie sich einige Celestials auf Chinesisch stritten. Auch hörte ich einige Wachteln in den Büschen. Sie riefen »Chicago! Chi-ca-go!«, wie es ihre Angewohnheit ist. Dann kamen Pferde trappelnd näher. Sie schienen direkt vor uns stehen zu bleiben, denn nun klirrte nur noch ein Zaumzeug & Walts Stimme sagte: »’tschuldigen Sie, Ma’am, aber sind Sie gerade aus der Kutsche von Como ausgestiegen?«
    »Ja, Sir, bin ich.«
    Der Staub unter Belle Donnes Reifrock brachte meine Nase wirklich schlimm zum Kribbeln. Ich unterdrückte ein Niesen, indem ich mir meine Nasenlöcher zukniff.
    »Erinnern Sie sich«, fragte Walt, »ist da ein Junge mitgefahren? Etwa zwölf Jahre alt? Der ist nämlich von Temperance weggelaufen, und seine Verwandten haben uns losgeschickt, um ihn zurückzubringen.«
    »Das tut mir leid«, sagte Miss Donne. »Aber ich kann mich nicht erinnern, einen Jungen in der Kutsche gesehen zu haben.«
    Damals wusste ich es noch nicht, aber die Luft in Virginia ist wirklich dünn, und wenn man zum ersten Mal dort ist, kann einem schlecht & schwindlig werden. Genau das spürte ich gerade jetzt. Der Boden schien zu einer Seite wegzukippen. Um nicht den Halt zu verlieren, ließ ich meine Nase los und hielt mich an Belle Donnes Knien fest.
    »Ooooh!«, sagte Belle Donne.
    »Geht’s Ihnen gut, Ma’am?«, erkundigte sich Walts Stimme.
    »Ja«, antwortete Belle Donne. »Ja, ich glaube, da ist bloß ein Floh in meinem Korsett. Der hat mich erschreckt.«
    »Den würd ich Ihnen aber mit Vergnügen herausholen«, sagte der Heisere.
    Ich hielt mich noch immer an Belles Beinen fest & spürte, wie sie zitterten.
    »Nicht jetzt, Dub«, sagte Walt. »Wir haben anderes zu tun.«
    Ich hörte das Quietschen eines Sattels & das leichte, schleifende Geräusch von Pferdehufen im Staub, als sie sich abwendeten.
    Dann tat ich das Schlimmstmögliche: Ich nieste laut.
    Es gab eine Pause, und dann war da auf einmal ganz viel Licht & Belles Stimme: »Lauf weg, P. K.! Lauf!«
    Nach der pinkfarbenen Dunkelheit unter Belles Rock waren meine Augen geblendet vom Sonnenlicht, und ich erhaschte nur einen kurzen Blick auf die Männer, die von ihren Reittieren auf uns hinunterschauten. Ich konnte ihre Gesichtszüge nicht sehen, nur, dass sie Hüte und lange Staubmäntel trugen. Dann spürte ich, wie Belle meine Hand griff und mich, vorbei an dem chinesischen Jungen, der mit offenem Mund dastand, in eine Gasse zwischen zwei Waschhäusern zog.
    Ich mag es nicht, wenn Menschen mich anfassen, aber diesmal protestierte ich nicht. Ich folgte ihr zwischen aufgehängten Laken, die nass in unsere Gesichter schlugen. Ich ließ ihre Hand los, als wir in der Gasse verschwanden.Die Hüttenwände auf beiden Seiten standen so dicht beieinander, dass sie ihren Rock eindrückten und ich drei Schritte hinter ihr bleiben musste. Belle führte mich hierhin und dorthin, durch ein Gewirr aus Gassen & zwischen weiteren

Weitere Kostenlose Bücher