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Flucht vor den Desperados

Flucht vor den Desperados

Titel: Flucht vor den Desperados Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caroline Lawrence
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Schirme & zwei Kronleuchter hingen von der Decke. Die Bodendielen waren poliert & gewachst, sodass sich der Duft von Honig unter den Geruch von Bier, Lampenöl & Zigarren mischte. Ich hockte mich im Schneidersitz in die Nähe eines Blumentopfs mit einem Farn darin, lehnte den Rücken gegen die Wand & stellte meine Blechtasse vor mich hin.
    In der äußersten Ecke links von mir befand sich eine niedrige Bühne, auf der ein bärtiger Mann mit dem Banjo ein beliebtes Lied über ein Mädchen namens »Lorena« spielte. Er ließ es traurig & hoffnungsvoll zugleich klingen. Ich musste mich kneifen, um nicht alles andere um mich herum zu vergessen.
    Rechts von mir war die Bar. Stonewall stand dort, den einen Stiefel auf der Messingfußleiste aufgestützt. Als er mich hereinkommen sah, wandte er sich an den Barkeeperund sagte etwas zu ihm. Der Barkeeper warf mir einen Blick zu und nickte dann.
    Hinter der Bar hingen ein großer Spiegel & zu jeder Seite eine Tafel. Im Grunde sahen die Tafeln aus wie die in meiner Schule in Dayton. Ich kann lesen, aber was die Buchstaben und Zeichen darauf bedeuten sollten, ließ sich nicht entziffern.
    Es war ziemlich voll. Mir fiel auf, dass die Männer an der Bar hauptsächlich tranken & die Männer an den Tischen hauptsächlich Karten spielten. Eine Innentür offenbarte einen Blick in das Restaurant, in dem Austern serviert wurden. Der Klang von Gelächter und Gesprächen ertönte, und dann und wann spuckte jemand in einen Spucknapf aus Messing. Es gab auch einige Frauen hier. Sie trugen Kleider in grellen Farben mit Spitze & Bändern und tiefen Ausschnitten.
    Mein Pflegevater würde sich im Grabe umdrehen, wenn er schon begraben worden wäre.

KONTOBUCHBLATT 38

    Während ich auf die Ankunft von Jace wartete, beobachtete ich einige Männer, die an einem quadratischen Tisch Poker spielten. Es war, als wenn sich ein Schleier von meinen Augen gehoben hätte. Ich konnte erkennen, wer von ihnen nervös war & wer glücklich & wer bluffte. Oberhalb des Tisches gaben sie so gut wie nichts preis. Aber ihre Beine & Füße verrieten sie jedes Mal, wenn sie sich auf ihren Stühlen bewegten.
    Es war schwer zu glauben, dass sie sich dessen nicht bewusst waren. Aber dann fiel mir ein, dass auch ich meine Füße so lange nicht beachtet hatte, bis Jace es mir gesagt hatte.
    Die Türen zu meiner Rechten wurden aufgestoßen, und als zwei Männer eintraten, witterte meine Nase einen vertrauten Gestank. Sogar durch den Geruch des Lampenöls, des Bodenwachses & der teuren Zigarren erkannte ich den Tabak Marke Totes Vieh. Es waren Sam Clemens von der
Territorial Enterprise
& ein vornehmer Mann mit Bowler-Hut & Gehstock. Sam ließ seinen Blick durch den Raumschweifen, und obwohl er mich sah, erkannte er mich nicht. Ich wusste also, dass meine Verkleidung gut war.
    Die zwei Männer gingen zur Bar hinüber.
    »Guten Abend, Mr Goodman«, sagte der Barkeeper.
    »Guten Abend, Lorry«, sagte Goodman. Er war jung & groß & trug einen dunklen Schnurrbart. »Das ist unser Neuer fürs Lokale, Sam Clemens.«
    »Freut mich, Sie kennenzulernen«, sagte der Barkeeper. »Was soll’s denn sein?«
    »Zwei Bier«, sagte Goodman. »Zwei Striche.«
    Der Barkeeper nickte & machte auf einer der Tafeln unter den Buchstaben JG mit Kreide zwei Striche.
    »Wozu soll das gut sein, Joe?«, fragte Sam Clemens. Er schaute zur Tafel.
    Joe Goodman sagte: »Wenn du den Barkeeper dazu überreden kannst, deine Drinks mit Strichen zu bestellen, musst du nur einmal pro Woche bezahlen. Wenn du reinkommst, brauchst du also nur zu ihm zu sagen: Gib mir einen Strich oder zwei oder wie viele du eben bestellst.«
    »Auf Flussschiffen sagt man das auch«, sagte Sam Clemens.
    »Wie bitte?«
    »Ich war früher mal Flussschiffkapitän auf dem Mississippi. Zwei Strich bedeutete, dass das Wasser zwei Faden tief war.«
    »Ist das wahr?«, fragte Joe Goodman.
    »Allerdings«, sagte Sam Clemens. »Ich hätte nie gedacht, dass ich diese Worte einmal auf einem meilenhohen Berghang sagen würde, auf dem die Landschaft trocken ist wie eine angesengte Katze.«
    Joe Goodman lachte & hob sein Bierglas. »Ich hoffe, du wirst diese Worte bei vielen Gelegenheiten sagen, vor allem, wenn ich dabei bin.« Sie stießen mit ihren Gläsern an & nahmen beide einen tiefen Schluck.
    Der Musiker mit dem Banjo spielte eines dieser wilden Stücke, die schneller dahinrasen als eine Kutsche ohne Kutscher. Als er fertig war, klatschten alle.
    Ich hörte, wie Sam Clemens sagte: »Auf

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