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Flucht vor den Desperados

Flucht vor den Desperados

Titel: Flucht vor den Desperados Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caroline Lawrence
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Wells Fargo Bank arbeitete. Rechts neben Jace saß ein Minenaufseher, in dessen Schnurrbart der Tabaksaft klebte.
    Während des Spiels stellte ich fest, dass der Mann von der Wells Fargo jedes Mal seine Uhr zückte, wenn er eine schlechte Hand hatte. Der Minenaufseher pfiff tonlos vor sich hin, wenn er gute Karten bekam. Der Spekulant spuckte jedes Mal aus, wenn ihm sein Blatt oder irgendetwas anderes gegen den Strich ging. Man hätte meinen sollen, dass solche Hinweise offensichtlich waren, aber keinem der anderen schienen sie aufzufallen.
    Ich nehme an, auch Jace & ich hätten diese Dinge nicht so deutlich bemerkt, wenn die Füße der Männer ihre wahren Empfindungen nicht so unmissverständlich verraten hätten.
    Mir fiel auf, dass Jace meine Signale manchmal ignorierte & dann auch verlor. Das erinnerte mich daran, wie Pa Emmet angefangen hatte, mir Schach beizubringen. Er machte absichtlich einen schlechten Zug & verlor. Und wenn ich ihn fragte, warum, erklärte er mir, dass er mich nicht hatte entmutigen wollen. Ich vermutete, Jace ging es um dasselbe.
    Die Leute gaben mir Erdnüsse, Streichhölzer oder sogar Münzen, wenn sie den Saloon verließen. Die Erdnüsse aß ich & die Streichhölzer steckte ich mir in die Tasche, die Münzen allerdings ließ ich in der Tasse, damit sie auch weiterhin klapperte. Ein, zwei Leute spuckten mich beim Hinausgehen an. Meistens ignorierten mich die Leute aber, und ich ignorierte sie.
    Doch es war schwer, Walt, den Schnitzer, zu ignorieren, als er in Almack’s Austern- & Spirituosen-Saloon geschlendert kam. Seine zwei Spießgesellen waren bei ihm: Extra Dub mit dem großen Adamsapfel & Boz, der Weinerliche, mit dem schielenden Auge und der von mir gebrochenen Nase. Der Akkordeonspieler hörte auf zu spielen, und zum zweiten Mal in dieser Nacht verstummte der gesamte Laden. Ich sah, wie Stonewall aus den Schatten nahe der Bar auftauchte. Er beobachtete sie ebenso wie alle anderen.
    Walt & seine Kumpane bestellten eine Flasche Whiskey, drehten sich dann um und betrachteten die Menge.
    Ich erstarrte.
    Walt suchte ein 12 Jahre altes Kind, das wie ein Indianer gekleidet war. Ich hatte ihn damit getäuscht, dass ich mich als kleines Mädchen, als Celestial & als feiner Pinkel verkleidet hatte. Er hatte meine Tarnung schon einmal durchschaut. Würde er auch diese durchschauen?
    Offenbar nicht. Er kippte seinen Whiskey, wandte sich um und schenkte sich einen weiteren ein.
    Dank meiner schmutzigen Decke und dem großen Schlapphut erkannten mich auch Extra Dub und Boz nicht.
    Walt kippte sein zweites Glas Whiskey hinunter & sagte: »Bestellt euch noch einen, Jungs. Auf mich.« Dann schnappte er sich die Whiskeyflasche & ging zum Tisch von Jace hinüber.
    »Schleich dich«, sagte er zum Minenaufseher und spuckte Tabaksaft neben die Füße des Mannes.
    Der Minenaufseher schaute zu Walt auf. Er öffnete denMund & machte ihn wieder zu. Schweigend strich er seinen Gewinn ein & ging zur Bar hinüber.
    Die Tatsache, dass er seinen Zigarrenrauch zu Boden blies, zeigte mir, dass ihn das nicht gerade glücklich machte.
    Walt nahm seinen Platz ein. Jetzt saß er mit dem Gesicht zur Bar & dem Profil zu mir. Ich konnte seinen ganzen Körper sehen – vom hässlichen Gesicht bis zu den großen Stiefeln mit den Sporen unter dem Tisch. Sein Kiefer arbeitete an einem Brocken Kautabak, und während ich ihn beobachtete, wandte er sich in meine Richtung & spuckte. Aber noch immer fiel ich ihm nicht auf.
    Jeder im Raum war mindestens mit einem Colt’s Navy Revolver bewaffnet. Walt trug den Army Revolver mit dem größeren Kaliber & das Jagdmesser, an dem das Blut von Dutzenden Männern und Frauen klebte.
    »Was wird gespielt?«, wollte Walt wissen. Der Mann mit dem Akkordeon hatte eine Pause eingelegt, und obwohl die Leute ihre Gespräche wieder aufgenommen hatten, war es doch still genug, dass ich Walt kauen hören konnte.
    »Poker. Five Card Draw«, sagte Jace, der die Karten mischte. Er war schnell & sorgfältig, aber gab dabei nicht an, wie andere Kartenausteiler.
    Walt spuckte in den Spucknapf, goss sich ein Glas Whiskey ein & leerte es in einem Schluck.
    Jace mischte noch immer. »Sie sind Walt, der Schnitzer, nicht wahr?«, fragte er. »Ich habe von Ihnen gehört.« Ich konnte seine Augen nicht klar erkennen, aber ich hatte das Gefühl, dass er zu mir herüberblickte.
    »Von Ihnen hab ich auch gehört«, sagte Walt. »Jason Francis Montgomery, manchen auch bekannt als Poker Face Jace.« Walt holte

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