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Flucht vor den Desperados

Flucht vor den Desperados

Titel: Flucht vor den Desperados Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caroline Lawrence
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einen Kerl, der so mit seinen Fingern umgehen kann, ist sicher auch in anderen Notfällen Verlass.«
    Joe Goodman lachte wieder & hielt dann inne. Ich sah, dass er zur Tür hinüberschaute. Auch alle anderen schauten dorthin, einschließlich des Banjospielers, der noch nicht mit seinem nächsten Stück begonnen hatte.
    Ich hielt den Kopf gesenkt, aber konnte sehen, wie die blank geputzten Lederstiefel von Poker Face Jace auf der Bildfläche erschienen.
    Während Jace zur Bar hinüberging, hob ich unter meiner Hutkrempe den Blick. Ich sah, wie er ein Glas Brandy bestellte, woraufhin alle ihre Gespräche wieder aufnahmen. Die zwei Reporter starrten ihn an. Joe Goodman beugte sich hinüber & flüsterte Sam Clemens etwas ins Ohr. Er sprach so leise, dass ich ihn nicht verstehen konnte.
    Eines der Hurdy Girls ging zu Jace hinüber. Sie schlang ihre nackten Arme um seinen Hals & versuchte, ihn direkt auf die Lippen zu küssen. Er lächelte & wandte den Kopf ab, sodass ihr Kuss stattdessen seine Wange traf. Dann entfernte er ihre Arme von seinem Hals, tätschelte ihr Hinterteil, nahm sein Glas & ging zu einem der Tische.
    Jace wandte sich an die Männer, die dort saßen. Noch immer lächelte er. Einer der Spieler erwiderte das Lächeln, nickte, sackte seinen Gewinn ein & stand auf. Er ging zur Bar, um sich einen Drink zu bestellen & seine nach oben gerichtete Schuhspitze zeigte, wie erfreut er darüber war, dass Jace seinen Platz eingenommen hatte.
    Es war ein guter Platz: die Art, von der ich wusste, dass Jace sie mochte. Er saß nun mit dem Rücken zur Wand und schaute in meine Richtung. Direkt über ihm hing eine Öllampe, und die Krempe seines flachen schwarzen Hutes warf einen Schatten über sein Gesicht.
    Es war raffiniert. Die Männer, mit denen er spielte, konnten seine Augen nicht sehen, er ihre aber schon.
    Mein Herz schlug schnell. Würde unser Plan aufgehen?
    Ich beobachtete, wie einer der Männer die Karten austeilte. Der entscheidende Moment würde der sein, wenn sie zum ersten Mal ihr Blatt betrachteten. Ich beobachtete konzentriert die Füße der Männer, hielt den Kopf aber immer noch gesenkt. Sobald sie ihre Karten in der Hand aufgefächert hatten, bewegten sich ihre Füße. Der Mann mit dem Rücken zu mir stellte seine Füße fest auf den Boden. Der Mann links von mir ließ seine zur Tür zeigen. Der rechts von mir klopfte mit den Hacken, und eine seiner Stiefelspitzen zeigte kurz nach oben.
    Ich klapperte mit meiner Tasse, nur ein bisschen, und stellte sie dann so auf den Boden, dass der Henkel zu dem Mann rechts von mir zeigte, der mit dem Rücken zur Bar saß. Er hatte herabhängende Augen & schlaffe Haut. Er erinnerte mich an einen Bluthund.
    Bluthund hatte tatsächlich eine gute Hand & gewanndie Partie. Jace war großzügig & gratulierte ihm. Während sie spielten, erzählte Jace mit seinem angenehm schleppenden Südstaatenakzent Geschichten. Sein Gesicht blieb ausdruckslos, aber in seinen Augen lag immer eine Art Lächeln, selbst wenn er verlor. Im Verlauf der nächsten ein, zwei Stunden bemerkte ich, dass, obwohl er scheinbar genauso oft verlor wie die anderen, sein Münzenstapel gleichmäßig anwuchs. Mir fiel auf, dass bei einigen der Männer die Fußspitzen in seine Richtung zeigten. Es schien ihnen nichts auszumachen, dass er sie um ihr Geld erleichterte. Einmal rief er Stonewall herüber und ließ für den ganzen Tisch eine Flasche Whiskey bringen. Aber ich bemerkte, dass er seinen eigenen Drink kaum anrührte.
    Während die Nacht voranschritt, klapperte ich mit meiner Tasse, richtete den Henkel aus & sah, wie der Münzstapel vor Jace wuchs. Er schlug sich gut. Männer kamen & gingen, und nach etwa vier Stunden saßen noch immer drei von ihnen mit Jace am Tisch.
    Es musste wirklich sehr spät gewesen sein, und ich unterdrückte immer wieder ein Gähnen. Ein Trupp von Minenarbeitern war gerade von der Schicht gekommen, und es war immer noch so voll wie bei unserer Ankunft. Zwei Barkeeper taten jetzt Dienst, & ein Akkordeonspieler hatte den Banjospieler ersetzt. Ich vermutete, dass die meisten Saloons in Virginia rund um die Uhr geöffnet blieben.
    Jace hatte sich die ganze Nacht nicht von seinem Platz an der Wand fortbewegt. Links von ihm & rechts von mir saß ein Mann, der sich selbst als »Spekulant« bezeichnete und einen Bart von der Größe eines Wüstenbeifußes trug. Er saß mit dem Rücken zur Bar. Daneben – mit demRücken zu mir – saß ein Mann mit goldener Taschenuhr, der für die

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