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Flucht vor den Desperados

Flucht vor den Desperados

Titel: Flucht vor den Desperados Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caroline Lawrence
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sodass er die Asche seiner Zigarre in den Kamin schnippen konnte. »Von diesem Walt habe ich gehört.« Er lehnte sich zurück. »Warum Virginia City?«
    »Ich habe versucht so weit weg von Walt zu kommen wie möglich.«
    »Hattest du Erfolg?«
    »Nein. Walt und seine Kumpane sind hier in Virginia. Sie suchen immer noch nach mir.«
    »Warum suchen sie nach dir?«
    Ich dachte einen Moment nach. Dann sagte ich: »Weil ich weiß, dass sie es waren, die meine Pflegeeltern umgebracht haben.«
    »Jetzt lügst du, P. K.«
    Ich erwiderte: »Woher wissen Sie das?«
    »Als du das erste Mal zögertest, hast du überlegt, ob du mir vertrauen kannst oder nicht. Deine Augen glitten in die eine Richtung. Beim zweiten Mal – gerade eben – hast du dir eine Lüge überlegt und deine Augen gingen in die andere Richtung. Warum ist Walt hinter dir her?«
    Ich fragte mich, was er wohl tun würde, wenn er von meinem Brief erfuhr. Dann entschied ich, dass es keine Rolle spielte, solange er mir weiter beibrachte, was er wusste.
    »Ich habe einen Brief«, sagte ich.
    »Zeig ihn mir.«
    Ich öffnete den obersten Knopf meines Hemdes & zog meinen Medizinbeutel hervor. Mir fiel auf, dass meine Hände leicht zitterten, als ich ihn öffnete. Ich reichte Poker Face Jace meinen Brief.
    »Danke, P. K.«, sagte er. Er schaute mich lange an & faltete dann den Brief auf. Während er las, bemerkte ich, dass seine Finger lang & blass & spitz waren. Er hatte sehr saubere Fingernägel.
    Schließlich faltete er den Brief wieder zusammen & schaute mich an. »Ich vermute, man hat dir schon mitgeteilt,dass dich dies hier sagenhaft reich machen kann? Dass du ein Millionär sein wirst?«
    »Ja«, erwiderte ich. »Es ist keine Fälschung. Ich muss ihn zum Notar auf der B Street bringen und beglaubigen lassen und dann zum Recorder’s Office, um ihn als mein Eigentum einzutragen. Und dann vielleicht noch zum Richter.«
    Er sagte: »So was habe ich mir schon gedacht.«
    Dann gab er mir den Brief zurück. Er schien an ihm nicht interessiert zu sein. Das überraschte mich.
    Er sagte: »P. K.?«
    »Ja, Sir?«
    »Verliebe dich nicht ins Gold. Gold ist eine verhängnisvolle Falle. Gold treibt Männer in den Wahnsinn und Familien in den Ruin.«
    »Ich dachte, hier würde nach Silber geschürft.«
    »Silber. Gold. Alles eins.«
    »Aber
Sie
mögen doch Silber & Gold.«
    »Nein. Ich mag Geld. Das ist ein Unterschied.« Er zog an seiner Zigarre, aber sie war erloschen. Böse schaute er sie an. »P. K., du hast mir gerade gezeigt, dass du bereit bist, mir zu vertrauen. Als Belohnung gebe ich dir den besten Rat, den du je bekommen wirst.«
    »Ja?« Mir fiel auf, dass ich bis zur Stuhlkante gerückt war. Vermutlich hatten sich auch meine Pupillen geweitet.
    Poker Face Jace entzündete ein Streichholz, hielt es an das Ende der Zigarre & zog an ihr. Er drehte sie, bis sie gleichmäßig brannte.
    »Es gibt drei Arten von Menschen in dieser Stadt«, sagte er. »Erstens: die großen Geschäftsmänner. Das sind diereichen Minenbesitzer, die Verantwortung für Tausende Arbeiter tragen. Zweitens: die Minenarbeiter selbst. Sie riskieren jeden Tag ihr Leben, und ihre einzige Hoffnung auf Reichtum liegt im Spekulieren. Das sind die dümmsten. Drittens: diejenigen, die Waren und Dienstleistungen anbieten. Das sind die klügsten. Ihnen wird es gut gehen, aber sie müssen hart dafür arbeiten.« Jace musterte das Ende seiner Zigarre. »Wenn du in Virginia Erfolg haben willst – oder in einer anderen Minenstadt –, dann leb nicht von den Minen – leb von den Menschen, die von den Minen leben.«
    Ich nickte. Das ergab Sinn. Außerdem passte es zu dem, was Pa Emmet immer über die Gier & den Mammon gesagt hatte.
    Jace paffte an seiner Zigarre & blies den Rauch aufwärts. »Dann gibt es natürlich noch mich«, sagte er. »Mein Job ist es, alle drei Arten um ihr Geld zu bringen.«
    Die Tür öffnete sich, & Stonewall kam herein. Er hatte meine Wildledersachen und meine Mokassins aus Isaiah Coffins Studio geholt.
    »Irgendwelche Probleme?«, fragte Jace, ging zum Kleiderschrank und zog eine Decke hervor. »Irgendwelche erzürnten Fotografen oder Hurdy Girls im Hinterhalt?«
    Stonewall schüttelte seinen großen Kopf und reichte mir meine Sachen. Er gab mir auch den Schlüssel zum Fotostudio zurück. Ich steckte ihn in meinen Medizinbeutel.
    »Ich möchte, dass du deine Indianersachen anziehst«, sagte Jace. »Und leg dir diese Decke um die Schultern. Stonewall bringt dich zu einem netten Two

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