Fluchtpunkt Atlantis
wäre möglich, dass du einen tiefen Einblick in diese andere Welt hineinwerfen würdest. Es kommt immer darauf an, ob dich das Orakel überhaupt annimmt.«
Ich räusperte mich. »Annimmt ist gut. Dich hat es angenommen, das weiß ich.«
»Es ist auch gefährlich, John. Man weiß nie, wie es reagiert. Es kann Menschen auch vernichten.«
Die Warnung hatte ich zwar gehört, aber sie änderte nichts an meinem Entschluss.
Ich hatte erlebt, wie Myxin dieses Orakel behandelt hatte. Er hatte den Kontakt zwischen dem Felsen und sich selbst hergestellt und seine Kräfte rübergebracht.
Ob mir das gelang, war fraglich, doch versuchen musste ich es einfach. Myxin blieb zurück. Er beobachtete mich. Sein Blick war auf meinen Rücken gerichtet, und ich spürte das leichte Kribbeln, das darüber hinwegrann. Der Fels war glatt, hoch und auch sehr breit. Wie ein gewaltiges Gebilde aus einer Tropfsteinhöhle kam er mir vor, und als ich sehr nahe an ihn herangekommen war, spürte ich eine seltsame Kraft, die von ihm ausging.
Sie hinterließ auf meiner Haut ein Kribbeln, als wäre ich mit Elektrizität in Berührung gekommen. Noch hatte ich die Masse nicht angetastet, aber die Härchen auf meinen Handrücken stellten sich schon in die Höhe. Das Kribbeln ging weiter. Es floss über den Körper hinweg, erreicht auch den Kopf und wurde zu einem sanften Kitzeln.
Dieser Stein war geladen. Magische Energien verteilten sich darin. Es konnte aus bestimmten Zusätzen bestehen. Aus dem Wissen der Uralten, auch aus dem, durch die dieses Orakel geschaffen worden war.
Ein Stein, der nicht von dieser Welt stammen konnte und den die Besucher hinterlassen hatten.
Ich machte es nicht wie Myxin, sondern drehte mich zur Seite und hielt mein Ohr gegen den dunklen Fels, weil ich glaubte, in ihm etwas gehört zu haben. Ein leises Summen. Ein Vibrieren. Die Kühle des Gesteins berührte mein Ohr. Ich drückte etwas fester dagegen und glaubte plötzlich, Stimmen zu hören.
Weiblich? Männlich? Das war für mich nicht herauszufinden. Es waren und blieben Stimmen, daran gab es keinen Zweifel. Ich wollte auch keine Worte daraus hervorhören und gelangte zu dem Schluß, dass die Stimmen sich zu einem Lied vereinigt hatten.
Ja, sie sangen…
Ich hielt den Atem an. Singende Geister oder Geistwesen. Helle Stimmen, die möglicherweise weiblichen Wesen gehörten, das alles kam mir in den Sinn, aber es gelang mir nicht, sie genau zu deuten.
Woher stammten sie? Aus dem Fels? Aus den Einschlüssen? Musste ich noch etwas tun, um sie dazu bewegen zu können, mir die Zukunft zu sagen oder mich überhaupt aufzuklären? Waren die Stimmen im Fels noch als angenehm einzustufen gewesen, so verging bei mir dieser Eindruck, je länger ich mein Ohr an den Felsen hielt. Sie nahmen mich ein, sie wollten dafür sorgen, dass ich in ihren Kreis hineingeriet.
Sie kamen mir vor wie Sirenen, die den sagenhaften Helden Odysseus gelockt hatten. Einlullen, damit der Mensch die Gefahr nicht mehr erkannte. Mir sollte es nicht so gehen wie dem Sagenhelden, deshalb zog ich mich wieder zurück.
Sofort verschwanden die Stimmen aus meinem Kopf. Ich blieb in der Stille stehen und überlegte, wie ich einen erneuten Kontakt herstellen konnte.
Das Kreuz? Nein, das hatte es in Atlantis noch nicht gegeben. Damit wollte ich mich gar nicht erst aufhalten. Es musste noch eine andere Möglichkeit geben, um das Rätsel zu lösen.
Bestimmt wusste Myxin mehr. Eine halbe Drehung reichte mir bereits aus, um die Veränderung wahrzunehmen. Myxin hatte an einer bestimmten Stelle auf mich gewartet, wie gesagt, er hatte. Jetzt war er weg!
Ärger stieg in mir hoch. Ich saugte scharf die Luft ein, ich war wütend.
Mein Herz schlug schneller, und ich merkte auch, dass sich meine Wangen röteten. Ich fühlte mich nicht nur allein gelassen, sondern auch hintergangen. Der kleine Magier hatte mich verlassen und mir alles weitere überlassen.
Leider nicht in meiner Welt, in der ich zu Hause war, sondern tief in der Vergangenheit, im alten Atlantis. Eine Tatsache, die bei mir Fragen aufwarf, deren Antworten ich allerdings nicht wusste.
So blieb ich ziemlich sauer zurück. Allein gelassen in dieser gewaltigen Höhle, in der ich mir vorkam wie ein Winzling. Vor mir sah ich schwach den Ausgang, hinter mir baute sich die heilige Stätte auf.
So ähnlich konnte sich auch ein Gefangener fühlen, obwohl ich persönlich diese große Grotte verlassen konnte.
Die Gegend draußen kannte ich. Felsen, Wasser,
Weitere Kostenlose Bücher