Fluchtpunkt Mosel
einen Hund ja schlecht an einer römischen Münze schnuppern lassen … Los, such noch ein paar von der Sorte!«
»Aber da gibt es doch elektronische Spürhunde, die jedes Metall aufspüren können.«
»Aber man muss auch wissen, wo man suchen soll.«
»Da hast du ja schon deine gute Nase bewiesen.«
»Ja, ja.« Jo hörte sich genervt an. »Dieser blöde Goldfund …«
»Blöde Goldfund?«, fragte Walde.
»Klar, ich war zuerst außer mir, als ich das Gefäß fand. Zweitausend Goldmünzen, viele davon prägefrisch, ein Kindheitstraum vom großen Schatzfund ging in Erfüllung. Aber im Nachhinein war das für mich wie ein One-Night-Stand mit einer Traumfrau.«
»Verstehe ich nicht.«
»Ich habe mit der Frau eine wunderbare Nacht verbracht, und dann war sie weg.«
»Und ist bei Zelig im Museum eingezogen.«
Sie kamen an der hohen Mauer des Nordbades vorbei. Quintus mühte sich ab, den langen Ast, den er immer noch ausdauernd im Maul hielt, an einem mitten auf dem Weg stehenden Polder vorbei zu bugsieren.
»Nur mit dem Unterschied, dass sie nie mit ihm schlafen wird.«
»Wie bitte?«
»Das, was ich bei der Entdeckung des Goldschatzes erlebt habe, wird nie wieder ein Mensch mit diesen Münzen erleben.«
»Es gab auch andere, die was gefunden haben.«
»Ja, aber nur einzelne Münzen, was sicherlich toll war, aber nicht damit zu vergleichen, ein ganzes Gefäß voll mit Münzen zu entdecken. Du möchtest doch sicher wieder auf Ali Theis zu sprechen kommen.«
»Weißt du noch, um wie viel Uhr du die Baustelle an der Schwesternklinik verlassen hast?«
Vor ihnen endete der ehemalige Treidelweg an einer Schiffswerft.
Sie gingen zurück. Ein heftiger Gegenwind blies ihnen rau und kalt entgegen. Walde, der schon auf dem Hinweg gefroren hatte, bereute, dass er nicht wenigstens einen Schal umgelegt hatte.
»Frag mal jemanden nach einem Vollrausch, wann er die Party verlassen hat.«
»Wann bist du damals auf der Baustelle angekommen?« Walde wechselte die Hand an der Leine und steckte sie zum Wärmen in die Hosentasche.
»So gegen Mitternacht vielleicht.«
»Und wie lange hast du gebraucht, bis du den Fund gemacht hast?«
»Eine Stunde, höchstens zwei, glaube ich.«
»Und hast du danach noch weiter gesucht?«
»Nein, ich hatte doch das gefunden, was ich gesucht habe. Das gesamte Gefäß, das vom Bagger angekratzt worden war und von dem ein paar Hundert Münzen in den Abraum gelangt waren.«
»Den du mit den anderen Gräbern durchsucht hast, wobei du aus den Funden den Rückschluss gezogen hast …«
»Dass der Hauptteil noch auf der Baustelle in der Erde liegen musste.«
»Und sonst kam keiner von deinen Gräberkollegen auf diese Idee?«, fragte Walde.
»Ich war alleine da.«
»Und du bist dann etwa ein, zwei Stunden nach Mitternacht wieder abgezogen?«
Jo nickte.
»Danach hätte ja noch jemand kommen können.« Walde spürte, wie ihm die Kälte das Sprechen immer schwerer machte.
»Keiner hat was davon erzählt, aber inzwischen denke ich, nirgendwo wird soviel gelogen wie unter den Trierer Hobbygräbern.«
»Inzwischen. War das früher anders?«
»Das gab es früher auch schon, aber seit das Museum uns systematisch von allen Baustellen fernhält, wird weniger in Gruppen, sondern mehr individuell geräubert. Da kann man leichter Funde unterschlagen. Ich glaube, es gibt keine Wüstung, keine Siedlungsspur, nicht die kleinste Fundstelle mehr, wo nicht schon mindestens einer von der Bande war.«
»Hatte Aloys Theis zu jemandem in der Gräberszene engeren Kontakt?«
»Der hat sich mit jedem unterhalten, um an so viele Informationen wie möglich zu kommen. Besonders der Karl und er haben öfter die Köpfe zusammengesteckt. Der war übrigens einer der Ersten, die neben Ali in der Gräberszene ein Handy hatten. Karl hat damals behauptet, es wäre wegen seinem schwachen Herz, damit er im Notfall Hilfe rufen könne.«
»Und wo kann ich diesen Karl finden?«
»Gleich da drüben.« Jo zeigte am Nordbad vorbei in Richtung Stadt. »Er liegt seit ein paar Jahren auf dem Hauptfriedhof. Das Herz.«
Als sie eine Weile schweigend gegen den Wind angekämpft hatten, fragte Jo. »Das ist sieben Jahre her, ich denke, der Mord an Theis ist vor ein paar Wochen passiert?«
»Es scheint einen Zusammenhang zu geben.« Auf den letzten Metern meldete sich wieder Waldes angeschlagener Zeh, und er begann leicht zu humpeln. An Quintus’ Gang war nichts mehr von der Verletzung an der Pfote zu erkennen.
Als sie in der
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