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Fluchtpunkt Mosel

Titel: Fluchtpunkt Mosel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mischa Martini
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behängte Rollgarderobe stand, verschwand die Mitarbeiterin hinter einer offen stehenden Tür, durch die das Surren von Nähmaschinen klang. Eine Maschine gab einen tieferen Ton von sich, als würde ein Dieselmotor gestartet.
    Die Tür zu Doris’ Büro stand offen, sie telefonierte. Walde klopfte an den Türrahmen, winkte ihr zu und ging in die Diele zurück. Kurz darauf beendete sie ihr Gespräch.
    »Störe ich?« Beim Eintreten sah er an ihrem Lächeln, dass sie sich freute, ihn zu sehen.
    »Ja.« Sie ließ sich von ihm auf die Wange küssen. Ihr Lippenstift schien frisch aufgelegt.
    »Viel zu tun?« Gleichzeitig mit seiner Frage läutete das Telefon auf ihrem Tisch.
    »Ich rufe in zwei Minuten zurück«, sagte Doris in den Apparat.
    »Dann habe ich ja eine ungefähre Ahnung, wie viel Zeit du für mich hast.«
    »Sorry, aber der Auftrag, du weißt …«
    »Die Fotokette M&M?«
    Sie nickte. »Christa ist noch nicht aus der Türkei zurück, und hier geht’s rund.«
    »Hat sie was erreichen können?«
    »Es scheint mit dem früheren Produktionstermin hinzuhauen. Ich hab vorhin mit ihr telefoniert.«
    »Das war knapp, herzlichen Glückwunsch!« Walde stellte die Tüte mit dem Gebäck auf den Tisch. »Hier scheint ja nicht die große Party abzugehen.«
    Doris öffnete die an einigen Stellen vom Fett dunkel gefärbte Papiertüte. »Danke.«
    Walde dachte, dass jetzt ein günstiger Moment für ein Geständnis wäre. »Tut mir Leid, Doris. Ich musste Quintus wieder abholen.«
    »Ich weiß, ich hab mit Marie telefoniert.« Sie biss in einen der Krapfen.
    Bevor Walde ging, versprach er ihr, sich um eine neue Bleibe für den Hund zu kümmern, die Schäden im Garten zu beseitigen. Die Laufschuhe erwähnte er nicht.
     
    Beim Überqueren des Hauptmarkts fragte er sich, was von seinem nächsten Gehalt übrig bliebe, wenn ihm die Kosten für den Schaden in der Arrestzelle in Rechnung gestellt wurden. Der Fuß mit dem angeschlagenen Zeh geriet in eine Unebenheit zwischen dem Pflaster. Die nächsten Schritte legte Walde humpelnd zurück. Dabei nahm er das Treiben der vielen Jugendlichen nicht so recht wahr, die in großen und kleineren Gruppen den Platz bevölkerten. Alkohol schien dabei reichlich zu fließen.
    In Ulis Kneipe herrschte gegenüber dem Lärm von draußen ausgesprochene Ruhe. Die Tische waren allesamt frei, nur an der Theke saßen ein paar Leute. Trotz leiser Sambamusik war von Karnevalsstimmung keine Spur.
    Uli saß am Rechner in dem kleinen Glaskasten, der ihm als Redaktion seines unregelmäßig erscheinenden Extrablatts diente. Er winkte Walde kurz zu und hackte dann weiter auf seine Tastatur ein. Auf dem Monitor war eine der meist aus vier Seiten bestehenden, selbst geschriebenen und im Kopierverfahren produzierten Ausgabe zu sehen, bei der Uli Verleger, Redakteur, Fotograf, Anzeigenakquisiteur, Layouter, Drucker und Zeitungsbote in Personalunion war.
    Walde setzte sich an einen Tisch, auf dem neben einer verlassenen Kaffeetasse die Tageszeitung lag. Auf der Titelseite wurde über ein geplantes Einkaufszentrum in der City mit 70 neuen Geschäften und Büros berichtet.
    Der Mordfall in Steineberg wurde nur in einem kleinen Artikel im Innenteil abgehandelt.
    »Gibt’s heute keine Feier im Präsidium?« Elfte, Ulis Freundin, mit der er nach seiner Scheidung die Kneipe mit dem viel sagenden Namen Gerüchteküche betrieb, nahm die leere Kaffeetasse vom Tisch und wischte mit einem Lappen über die Tischplatte, obwohl sie makellos sauber schien.
    »Ich bin hierher gekommen, um mich in Stimmung zu trinken.«
    »Verstehe, Darjeeling und Sommerbaguette«, sie ging lächelnd zur Theke zurück.
    Im Innenteil der Zeitung fand Walde einen kleinen Artikel mit wenig Informationen zu dem Fall. Ein Foto des Hauses war aus einer so ungünstigen Position aufgenommen, dass nur ein Teil des Daches zu sehen war.
    »Und, gibt’s neue Erkenntnisse?« Die bassige Stimme gleich neben seinem Ohr ließ Walde zusammenzucken. Jo hatte sich hinter ihm heruntergebeugt und schaute in die Zeitung.
    »Kommst du von zu Hause?«, fragte Walde.
    »Nein.« Jo ließ sich schwerfällig auf einem Stuhl nieder. »Von dort bin ich geflüchtet, gleich nachdem du weg warst.«
    »Wie geht es Marie?«
    »Die ist noch vor mir weg, wahrscheinlich Schuhe kaufen. Bei Frauen soll das zur Beruhigung der Nerven beitragen.«
    »Aha.«
    »Philipp hat versprochen, sich um das Bad zu kümmern. Das ist ja wohl das Mindeste, was wir von ihm erwarten können.«
    »Für

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