Fluchtpunkt Mosel
den Schaden komme ich auf«, sagte Walde.
»Im Grunde genommen sind es ja nur ein paar Regalbretter und ein paar Drogerieartikel.«
»Du hast den Duschvorhang und die Tür vergessen«, ergänzte Walde.
Eine Bedienung mit einer hellen Schürze über den ausladenden Hüften kam direkt aus der Küche und stellte ein Tablett auf dem Tisch ab. Sie servierte Walde ein Baguette und goss ihm Tee aus einer schmalen Kanne in die Tasse. Jo bekam ein Glas und eine große Flasche Wasser.
»Ja, die Reparatur der Tür wird nicht einfach werden.« Jo schenkte sich ein und leerte das Glas in einem Zug.
Walde beobachtete, wie Uli seinen Kasten verließ und zu ihrem Tisch kam.
»Immer noch eisern bei der Sprudeldiät?« Uli schlug Jo auf die Schulter.
»Vier Kilo in zehn Tagen.« Jo legte eine Hand auf seinen immer noch deutlich gewölbten Bauch. »Wenn ich das noch zwei Wochen durchhalte, kann meine Leber wieder in meinen Organspenderausweis aufgenommen werden.«
»Schöne Scheiße, die Geschichte.« Uli setzte sich neben Walde und tippte mit dem Finger auf den Artikel über den Mord in Steineberg. »Und das ausgerechnet kurz vor Karneval.«
»Man kann es sich nicht aussuchen.« Walde biss in sein Baguette und hielt sich dabei den Teller unters Kinn.
»Bist du denn schon ein wenig weiter gekommen?«, fragte Uli.
Walde kaute eine Weile, bevor er antwortete. »Dafür ist Monika zuständig.«
»Nee, der Fall ist für das Extrablatt sowieso kein Thema. Dafür ist Steineberg zu weit weg von Trier. Ich meine den Hund«, sagte Uli. »Weißt du jetzt, wo du ihn unterbringen kannst?«
»Gibt es überhaupt noch jemand in dieser Stadt, der nichts von Quintus weiß?« Walde nippte am glühend heißen Tee.
»Wenn du willst, kann ich dir eine Kleinanzeige ins Extrablatt setzen. Es kommt noch heute raus«, bot Uli an.
»Und da steht nichts über den Mord drin?«
»Nee, das neue Einkaufszentrum ist viel spannender.«
»Aber das Thema wird doch heute auf dem Titel der Tageszeitung abgehandelt?« Walde zog den ersten Teil der Zeitung unter den Lokalteilnachrichten hervor.
»Ach, da steht doch nur die verlogene Scheiße von der Pressekonferenz über das neue City-Einkaufszentrum.« Uli verzog angewidert das Gesicht. »Die Kollegen trauen sich doch nicht, über die wahren Hintergründe zu schreiben, die haben doch Angst um ihre Anzeigen!«
»Was soll ich denn schreiben?« Walde überlegte laut.
Uli nahm einen Stift und zog den Bierdeckel unter der Wasserflasche heraus.
»Gepflegter … wie wird Malamute geschrieben?«
»Wie man’s spricht«, half Jo aus.
»Danke, ich hoffe, mein Korrekturprogramm hat das Wort gespeichert.«
»Also, gepflegt ist er nicht gerade«, sagte Walde.
»Dann, lieber Malamute.« Uli strich das Wort durch und schrieb weiter.
»Lieb ist er auch nicht.«
»Ja, was denn?«
»Groß«, half Jo aus. »Und freiheitsliebend.«
»Stimmt«, sagte Walde.
»Großer und freiheitsliebender Malamute sucht neues Herrchen«, murmelte Uli, während er auf den Deckel kritzelte.
»Kann auch ein Frauchen sein«, sagte Walde.
»Sucht neues Zuhause.« Uli änderte den Text. »Ist das okay?«
Walde und Jo nickten.
Als Uli zurück in seinen Glaskasten gegangen war, fragte Jo: »Wo ist Quintus denn jetzt?«
»Bei uns zu Hause im Garten.«
»Weiß Doris …«
»Deine Frau hat Doris angerufen«, unterbrach ihn Walde.
»Die moderne Kommunikation funktioniert.«
»Warum bist du um diese Zeit nicht im Büro?«, fragte Walde.
»Ich hab’s da nicht mehr ausgehalten. Ohne Alkohol wirkt das ganze Fastnachtstreiben irgendwie seltsam.« Jo trank einen großen Schluck Wasser. »Aber das könnte ich dich ebenso gut fragen.«
»Ich gucke noch zu Hause nach Quintus, und dann muss ich zurück zur Arbeit.«
»Ich begleite dich, wenn du nichts dagegen hast.«
*
»Grabbelein«, flötete Gabi, als sie ihrem Drucker ein Schreiben entnahm. »Kannst du bitte noch etwas für mich erledigen?«
»Ja?« Grabbe schwante nichts Gutes. Wenn sie ihn so nannte, führte sie meistens etwas im Schilde.
Einen Becher in der linken, ein Blatt Papier in der rechten Hand, kam sie zu ihm herüber und ließ das Schreiben auf seinen Tisch herabschweben. »Magst du einen Prosecco?«
»Danke, nein.« Grabbe sah eine Liste mit Adressen. »Was ist das?«
Gabi war zur Tür unterwegs. »Das sind alle Städte und Landkreise entlang der Route von Trier nach Erfurt, die mit Verkehrsüberwachung zu tun haben. Die meisten unterhalten stationäre Radarfallen.
Weitere Kostenlose Bücher