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Fluchtpunkt Mosel

Titel: Fluchtpunkt Mosel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mischa Martini
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mehr so weitergehen.« Während er das sagte, wurde ihm bewusst, wie sehr er seine Arbeit vernachlässigt hatte. »Ich habe im aktuellen Fall das meiste den Kollegen überlassen müssen.«
    »Haben sie sich beschwert?«
    »Nein, aber die Fäden sollten schon noch bei mir zusammenlaufen. Quintus hat mich einfach zu sehr in Beschlag genommen. Abgesehen davon, dass ich Annika und dich und natürlich Minka nicht vernachlässigen möchte.«
    »Annika ist vernarrt in Quintus, und Minka scheint auch keine Probleme mehr mit ihm zu haben. Aber jetzt ist es eh zu spät.«
    Auf dem Damm in Richtung Brücke waren sie allein. Der Wind hatte sich gelegt, die Sicht war klar. Unter ihnen lagen drei gegen das Hochwasser festgezurrte Personenschiffe an den Landestegen. Im schnell fließenden Wasser spiegelte sich das gelbliche Licht der Straßenlaternen von der anderen Flussseite, wo die Palliener Sandsteinfelsen hinter der langen Häuserreihe schroff emporragten.
    Walde legte einen Arm um Doris’ Schulter. »Entschuldige, gut gemeint bedeutet leider oft schlecht gemacht.«
    Sie schob ihre Hand unter seine Jacke. Er spürte, wie sie sich an einer Gesäßtasche einhakte. Langsam schlenderten sie hinunter, wo der Weg nur knapp über der Wasseroberfläche unter einem Brückenpfeiler hindurchführte. Hier war es bereits stockdunkel. Soviel Walde erkennen konnte, hatte noch kein Obdachloser sein Nachtlager unter der Brücke aufgeschlagen. Als sie wieder ins Freie traten, schauten beide zur angestrahlten Mariensäule, unter der sich die alte Römerstraße zur Stadt hinunterschlängelte.
    Doris Hand glitt an Waldes Rücken hoch. Er blieb stehen und umarmte sie, wurde vom Duft ihres Parfüms umfangen. Als er sich zu ihr hinunterbeugte, ihr Haar und die Stirn küsste, kam sie ihm entgegen. Ihre Lippen umschlossen seine Unterlippe, ließen sie los, tasteten höher. Er erwiderte ihren Kuss, spürte, wie sich ihre Lippen öffneten. Er streichelte die weiche Haut ihres Halses. Sie küssten sich lange.
    Oben auf der Uferstraße hupte ein Wagen, und sie gerieten aus dem Gleichgewicht.
    »Ich glaube, wir stehen hier wie zwei Teenager.« Doris löste sich von ihm und wurde wieder kleiner. Sie hatte sich auf die Zehenspitzen gestellt.
    Walde umfasste beim Weitergehen ihre Taille. »Heute weiß ich erst, wie schön es war, ein Teenager zu sein.«
    Neben ihnen flatterte ein aufgeschreckter Vogel in einer Weide. Sie gerieten in den Lichtkegel einer Straßenlaterne. Doris wich einer Pfütze aus, nahm ihre Hand von seinem Rücken und löste sich aus seiner Umarmung. Im Tunnel unter der Straße am Martinsufer griff sie wieder nach seiner Hand.
    »Du weißt, dass wir im verflixten siebten Jahr sind«, sagte sie, als sie über den dunklen Alleenweg stadteinwärts gingen, der parallel zur Franz-Ludwig-Straße verlief.
    »Das darf doch nicht wahr sein!« Walde blieb überrascht stehen.
    »Wirklich, im Sommer haben wir Jubiläum.«
    »Nein, guck mal da vorn! Ist es das, was ich annehme?« Walde zeigte zu ihrer Haustür, auf deren Schwelle etwas großes Graues lag. Es erhob sich und kam ihnen, eine Leine hinter sich über den Asphalt schleifend, schwanzwedelnd entgegen.
    *
    Gabi startete unter den missbilligenden Blicken ihres Kollegen zum wiederholten Mal den Motor. Grabbe saß im Halbdunkel des späten Nachmittags neben ihr auf dem Beifahrersitz. Das Gebläse schaufelte lauwarme Luft in den Wagen.
    »Aber das ist ja wohl klar, dem Zelig müssen wir unbedingt auf den Zahn fühlen.«
    »Jaaha«, antwortete Gabi, ohne einen Hehl daraus zu machen, dass ihr Grabbe mit seinen Wiederholungen auf den Geist ging. »Wie gesagt, das klären wir nachher mit Walde ab.«
    »Falls es stimmt, was der Zelig erzählt hat, war das eine ganz knappe Angelegenheit«, fuhr Grabbe fort. »Fünf Minuten früher in Steineberg, und der Typ hätte womöglich auch ihn erledigt.«
    An den beschlagenen Scheiben wuchsen ganz allmählich über den Lüftungsklappen des Gebläses zwei winzige klare Halbkreise, durch die der vor ihnen parkende Wagen mit Sattler und zwei weiteren Technikern zu erkennen war. Heller Rauch wehte aus dem Auspuff zum leeren Bürgersteig. Inzwischen waren in den meisten Häusern der Reihenhaussiedlung die Lichter angegangen, oft begleitet vom Herablassen der Rollläden.
    Nur im Haus Nr. 37 mit dem kleinen Vordach über der Haustür war alles ruhig und dunkel.
    Kaum nahm Gabi den Geruch von Abgasen wahr, beschwerte sich Grabbe: »Sollen wir uns hier eine

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