Flüchtig!
mich flach gegen die Öltonnen. Ein Mann stieg aus, beide Arme bepackt, die Schlüssel an den Fingerspitzen baumelnd. Er trug die vier Einkaufstüten, als ob sie federleicht wären, stand vor der Tür des Wohnwagens, klopfte erst einmal, dann dreimal, dann noch einmal und ging schließlich hinein.
Er blieb etwa eine halbe Stunde dort, kam wieder heraus mit einer Axt, die er neben sich in den Corvette legte, und setzte sich hinters Lenkrad. Ich wartete zehn Minuten, nachdem er davongefahren war, ehe ich zu der Tür ging und sein Klopfen imitierte. Als sich nichts rührte, wiederholte ich das Klopfzeichen. Die Tür ging auf. Ich schaute in weit auseinanderliegende Augen von mitternächtlichem Schwarz. »Wieso kommst du schon so bald…« Der breite Mund erstarrte vor Überraschung. Sie versuchte mir die Tür vor der Nase zuzuschlagen, aber ich hatte meinen Fuß schon dazwischengestellt und drückte dagegen. Dann war ich drinnen, und sie wich vor mir zurück.
»Sie!« Das Mädchen funkelte mich aus wilden Augen an und sah wunderschön aus. Das flammend rote Haar war hochfrisiert und mit Nadeln festgesteckt. Ein paar feine Strähnen hatten sich gelöst und umgaben wie ein feiner Halo den langen, geschmeidigen Hals. Zwei dünne goldene Ringe zierten die Ohrläppchen. Die junge Frau trug abgeschnittene Jeans und eine weiße Bluse, welche die Taille freiließ. Ihr Bauch war sonnengebräunt und flach, die Beine glatt und lang, die Füße nackt. Finger und Zehennägel hatte sie jadegrün lackiert.
Der Wohnwagen war in zwei Räume unterteilt. Wir befanden uns in einer engen gelben Küche, in der es nach Schimmel roch. Eine der Einkaufstüten war bereits ausgeleert, die drei anderen standen auf der Theke. Das Mädchen langte in die Spüle, plötzlich hatte sie ein Brotmesser in der Hand.
»Machen Sie, daß Sie rauskommen hier, sonst ersteche ich Sie. Ich schwöre es!«
»Legen Sie das Messer weg, Nona«, sagte ich leise. »Ich bin nicht hier, um Ihnen weh zu tun.«
»Bockmist! Genau wie die anderen.« Sie umklammerte den Plastikgriff des Messers mit beiden Händen. Die gezackte Klinge beschrieb einen etwas zittrigen Bogen. »Raus!«
»Ich weiß, was man Ihnen angetan hat. Hören Sie mir zu.«
Sie schaute mich überrascht an und schien sich ein wenig zu entkrampfen. Einen Moment lang dachte ich, ich hätte sie beruhigt.
Dann kam ich einen Schritt näher. Ihr junges Gesicht verzerrte sich vor Schmerz und Wut. Sie atmete tief ein und ging einen Schritt auf mich zu, wobei sie das Messer auf mich richtete.
Ich wich dem Stoß aus. Das Messer stach ins Leere, dorthin, wo zuvor mein Thorax gewesen war, und bewegte sich dann ungeschickt nach vorn. Ich packte Nona am Handgelenk, drückte und schüttelte es.
Das Messer fiel klirrend auf den schmutzigen Linoleumboden. Jetzt ging sie mit ihren langen, grünen Fingernägeln auf meine Augen los, aber ich bekam ihre Arme zu fassen. Sie war zart gebaut, die Knochen unter der glatten, weichen Haut wirkten zerbrechlich. Doch der Zorn verlieh ihr zusätzliche Kraft. Sie trat mit den Füßen und spuckte, und dann gelang es ihr, bis zu meinem Kinn vorzudringen - auf der empfindlichen Seite. Gleich danach fühlte ich, wie ein warmer Strom über mein Gesicht nach unten lief; erst danach spürte ich den scharfen Schmerz. Burgunderrote Flecken breiteten sich auf dem Boden aus.
Ich riß ihr die Arme zur Seite. Sie versteifte sich und starrte mich mit dem Entsetzen eines in die Enge getriebenen Tieres an. Plötzlich riß sie den Kopf nach vorn. Ich wich zurück, um nicht gebissen zu werden.
Ihre Zunge kam schlangenartig hervor und fing mit der Spitze einen Blutstropfen auf. Dann leckte sie sich die Lippen und zwang sich zu einem Lächeln.
»Ich mache alles für dich«, sagte sie mit rauher Stimme. »Wenn du danach weggehst und mich in Ruhe läßt.«
»Deshalb bin ich nicht hier.«
»Wenn du wüßtest… Wenn ich will, fühlst du Dinge, von denen du noch nicht einmal geträumt hast.« Es war ein Dialog aus einem miserablen Pornofilm, aber sie nahm ihre Sache ungemein ernst und drückte ihre Hüfte gegen die meine. Danach streckte sie noch einmal die Zunge vor und machte eine große Schau daraus, wie sie den Blutstropfen schluckte.
»Hören Sie auf«, sagte ich und bog meinen Kopf zurück.
»Ach, komm schon.« Sie wand sich in meinem Griff. »Du bist ein starker Kerl. Die schönen blauen Augen und die dichten dunklen Locken. Wette, du machst es gut, wie?«
»Genug, Nona.«
Sie zog eine
Weitere Kostenlose Bücher