Flüchtig!
kenne.«
»Ist das alles?« fragte er und nahm wieder die Gabel in die Hand. Ich blickte scharf hoch. »Was soll sonst noch sein?«
»Ja nun«, sagte er und kaute dazu, »vielleicht bin ich da auf dem falschen Dampfer, Doktor, aber mir scheint es so, als ob diese japanische Sache eine neue Perspektive eröffnen würde für deine - wenn du den Ausdruck entschuldigst -, deine Beziehung zu ihr.«
»Wie das?«
»Nun, in den letzten beiden Jahren bist du doch immer derjenige gewesen, der das Geld hatte, oder? Sie hat sich ihren Unterhalt verdient, aber das Leben, das ihr beide führt - Ferien auf Maui, Theaterpremieren, dieser unwahrscheinliche Garten und so weiter -, wer hat dafür bezahlt?«
»Ich weiß nicht, worauf du hinauswillst«, sagte ich ärgerlich.
»Auch wenn ihr es leugnet, gelten bei euch Psychologen die traditionellen Verhaltensmuster. Jetzt hat Robin die Chance, auch finanziell die große Nummer zu werden, und das könnte alles ändern, findest du nicht?«
»Damit werde ich schon fertig.«
»Sicher schaffst du das. Vergiß, daß ich davon geredet habe.«
»Ist schon vergessen.« Ich schaute auf mein Albacore-Steak. Aber mir war plötzlich der Appetit vergangen. Ich schob den Teller weg und richtete meinen Bück auf eine Schar von Möwen, die auf dem Pier nach Beute suchte. »Du bist wirklich ein Schweinehund - dir entgeht nicht leicht etwas«, sagte ich. »Es ist fast unheimlich.«
Er langte über den kleinen Tisch hinweg und klopfte mir auf die Schulter. »He, du bist aber auch nicht schwer zu durchschauen. Alles, was dich berührt, kann man auf deinem schmalen, hungrigen Gesicht lesen.«
Ich stützte das Kinn in die Hände. »Es lief alles so hübsch einfach. Sie hat das Studio behalten, nachdem sie zu mir gezogen ist, und wir waren stolz darauf, daß wir uns gegenseitig genug Bewegungsfreiheit zugestanden haben. In letzter Zeit haben wir sogar vom Heiraten und Kinderkriegen gesprochen. Es war großartig, wir beide im gleichen Takt, dazu Entscheidungen von beiden Seiten, die der andere billigte. Und jetzt?« Ich zuckte mit den Schultern. »Wer weiß?« Dann trank ich einen großen Schluck Bier. »Ich werde dir etwas sagen, Milo, und das steht nicht in meinen Lehrbüchern, aber es gibt so etwas wie das Bedürfnis eines Mannes, Vater zu werden, und mit fünfunddreißig wird mir das sehr bewußt.«
»Ist mir klar«, sagte er. »Ich hatte auch einmal dieses Gefühl.« Ich starrte ihn unwillkürlich an.
»Glotz nicht so blöd. Nur weil es nicht möglich ist, heißt das noch lange nicht, daß ich nicht daran denke.«
»Man kann nie wissen. Heutzutage sieht man das alles nicht mehr so eng.«
Er lockerte seinen Gürtel um ein Loch und bestrich sich eine Scheibe Brot mit Butter. »So liberal wird die Welt wohl nie werden.« Er lachte.
»Außerdem, Rick und ich sind nun mal nicht von der Natur für eine Mutterschaft vorgesehen, oder wie du das nennen willst. Kannst du dir vielleicht vorstellen, wie ich Spielsachen kaufen gehe und mein anspruchsvoller Doktor zu Hause dem Kleinen die Windeln wechselt?«
Wir lachten herzlich darüber.
»Weißt du«, sagte er, »ich wollte eigentlich nicht diesen wunden Punkt zur Sprache bringen, aber es ist nun mal eine Sache, mit der du fertig werden mußt. Mir ist es nicht besser gegangen. Fast das ganze Leben lang habe ich allein bestimmt, wie es laufen sollte. Meine Eltern konnten mir keine große Hilfestellung leisten. Seit meinem elften Lebensjahr habe ich stets gearbeitet, mal hier, mal da, Alex. Zeitungen ausfahren, Nachhilfestunden, Birnen ernten, auf dem Bau arbeiten, ein bißchen Zeit für den M. A. dann Saigon, das Militär. Und zuletzt das hier. Man wird nicht reich als Beamter bei der Mordkommission, aber ein Lediger kommt gut über die Runden. Ich war verdammt einsam, aber dann kam jemand und war genau das, was ich mir wünschte. Nachdem ich Rick getroffen hatte und wir ein gemeinsames Leben begannen, hat sich alles verändert. Du erinnerst dich an den alten Fiat - die Schrottkiste! Ich habe immer nur billige Schrottkisten gefahren, und jetzt brausen wir in einem Porsche herum, wie zwei Koksdealer. Und das Haus - bei meinem Gehalt hätte ich mir ein solches Heim nie leisten können. Er kauft bei Carrols und Giorgio ein, bringt mir von dort mal ein Hemd, mal eine Krawatte mit. Nicht, daß ich mich aushalten lasse, aber mein Lebensstil hat sich geändert. Zum Besseren natürlich, und trotzdem war es nicht leicht, das zu akzeptieren. Chirurgen verdienen
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