Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Flüchtig!

Flüchtig!

Titel: Flüchtig! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
Vom Netzwerk:
ist, mehr zu bezahlen, aber auch mehr sehen will?« fragte ich.
    Sie schaute mich scharf an. »Ich hab’ mich schon die ganze Zeit gefragt, ob Sie stumm sind oder nicht. Wie ich schon sagte, die Boten können natürlich tun, was sie wollen - in ihrer Freizeit. Wenn sie die Show gezeigt haben, sind sie fertig. Dann beginnt ihre Freizeit. Mögen sie Jazz?«
    »Guten Jazz - ja.«
    »Ich auch. Wie Miles und Coltrane und Bird. Wissen Sie, warum sie so groß sind? Sie können improvisieren. Ich denke nicht im Traum daran, jemanden an seinen Improvisationen zu hindern.«
    Sie nahm eine neue Zigarette aus dem Päckchen und zündete sie an der vorigen an.
    »Und das ist alles, was sie gemacht hat?« fragte Milo. »Parodistische Rollenspiele, wie?«
    »Sie hätte mehr tun können - ich hatte Pläne für sie. Filme, Illustriertenfotos.« Das fleischige Gesicht verzog sich zu einem Lächeln.
    »Sie war kooperativ, hat sich ausgezogen, ohne mit der Wimper zu zucken. Heutzutage werden die Mädchen auf dem Land offenbar sehr frei erzogen.« Sie rollte die Zigarette zwischen ihren kurzen Fingern.
    »Ja, ich hatte Pläne mit ihr, aber sie hat mich im Stich gelassen. Eine Woche gearbeitet und…« Sie schnippte mit den Fingern. »Zack, weg war sie.«
    »Hat sie gesagt, wohin sie wollte?«
    »Keinen Pieps. Und ich habe nicht gefragt. Wir sind keine Ersatzfamilie. Das hier ist ein Geschäft. Ich spiele nicht die Mami, und ich will auch nicht so behandelt werden. Hübsches Fleisch kommt und geht - diese Stadt ist voll von perfekten Körpern, die glauben, daß sie mit Arsch und Titten reich werden können. Manche lernen schneller als andere. Wenn man zu weit aufdreht, kann man leicht überschnappen. Trotzdem«, räumte sie ein, »diese Rothaarige war etwas Besonderes.«
    »Kennen Sie jemanden, der wissen könnte, wo sie ist?«
    »Ich kann es mir nicht vorstellen. Sie hat sich sehr zurückgehalten.«
    »Und was ist mit den Kerlen, die zusammen mit ihr diese… Botendienste verrichtet haben?«
    »Kerl. Einzahl. Sie war erst eine Woche hier. Ich kann Ihnen seinen Namen nicht aus dem Kopf sagen, und ich denke nicht daran, jetzt die ganze Kartei durchzugehen, um auf ihn zu stoßen. Ich hab’ euch schon genug Freibier ausgeschenkt.« Sie zeigte auf die Akte, die Milo noch immer in der Hand hatte. »Die können Sie meinetwegen sogar behalten, okay?«
    »Strengen Sie Ihr Gedächtnis an«, drängte Milo. »Es kann doch nicht so schwer sein. Wie viele Hengste haben Sie in Ihrem Stall?«
    »Sie würden sich wundern«, sagte sie und strich über die Marmorplatte. »Audienz beendet.«
    »Hören Sie«, fuhr er fort, »Sie haben uns zwar schon etwas geholfen, aber deshalb sind Sie noch lange nicht die Bürgerin des Jahres. Draußen ist es heiß, und hier drinnen gibt es eine gute Klimaanlage und einen großartigen Blick. Warum sollen wir auf der Polizeistation schwitzen und weiß Gott wie lange warten, bis endlich Ihr Anwalt dort eintrifft?« Er streckte die Hände aus, die Handflächen nach oben, und zeigte ihr ein jungenhaftes Grinsen. »Wollen Sie’s nicht noch einmal versuchen?«
    Die schlammig-grauen Augen verengten sich, und ihr Gesicht sah aus wie das eines bösartigen Schweins. Sie drückte auf einen Knopf, und Leon tauchte auf.
    »Wer war der Kerl, der mit der Rothaarigen zusammengearbeitet hat, mit dieser Swope?«
    »Doug«, sagte er, ohne zu zögern.
    »Nachname«, fuhr sie ihn an.
    »Carmichael. Douglas Carmichael.« Sie wandte sich an uns: »Okay?«
    »Die Akte.« Milo streckte die Hand aus.
    »Bring sie.« Es war ein Befehl, und der Jamaikaner holte sie aus dem Aktenschrank. »Sie können einen Blick darauf werfen.« Milo nahm ihm den Ordner ab, und wir gingen zur Tür.
    »He, Moment mal!« protestierte Jane Rambo mit rauher Stimme. »Den brauche ich noch. Ihr könnt ihn nicht mitnehmen.«
    »Ich mache eine Kopie und schicke Ihnen das Original zurück.«
    Sie wollte etwas dagegen einwenden, hielt aber mitten im Satz inne. Als wir gingen, hörten wir noch, wie sie Leon anbrüllte.

8
    Nach den Angaben in seiner Personalakte wohnte Doug Carmichael im besseren Teil von Venice, in der Nähe des Jachthafens. Milo ließ mich von einer Telefonzelle aus anrufen, während er per Funk nachfragte, ob sich inzwischen etwas in der Sache Swopes ergeben hatte. Ich erreichte nur den Anrufbeantworter. Klassische Gitarrenmusik spielte im Hintergrund, während eine sonore Baritonstimme sagte:
    ›Hallo, hier ist Doug‹ und mich davon zu überzeugen

Weitere Kostenlose Bücher