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Flügel aus Asche

Flügel aus Asche

Titel: Flügel aus Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kaja Evert
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so laut brüllen können. Aber was war mit den anderen?
    Talanna ignorierte Yoluan. »Nein, gebt mir die Fesseln«, sagte sie zu dem Wächter, »wir müssen ihm Hände und Füße festbinden, bevor er Ärger macht. Habt Ihr nicht gesehen? Er ist eine Krähe.«
    Der Soldat beugte sich vor, packte Adeen beim Kinn und musterte ihn mit halb zusammengekniffenen Augen. »Tatsächlich, ein Mischling«, stellte er fest, »dieser Abschaum sollte gar nicht mehr am Leben sein. Wie …«
    Noch ehe er den Satz zu Ende führen konnte, prallte ein bleicher Feuerstrahl gegen seinen Helm und versengte ihm das Gesicht. Der Mann schrie auf, wirbelte herum und hielt im gleichen Moment sein Schwert in der Hand. Talanna wich vor ihm zurück, streckte die Hände aus, um einen weiteren Feuerzauber zu wirken, doch zwischen ihren Fingern rieselte nur flirrender Kristallstaub zu Boden.
    Adeen nahm seine Kräfte zusammen und warf sich gegen den Rücken des Wächters. Da seine Handgelenke noch gefesselt waren, konnte er nicht zuschlagen, aber das hätte ihm gegen einen ausgebildeten Magierkrieger ohnehin wenig genützt. Der Soldat stolperte, überrascht durch die Attacke von hinten, und Talanna nutzte die Gelegenheit, um ihm den Ellbogen seitlich gegen den Kopf zu rammen. Der Holzhelm dröhnte, die Klinge schnitt durch die Luft, im Dunkel nicht mehr als eine schmale silbrige Linie, und streifte Talannas Bein. Jetzt brach ein Lärm los, in dem der Wutschrei der Wache fast unterging: Angefeuert von Yoluans dröhnender Stimme und dem Geschrei der anderen, richtete sich Talanna trotz ihrer Verletzung auf, und auch Adeen tat sein Bestes, um den bewaffneten Gegner mit Stößen und Tritten aus dem Gleichgewicht zu bringen. Der Soldat fluchte, und während er mit der Rechten noch um sich hieb, zerrte er mit der Linken ein aufgerolltes Papierstück aus dem Köcher an seinem Gürtel. »Vorsicht!«, rief Adeen. Talanna duckte sich, gerade rechtzeitig, als der Mann die Worte des Zaubers murmelte. Ein Geschoss aus flüssigem weißblauem Feuer raste fauchend über sie hinweg und schlug in die gegenüberliegende Wand ein, wo es die Kacheln zersprengte und einen Scherbenregen niedergehen ließ. Beißender Qualm füllte die Luft.
    »Adeen, hier!« Das war Yoluans Stimme. Adeen wandte den Kopf und sah, wie sich Yoluans Pranke durch die Gitterstäbe streckte. Etwas glänzte darin – die massive eiserne Gürtelschnalle, die zu seiner Rüstung gehörte. Diese improvisierte Waffe war stabil genug, um einen Gegner damit bewusstlos zu schlagen.
    »Ich bin gefesselt!«, rief er. »Gib das Talanna!«
    Yoluan zögerte nicht. Der Gürtel rutschte über den Kachelboden dorthin, wo sich Talanna gerade mühsam wieder aufrichtete. Blut tropfte aus der Wunde an ihrem Bein. Ihr war die Bewegung hinter den Gitterstäben nicht entgangen, und so bückte sie sich, so rasch es ihre Verletzung zuließ, und hob den Gürtel auf. Der Soldat näherte sich ihr mit grimmiger Miene, offensichtlich verärgert darüber, dass ihn zwei Widersacher ohne Waffen so lange in Schach gehalten hatten. »Die anderen hatten doch recht«, stieß er hervor, »Ihr seid eine Rebellenhure! Eine Blutbeschmutzerin!«
    »Halt den Mund!«, schrie Adeen. Er musste die Aufmerksamkeit des Soldaten unbedingt auf sich ziehen. »Sie ist keine Hure! Sie ist …«
    Schneller, als er erwartet hatte, sah er sich auch schon der Klinge gegenüber. »Scheißkrähe!«, zischte der Wächter. Adeen konnte nicht so rasch zurückweichen, wie das Schwert einen Bogen beschrieb, um ihm den Arm abzutrennen – aber mitten im Angriff verlor der Soldat das Gleichgewicht, und aus der eleganten Attacke wurde ein Sturz. Adeen warf sich zur Seite. Die Klinge verfehlte ihn um eine Handbreit und fiel mit einem lauten Klirren zu Boden. Die Wache lag ächzend auf dem Bauch, über ihr stand Talanna, die Gürtelschnalle in der Hand, die sie ihm mit voller Wucht erst von hinten in die Knie und dann gegen den Helm geschmettert hatte. Hastig hob sie das Schwert des Mannes auf, zerschnitt seinen Umhang und fesselte ihn mit den Stoffstreifen, bevor er wieder vollständig zu sich kommen konnte. Erst anschließend befreite sie Adeen von seinen Fesseln. »Das war knapp!«, sagte sie atemlos. »Nirul mag ein Dummkopf sein, aber kämpfen kann er.« Sie wischte die blutige Klinge am Umhang der Wache sauber, löste den Schwertgürtel und band ihn sich um.
    Adeen rieb sich die Handgelenke. Prickelnd kehrte das Blut in seine tauben Finger zurück. Jetzt, da

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