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Flügel aus Asche

Flügel aus Asche

Titel: Flügel aus Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kaja Evert
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Adeens Kopf zu einem Teil eines Bildes zusammen.
Meine Hand presst sich auf das flammende Grün, ihre Umrisse verschwimmen, Lichtstrahlen scheinen zwischen den Fingern hervorzubrechen …
»Man hat mich gezwungen … mich ausgezogen und eine Waffe auf mich gerichtet …«
    Talanna musterte ihn mit gerunzelten Brauen und schüttelte den Kopf. Dann legte sie überraschend sanft eine Hand auf seine Stirn.
    »Du hast Fieber. Hör mal, es ist unmöglich, dass diese Speicher irgendeinen Effekt auf dich haben. Du solltest dich auf die Zauber konzentrieren, die du auf deiner Schriftrolle findest, Adeen. Die wirst du brauchen. Setz dich einen Moment, ich kümmere mich um deinen Arm.«
    Sie zog ihn von der Stele fort. Widerstrebend ließ Adeen es geschehen. Er verstand ja selbst nicht, was mit ihm geschah, und genauso wenig wie Talanna glaubte er daran, dass auch er über Magie verfügte – das hätte er doch irgendwann bemerkt! Talanna führte ihn zu einem der Sessel im Zentrum des Raums, half ihm, sich zu setzen, und wickelte den durchgebluteten Verband von seiner Schulter. Allzu sanft ging sie dabei nicht vor.
    »Der Zauber, der Gabta von der Hauptinsel löst, ist zu mächtig, als dass ich ihn allein wirken könnte«, sagte die Wissenschaftlerin, wobei sie noch immer auf die Spitze von Nemiz’ Klinge starrte. »Ihr müsst die Fesseln der anderen lösen, damit sie mir helfen. Nur so kann es uns gelingen.«
    Nemiz’ Lippen wurden schmal. »Willst du mich für dumm verkaufen?«
    »Sie hat möglicherweise recht, Nemiz«, sagte Talanna. »Durch diese Speicher fließt eine unglaubliche magische Macht. Mehreren Personen wird es leichter fallen, sie in die richtigen Bahnen zu lenken. Sind es zu wenige, können sie von dieser Macht in Stücke gerissen werden.«
    Einige Atemzüge lang starrte Nemiz der Frau nur schweigend ins Gesicht. »Ich werde jeden töten, der wagt, uns anzugreifen«, sagte er dann.
    »Je mehr von uns sterben, desto weniger sind übrig, um Gabta zu lenken.«
    Ein Muskel zuckte an Nemiz’ Kinn. Mit einer Kopfbewegung wies er seine Leute an, die Fesseln der übrigen Magier zu lösen.
    Sichtbar benommen, die Gesichter verzerrt vor Angst und Wut, verteilten sich die Männer und Frauen auf die verschiedenfarbigen Stelen und die Schriftzeichen, die im Boden eingelassen waren. Jeder wurde von mindestens einem der Rebellen überwacht. Die Gesichter der Magier erstarrten vor Konzentration, während sie ihre Zauber woben und Worte in der geheimnisvollen alten Sprache der Draquer murmelten. Wie durch ein Netzwerk leuchtender Adern strömte magische Energie ins Zentrum des Raumes. Dort verblassten die Farben, und die Magie sammelte sich wie Wasser unter einer dünnen Eisfläche. Der ganze Raum begann in unwirklichem Licht zu pulsieren, dunkles Purpur, beißendes Orange, Violett. Es war ein Anblick, der Adeen den Atem anhalten ließ. Sogar Talanna hielt einen Moment inne, ehe sie den Stoff weiter um seine Schulter wickelte. Andere Magier schritten die Schriftzeichen aus dunklem Metall am Boden ab, allerdings nicht in der Reihenfolge, in der sie sich darbot. Über jedem Symbol flüsterten sie Worte und strichen mit den Fingern darüber, bis es in goldenem Licht aufflammte.
    Adeen sah sie ganz aus der Nähe, ihre angstgeweiteten Augen und das Zittern ihrer Hände. Ihre Roben waren zerschnitten, und die Blutflecken auf dem Stoff breiteten sich mehr und mehr aus. Mit jedem Zeichen, das aufleuchtete, vibrierte der Raum stärker, und als nur noch wenige dunkle Schriftzeichen übrig waren, bebte er so stark, dass sich Adeen an die Lehne des Sitzes klammerte.
    »Das ist nichts«, sagte Nemiz bestimmt. »Sobald Gabta frei ist, wird es aufhören.«
    Die Anführerin der Magier hatte das letzte Zeichen erreicht und kniete sich davor. Sie murmelte mit halb geschlossenen Augen, und ihre Hände glitten darüber, bis das Zeichen wie alle übrigen goldenes Licht ausströmte.
    Ein heftiges Rütteln hatte den Turm erfasst, Adeen spürte, dass sie sich sehr schnell bewegten. Die Insel war frei!
    Nemiz lachte. Obwohl es ein erleichtertes Lachen war, klang es furchteinflößend.
    »Wohin sollen wir die Insel lenken?«, fragte die Frau.
    Nemiz trat zu einer Fensteröffnung, um Ausschau zu halten. Mit zusammengebissenen Zähnen stemmte sich auch Adeen hoch. Er wollte sehen, wie Gabta flog, sehen, wie sie sich von der Hauptinsel entfernten. Vielleicht würde er dann glauben, dass es wirklich geschah, nach all den Strapazen und Ängsten, die sie

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