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Flügel aus Asche

Flügel aus Asche

Titel: Flügel aus Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kaja Evert
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ausgestanden hatten.
    Doch als er einen Blick aus dem Fenster warf, dorthin, wo Rashija liegen musste, keuchte er vor Schreck: Eine Front schwarzer Wolken bewegte sich auf sie zu, massig und undurchdringlich wie eine Steinmauer. Rötliche Blitze zuckten in ihrem Inneren, dann folgte Donner.
    Er spürte Talanna hinter sich und wandte den Kopf. Sie blickte mit aufgerissenen Augen auf die Sturmfront, alle Farbe war aus ihren Lippen gewichen.
    »Dieser Sturm«, flüsterte sie, »ich kann Charral darin spüren.«
    »Charral?«
    »Ja. Diese Sturmböen … als wolle er nach mir greifen.« Sie schauderte.
    Auch Nemiz hatte den Wetterumschwung bemerkt. »Weg«, brüllte er die Wissenschaftlerin an, »nur weg von dem Unwetter!«
    Im selben Moment krachte von außen eine Sturmfaust gegen den Turm. Nemiz’ Kopf schnellte herum. Auch Adeen starrte auf die Wand: Ein Riss zog sich durch den Kristall, der vorher nicht dort gewesen war, eine blaue Linie, so lang wie ein erwachsener Mann. Der zweite Windstoß folgte, und diesmal war die Erschütterung so heftig, dass sich Adeen benommen am Boden wiederfand.
    Ein Aufschrei aus mehreren Kehlen gellte in seinen Ohren.
    »Nemiz! Nemiz!«
    Adeen richtete sich mühsam auf, sah, wie Nemiz nach seinem Stockdegen tastete, der ihm aus der Hand gefallen war. Nur die Magierin stand aufrecht da. Halb durchsichtige Gebilde wanden sich wie Eis um die Beine der Frau. Deshalb hatte sie also ihren festen Stand nicht verloren. Ohne zu überlegen, rannte Adeen auf sie zu, doch eine weitere Erschütterung warf ihn erneut zu Boden. Die Magierin bleckte die Zähne und drückte Nemiz die Handfläche ins Gesicht. Hilflos sah Adeen, wie sich der Kopf ihres Anführers mit bläulichen Eiskristallen überzog.
    Ein Feuerball zischte an Adeens Ohr vorbei und traf die Magierin gegen die Seite. Sie schrie auf, ließ Nemiz los und brach in die Knie. Die Eisranken zerbröckelten. Einen Moment später stand Talanna neben Nemiz, die Hände zur Schale geformt und bereit, mit einem weiteren Feuerzauber zu attackieren.
    Der Kampf begann von neuem. Was ihnen an Zaubern geblieben war, das schleuderten die Rebellen auf die Magier, die mittlerweile ihre Positionen verlassen hatten und um ihr Leben kämpften. Yoluan hatte seine Waffe verloren und schlug mit bloßen Fäusten auf die Wissenschaftlerin ein, obwohl Eissplitter sein Hemd und seine Schulter durchbohrten. Die Frau sackte mitten auf den Schriftzeichen zusammen, die sie aktiviert hatte. Sofort erloschen einige von ihnen, andere flackerten. Ein weiterer heftiger Ruck, der Raum neigte sich zur Seite, und alle, Magier und Rebellen, wurden von den Füßen geworfen. Adeen spürte die Gewalt des Sturms draußen jetzt so deutlich, als würde ihm der Wind direkt ins Gesicht blasen. Der glatte Untergrund bot keine Möglichkeit, sich festzuhalten. Er rutschte auf die Wand zu, wo ein Regen aus Schriftrollen und Büchern auf ihn niederprasselte. Gerade noch rechtzeitig befreite er sich und warf sich zur Seite, ehe das gesamte Regal mit lautem Krachen dort aufschlug, wo er eben noch gelegen hatte. Ein Geschosshagel aus scharfkantigen Eisstücken schlug über seinem Kopf in die Wand ein und hinterließ spinnennetzähnliche Risse im Siltkristall.
    Yoluan kniete neben Nemiz und versuchte, ihn wieder auf die Beine zu zerren. Ihr Anführer glich einer Leiche, die lange in der Kälte auf der Straße gelegen hatte. Rauhreif bedeckte sein Gesicht, sein Haar, jede Wimper, und er schien vollkommen gelähmt. Yoluan rüttelte ihn, brüllte seinen Namen und wischte ihm dann fast behutsam die Reifschicht vom Gesicht. Doch Nemiz’ aufgerissene Augen blickten starr geradeaus, auch dann noch, als sich das Eis wieder in Wasser verwandelte und ihm von Kinn und Nase tropfte. Fassungslosigkeit malte sich auf Yoluans Gesicht, als er ihn schließlich losließ. Nemiz’ Körper kippte zur Seite. Ein Augenblick der Unaufmerksamkeit hatte ihn das Leben gekostet.
    »Vorsicht!«, rief Adeen, sprang auf und stieß Talanna zur Seite, als ein Mann seinen Stab nach ihr schwang. Die Waffe schlug Funken aus dem Boden. Talanna wirbelte herum. Der Feuerstrahl aus ihren Händen fraß sich direkt in seine Brust. Er sank zusammen, der Lärm ringsum verschluckte seine Schreie.
    Die Wissenschaftlerin versuchte, sich aufzurichten, aber es gelang ihr nicht. Ihr Gesicht glänzte von Blut, und die Robe hing in verbrannten Fetzen an ihr herab. Sie schien nicht einmal Kraft für einen weiteren Zauber zu haben. Mit sichtbarer

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