Fluegel der Dunkelheit
Traian.«
Sein geschorenes
Haupt, die roten Lienen der verheilten Narben darauf, sahen
unwirklich aus. Victor war nach einem Freudenschrei zumute. Mit Luca
hatte er jetzt nicht gerechnet. Vor Freude sank Victor neben ihm auf
die Knie. »Luca Traian Constantinescu.« Am liebsten hätte er Luca
berührt, ihn gar umarmt, um sicher zu sein, dass kein Geist vor ihm
saß. Luca redete mit ihm, ohne zu flüchten, ein unglaublicher
Fortschritt, den er nicht auf die Spitze treiben wollte. »Du ahnst
ja nicht, wie glücklich ich bin, dich hier zu finden.« Vermutlich
hatte er keine Vorstellung, wie lange Victor bereits hinter ihm her
war.
»Du hast mir keine
Wahl gelassen.« Er sah kurz auf, rieb sich mit der Hand über seinen
kahlen Kopf. »Vielleicht hätte ich uns damals eine Chance geben
sollen Freunde zu werden.« Luca wirkte unruhig. »So weit war ich
noch nicht.«
Das war zu schön,
um wahr zu sein. » Bist du es heute, Luca Traian
Constantinescu?«
»Traian!« Er
blickte ihm dabei in die Augen.
»Entschuldige.«
Victor erkannte, dass er auf seine eigene Weise versuchte, die
Vergangenheit zu bewältigen. Er sollte das akzeptieren.
»Liana hat mir ein
neues Leben geschenkt. Sie ist eine großartige Frau, nicht nur
deswegen. Auch wenn sie menschlich ist.«
Victor musste sich
setzte. »Hat meine Aufforderung an dich also Früchte getragen?«
Traian nickte, fuhr
sich mit der Hand erneut über seinen kahlen Kopf.
»Deine Haare werden
wieder wachsen.« Victor wurde mutiger. Traian war wesentlich
zugänglicher geworden. »Was wirst du mit deinem neuen Leben
anfangen, Traian Constantinescu?«
Verhalten lächelte
er. »Zuerst muss ich trainieren. Tagelang im Bett zu liegen fördert
nicht gerade die Kondition.« Er schluckte. »Es wird ein wenig
dauern, bis ich wieder ganz der Alte bin.«
»Bloß nicht.« Na
geschickt war die Formulierung aber jetzt nicht. »Der alte Traian
war in Ordnung, aber der neue gefällt mir besser.« Victor spürte
das Schmunzeln in seinem Gesicht. Er wagte, seine Hand auf Traians
Schulter zu legen.
»Seit das Zeug aus
meinem Kopf verschwunden ist, kann ich so viel mehr empfinden und
wahrnehmen. Es ist so fantastisch.«
Traian hatte nach
der Operation jedes Wort vernommen, jede Geste von Liana, ihre
Bemühungen, ihre Zweifel vor allem aber auch ihre Liebe gespürt.
Trotz allem war es ihm nicht gelungen sich zu äußern, sich auch nur
zu bewegen. Erst als Victor ihm die Augen geöffnet hatte, ihn zur
Selbstheilung aufforderte, fand er endlich einen Weg aus diesem
ohnmächtigen Zustand heraus. Sämtliche Sinne, die einen Vampir
auszeichneten, hatten sich durch die Entfernung der Implantate um ein
Vielfaches verstärkt. Deshalb spürte Traian Lu Hong Sung bereits,
bevor dieser das Gebäude betrat. Zwar fühlte er sich noch sehr
schwach, dennoch gelang es ihm, bis in die Umkleideräume zu
flüchten. Dort hatte er die Kleidung des Krankenpflegers angezogen
und stahl sich aus dem Krankenhaus nach Popescu.
Victor sah
erleichtert aus. »Ich halte es für das Beste, wenn du vorerst bei
Sergiu wohnst. Dann kann Liana noch ein bisschen Krankenschwester
spielen.« Victor grinste.
»Ich habe kein
Problem damit hier zu bleiben.« Traian wollte nicht mehr davon
rennen. Diese Zeit sollte vorbei sein. Er erwiderte das Grinsen.
Victor seufzte.
»Aber ich! Manuel hat ein Kopfgeld auf dich ausgesetzt.« Ja, das
war ihm nicht entgangen. Nur bisher hatte ihn keiner erkannt, dem er
hier über den Weg gelaufen war.
»Er wird nicht
merken, dass ich hier bin.« Damals hatte er sich hinter seinen
langen Haaren versteckt, niemand kannte wirklich sein Gesicht.
»Wann hast du das
letzte Mal etwas gegessen? Wann hast du einen guten Schluck Blut
bekommen?« Victor stand auf. »Ich werde versuchen, einen
unauffälligen Ausgang zu finden, dann hole ich das Auto und fahre
dich zu Sergiu. Hier kann ich nicht für dich sorgen. Es wird
auffallen, wenn ich plötzlich täglich herkomme und einen Sack
Blutkonserven mitbringe.«
Richtig! Victor
gehörte zu den Hartnäckigen. Traian seufzte tief. »Schon gut, du
hast gewonnen.« Victor machte einen Schritt rückwärts. Traian
erhob sich ebenfalls. »Ich zieh den Schwanz ein und verkrieche mich,
wie ein räudiger Straßenköter.« Er ging ein Stück voraus, drehte
sich zu Victor um. »Wo steht dein Wagen?« Victor wirkte perplex.
Vermutlich hatte er mit seiner Reaktion nicht gerechnet.
Für Victor
entwickelte sich dieser Tag zu einem Feiertag. Nach sieben langen,
ungewissen
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