Fluegel der Dunkelheit
meinte ein brennender Schmerz würde im nächsten Moment
einen Herzstillstand auslösen.
»Wozu?« Bururesti
stand auf, lief unruhig auf und ab. Deutlich war ihm anzumerken, wie
sehr ihm diese Geschichte nahe ging. »Ihnen dürfte die Gewinnung
von Enzymen bei Vampirfledermäusen etwas sagen.«
Das musste ein übler
Scherz sein. »Nein«, glitt ihr ungewollt über die Lippen. Eisige
Kälte zog an ihren Schultern herunter. »Doch, natürlich. Das kann
aber nicht der Grund gewesen sein – oder etwa doch?«
»Leider ja!« Der
Anwalt schluckte hart. »Tatsache ist, dass auch Vampire über dieses
Enzym verfügen und der Ertrag bei einem Vampir weitaus lohnender
ist, als bei diesen kleinen Säugetieren. Die Ärzte haben
Gewebeproben entnommen, aus allen nur möglichen Ecken eines
Vampirkörpers. Sie haben unvorstellbare Experimente durchgeführt,
bei denen für mich teilweise nicht nachvollziehbar ist, wo da der
medizinische Nutzen war. Alle drei Vampire erhielten eine Drainage,
die sie sozusagen bändigte.«
Liana hatte sofort
das Bild aus dem ersten OP-Saal vor Augen.
»Die Hormone für
die übermenschliche Kraft, über die Vampire verfügen, werden in
ihrer Milz gebildet. Die Mediziner haben ihnen nicht nur ständig den
Speichel abgesaugt, sondern auch das wertvolle Blut aus der Milz
entnommen. Dadurch wurden sie zu schwach, um Widerstand zu leisten.
Sie bekamen nur sehr wenig Blut als Nahrung, damit beschränkte man
ihre Stärke auf ein geringes menschliches Level. Es muss für die
Drei unvorstellbar qualvoll gewesen sein, denn Vampire durchleben bei
Blutverlust massive Schmerzen im ganzen Körper.« Sergiu schluckte
mehrmals, fast schien es Liana, als kämpfte er gegen Tränen, die er
nicht zeigen wollte. Als er leise weitersprach, klang es, als hätte
er einen Kloß im Hals. »Luca erhielt drei Implantate. Allerdings
ist es nie gelungen, eine Verbindung zu ihnen herzustellen.
Vermutlich ging es darum, ihn zu manipulieren, ihn zu verändern, ja
vielleicht sogar, ihn zu steuern.«
Liana war nach einem
Schrei zumute, der all diese erdrückenden, schmerzenden
Empfindungen, die sie mit dieser Erkenntnis spürte, aus ihr heraus
ließ. »Das ist alles entsetzlich! Furchtbar!« Jetzt sehnte sie
sich danach, bei Traian zu sein, ihm zu zeigen, wie begehrenswert er
war. Könnte sie doch nur mit ihrer Liebe seine Wunden heilen und
diese Zeit ihn vergessen lassen.
Victors Miene wirkte
auf Liana sehr ernst, als er zu reden begann. »Als ich vor zwei
Jahren Luca begegnet bin, habe ich versucht, mich mit ihm
anzufreunden und nur das allein war schon schwierig.« Er holte tief
Luft. »Ich hatte ihm einen OP-Mundschutz mitgebracht, wollte ihm nur
vorgeschlagen, seine auffälligen Zähne dahinter zu verstecken. Er
ist total ausgerastet, was für mich sehr überraschend kam. Zu
diesem Zeitpunkt hatte ich keine Ahnung warum. Heute kann ich sehr
gut nachvollziehen, was in ihm vorgegangen sein muss.«
Kein Wunder, er war
schwer traumatisiert. Seine Reaktion von gestern war dagegen noch
harmlos abgelaufen. Liana konnte kaum atmen, so heftig schmerzte ihre
Brust, als sie über Traians Vergangenheit nachdachte.
Bucuresti setzte
sich wieder. »Zur Krönung dieser qualvollen Experimente wurde Luca
mit Riemen der Demütigung sowie mit dem Charme der Weiblichkeit
einer uns bekannten Krankenschwester zur Samenspende aufgefordert. Da
sich diese Aufzeichnung ziemlich weit am Ende seines Leidensweges
befindet, gehen wir davon aus, dass unser kleiner Veit der erste
Halbvampir ist, den ich kenne und obendrein noch Lucas Sohn.«
Das war also das
Geheimnis um Veit. Sie erinnerte sich an die Begegnung zwischen
Traian und Klingberger. »Euresgleichen werden mit unseresgleichen
niemals etwas gemeinsam haben«, hatte Traian gesagt und Klingberger
hatte ihm widersprochen. Denn Veit war Mensch und Vampir vereinigt in
einem Körper.
Liana sah zu ihm,
der die ganze Zeit neben Victor auf der Couch stand und mit Victors
Zopf herumspielte. Wahrscheinlich war Veit bisher nie einem Vampir
begegnet. In seiner bisherigen Umwelt gab es nur Menschen. In diesem
Moment erinnerte sie sich an Bettinas Worte. »Sie werden ihn
quälen.« Der Gedanke an derartige Experimente, wie Bucuresti
beschrieben hatte, war schon entsetzlich genug, aber diesem süßen
Fratz die Milz anzuzapfen, ihm damit Schmerzen zuzufügen, fühlte
sich für sie einfach unerträglich an. Ihr fielen die Bilder ein,
die sie gestern im Keller gesehen hatte.
Nein! Das durfte mit
Veit nicht
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