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Fluegelschlag

Titel: Fluegelschlag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanine Krock
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ihres Studiums hatte sie einer Forschungsgruppe angehört, die sich mit den Vorkommen großer Raubvögel beschäftigte, und schon allein aus diesem Grund waren ihr die abgelegenen Gebiete Schottlands nicht fremd.
    Ohne Karte und nur nach dem Sonnenstand war sie allerdings noch nie gewandert, doch warum auch immer: Juna vertraute auf Finns Gespür. Zudem erschien es ihr logisch. Der Attentäter - sofern er nicht irgendwo im Unterholz saß - erwartete, dass sie beide nicht mehr lebten. Warum also sollten sie ihn vom Gegenteil überzeugen und sich erneut in Gefahr bringen, indem sie bekannten Wegen folgten?
    Also bezwangen sie gemeinsam zum zweiten Mal den Berg, der sich hinter ihrem Cottage erhob, stiegen heute aber auf der anderen Seite hinab und durchquerten danach ein menschenleeres Tal, das mit wilder Heide bedeckt und von trügerischen Mooren durchzogen war.

    Finn führte sie trittsicher über verborgene Wasserläufe, und im unwegsamsten Gebiet fand er noch einen Wildpfad, dem sie folgen konnten. Über ihnen segelte seit Stunden ein Adler auf der Suche nach Nahrung, und ein- oder zweimal stieß er pfeilschnell hinab, um seine Beute zu greifen. Als sie ein Gebiet erreichten, in dem es Bäume und Sträucher gab, sahen sie sogar Hirsche, die friedlich ästen und sich nicht um das merkwürdige Duo kümmerten. Hasen kreuzten ohne Angst ihren Weg, ein paar Schafe schauten ihnen blökend nach, und Finn führte sie nicht nur im Bogen um eine Herde furchteinflößender Highlandrinder, er fand auch die versteckt liegenden Quellen, an denen sie Seite an Seite ihren Durst löschten.
    »Bist du sicher, dass du weißt, wohin wir müssen?«
    Beinahe vorwurfsvoll sah er sie an.
    Juna folgte ihm also weiter und war nicht überrascht, als sie am Ende des Tages im Zwielicht auf der Wiese hinter dem Haus ihrer gestrigen Bed & Breakfast-Pension stand.
    »Und jetzt?«
    Finn sah sie starr an.
    »Keine Reaktion ist auch ein Zeichen.« Juna seufzte. Sie war müde und hungrig und keineswegs sicher, die richtige Entscheidung zu treffen. Aber was blieb ihr anderes übrig, als den Browns zu vertrauen? Sie waren die einzigen Menschen, die sie in der Gegend kannte. »Also gut, komm.«
    Erschöpft und vermutlich ziemlich wüst aussehend, klingelte sie an der Tür.
    Das freundliche Gesicht ihrer Wirtin erschien. »Willkommen … Oh!« Sie öffnete die Tür weiter. »Um Himmels willen, Mädchen. Was ist passiert?«

    Bereitwillig ließ sich Juna in die Wärme des hell erleuchteten Hauses ziehen. Kurz darauf hörte sie Finn schmatzend ein improvisiertes Abendessen herunterschlingen und hielt eine übergroße Tasse mit heißem Tee in beiden Händen. Als sie von dem wohlriechenden Gebräu kostete, schmeckte Juna unter all dem Zucker und reichlich Milch auch Whisky heraus. Sie lächelte. Hier meinte man es gut mit ihr.
    »Danke!«
    »Was ist passiert?« Mrs Brown stellte ihre Tasse auf den Tisch und sah sie erwartungsvoll an.
    Es half nicht, drum herumzureden, also sagte Juna möglich beiläufig: »Mein Auto ist in die Luft geflogen.«
    »Um Himmels willen. Wie konnte das passieren?«
    »Ich habe keine Ahnung.« Juna erzählte in leicht abgewandelter Form, wie sie die Tür aufgeschlossen und ihre Handtasche hineingestellt hatte, um dann noch einmal zum Haus zurückzukehren.
    »Dann war es ein Zeitzünder. Nicht sehr professionell, wenn ich das sagen darf.«
    Juna hob erstaunt eine Augenbraue. »Woher …«
    »Ich lese Krimis.«
    »Ach so, natürlich.« Unvermittelt stahl sich ein Lächeln in ihre Augen. Bei genauerer Überlegung musste sie jedoch zugeben, dass Mrs Brown durchaus Recht haben könnte. Hätte jemand die Explosion aus der Ferne ausgelöst, dann hätte er dies erst getan, wenn sie eingestiegen wäre. Mit der Zündung konnte der Sprengstoff auch nicht verbunden gewesen sein. War dieses Attentat das Werk eines Dilettanten, oder sollte es lediglich eine weitere Warnung sein?
    Während sie an einer zweiten Tasse Tee nippte, dachte
sie, dass die Krimileidenschaft ihrer Wirtin gerade recht kam. »Wo ist Mr Brown?«, fragte Juna schließlich.
    »Er ist heute Mittag in See gestochen.« Die Wirtin kicherte. »Ist es nicht wunderbar, einen Seemann zum Gatten zu haben?«
    Juna war sich nicht ganz sicher, was sie damit meinte, schlug aber ein, als die Frau ihre Hand ausstreckte und sich mit ernster Miene vorstellte: »Heather. Du musst mich Heather nennen. Schließlich arbeiten wir zukünftig zusammen.«
    »Ich bin Juna. Ähm … angenehm.« Anfangs

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