Fluegelschlag
antiken Schatulle, warf
den Deckel achtlos zurück und steckte einige glitzernde Schmuckstücke ein.
Arian, der alles von der Tür aus beobachtet hatte, beschloss, nun doch etwas zu unternehmen. Was Menschen taten, war ihm zumeist herzlich gleichgültig gewesen - und auch jetzt sorgte er sich keineswegs um das Seelenheil des Diebs. Aber er hatte recht konkrete Vorstellungen von dem, was er mit einem Mann machen wollte, der im Begriff war, Juna zu bestehlen. Dieser Schmuck mochte vielleicht nicht allzu kostbar sein, doch er schien ihr besonders am Herzen zu liegen. Zumindest schloss Arian dies aus der Tatsache, dass sie ihn nicht in einem Safe, sondern dicht an ihrem Bett aufbewahrte. Dass er Probleme bekommen könnte, weil er seine Kompetenzen überschritt, war ihm egal. Es dauerte nicht länger als einen Wimpernschlag, und er wurde sichtbar.
»Gefunden, was du gesucht hast?« Mit verschränkten Armen lehnte er in der Tür.
»Scheiße!« Erschrocken drehte sich der Mann um und blieb mitten im Raum stehen. »Teufel!«
»Hast du jemand anderen erwartet?« Arian lachte, und der Eindringling zuckte zusammen, als sei er bei mehr als nur einem Diebstahl ertappt worden. Bevor er jedoch etwas erwidern konnte, fragte Arian: »Mit welchem Recht hältst du dich in diesem Zimmer auf?«
Der Mann musterte ihn, bis sich seine Mundwinkel zu einem Grinsen verzogen. »Ein Hausgast, was? Lass mich raten, du bist einer dieser Penner, die Juna ständig zusammenflickt.« Sein Blick glitt über den Verband an Arians Schulter und ruhte dann auf dem Kilt, der immer noch sein einziges Kleidungsstück war. Der Anblick schien ihm nicht zu gefallen. »Du trägst die MacDonnell-Farben?« Die
Stimme wurde scharf. »Du bist ihr neuer Lover! Ich gebe dir einen guten Rat, mein Freund: Verschwinde lieber, bevor es zu spät ist.«
Weniger diese rätselhaften Worte als vielmehr der verächtliche Tonfall waren schuld daran, dass Arian beinahe seine derzeit überaus instabile Selbstbeherrschung verlor. Mit mühsam unterdrücktem Ärger sagte er: »Nachdem das geklärt ist, verrate mir doch bitte, wer du bist.« Sein Körper spannte sich, bereit zum Kampf. Einem aufmerksameren Gegner hätten die harten Linien in seinem Gesicht verraten, wie viel Mühe es ihn kostete, nicht die Beherrschung zu verlieren. Nur ein winziger Augenblick der Nachlässigkeit hätte genügt, und der Fremde wäre sehr wahrscheinlich angesichts seiner wahren Identität wimmernd vor ihm zusammengebrochen. So groß das Vergnügen auch war, das ihm diese Vorstellung bereitete, seine innere Stimme warnte: Arian, lass es! Du weißt doch noch nicht einmal selbst, wer du jetzt bist. Da sprach zweifelsohne die Vernunft, die ihm klarzumachen versuchte, dass er in seiner momentanen Situation andere Sorgen hatte als die Beleidigungen eines Einbrechers. Der nutzte sein Zögern und versuchte, sich an ihm vorbeizudrängen.
Arians Arm schnellte vor, und die Hand schloss sich mit tödlicher Präzision gerade so weit um den Hals des Flüchtigen, dass dessen Protest in einem gurgelnden Laut unterging. »Wer. Bist. Du?« Er lockerte leicht den Griff, um dem anderen eine Antwort zu ermöglichen.
»Jo…« Der Rest ging in einen Hustenanfall unter. »Ich bin John«, versuchte der Dieb es noch einmal, und der Tonfall verriet, dass er damit seine Anwesenheit und sein Tun legitimiert sah.
»Dann hör mir gut zu, John! Du legst jetzt das Geld und den Schmuck zurück, und dann will ich dich hier nie wieder sehen!« Dabei gab er ihm einen Stoß, der ihn bis auf das Bett zurücktaumeln ließ.
»Welches Geld?«, versuchte sich John herauszureden und rieb sich die Kehle. »Ich habe nichts genommen, was mir nicht sowieso zusteht.«
Arian sah ihn starr an.
»Schon gut!« Er sprang auf, griff in die Hosentasche und zog etwas Glitzerndes hervor, das sich bei genauerem Hinsehen als Diamantcollier entpuppte. Mit verächtlicher Miene warf er die Juwelen in die Schatulle zurück. Zwei Ohrringe und eine Anstecknadel folgten. »Zufrieden?«
»Das Geld!« Arian legte gerade genug von der Macht, die ihm innewohnte, in seine Stimme, dass John erneut zurückwich.
Mit zitternden Fingern zog er die Scheine aus seiner Tasche und hielt sie ihm hin.
Arian sah ihm in die wasserblauen Augen. »Ich frage nicht noch einmal: Was hast du hier zu suchen?«
»John ist mein Bruder.«
Er hatte Junas Ankunft nicht gespürt, und als er jetzt herumwirbelte, fiel ihr Blick auf das Geld in seiner Hand. »Was geht hier
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