Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Fluegelschlag

Titel: Fluegelschlag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanine Krock
Vom Netzwerk:
der erdige Geruch,
den sie schon im Pub wahrgenommen hatte, wurde geradezu überwältigend stark. Sie dufteten wirklich alle unterschiedlich. Anders als bei Cathure, standen hier das Aroma von Heide, Torf und einem Hauch von Meer im Vordergrund.
    Warum sie Düfte analysierte, anstatt zu fliehen, begriff sie in diesem Augenblick ebenso wenig wie das Fernbleiben ihres Feuers, das sich ansonsten manchmal in den harmlosesten Situationen zurückmeldete.
    »Mach doch mal das Licht an. Sie sieht im Dunkeln nichts.«
    Sofort flammte die Nachttischlampe auf.
    Juna erkannte den zweiten Pub-Besucher, den, an den sich Heather nicht genau hatte erinnern können. Und jetzt nahm sie auch seinen Duft wahr: Von ihm stammte der Meeresgeruch. Sein Element musste das Wasser sein.
    »Kann ich dich jetzt loslassen, ohne dass du schreist?«
    Juna nickte, und die Hand verschwand von ihrem Mund. »Was habt ihr mitten in der Nacht in meinem Zimmer zu suchen?«
    Der Feenmann stellte eine kleine Tasche auf Junas Nachttisch ab. »Der Prinz schickt uns. Du sollst morgen nach Glasgow zurückkommen.«
    »Und was ist mit meinen Sachen? Dem Autowrack?«
    »Das Haus haben wir ausgeräumt, es ist alles im Wagen. Niemand wird irgendwelche Spuren entdecken.« Er gab einen zufriedenen Laut von sich.
    »Das war übrigens eine nette Verkleidung, die du dir da ausgedacht hast«, sagte er völlig überraschend. »Fast hätte ich dich nicht erkannt.« Anerkennung schwang in seiner Stimme mit.

    »Danke!«, sagte Juna und meinte damit nicht nur das Kompliment. »Wisst ihr, wer …«
    »Das finden wir noch heraus.«
    Der andere tippte sich wie zum Gruß mit zwei Fingern an die Mütze, und fort waren sie. In der zurückgelassenen Tasche fand Juna ein Handy, eine gut gefüllte Börse sowie einen Autoschlüssel. Erleichtert kuschelte sie sich in ihre Kissen und versuchte, noch ein wenig zu schlafen.
     
    Am Morgen lief sie hinaus, um nachzusehen, ob sich ihre Sachen tatsächlich im Auto befanden. Soweit sie es sehen konnte, fehlte nichts. Rasch suchte sie sich passende Kleidung für die Rückfahrt zusammen. Als sie ins Haus zurückkehren wollte, stand Heather verschlafen in der Tür.
    »Hey! Ist das dein Ersatzwagen?« Sie kam trotz der kühlen Luft heraus, zog den geblümten Morgenmantel enger um ihre Taille und ging um den SUV herum, dessen schwarz glänzender Lack vom frühen Tau bedeckt war. »Alle Achtung, der ist nicht übel. Wen hast du gestern überhaupt angerufen, deinen Vater?«
    Diese Vorstellung war so absurd, dass Juna lachen musste. »Bestimmt nicht. Und Heather, bitte tu mir einen Gefallen.«
    »Jeden, Schätzchen, jeden.«
    »Sag ihm nicht, dass ich hier war.«
    Das Lächeln verschwand aus Heathers Gesicht. »So steht es also mit euch? Wie schade. Von mir erfährt er nichts, und Mr Brown wird auch nichts sagen. Du kannst dich auf uns verlassen.«
    Nach dem Frühstück versuchte sie, ihre Unterkunft zu bezahlen, aber Heather wollte nichts davon wissen.

    »Das war doch selbstverständlich!« Sie winkte ab und drückte ihr eine Tüte mit Proviant in die Hand.
    Schließlich blieb Juna nichts anderes übrig, als eine großzügige Summe unter dem Kopfkissen in ihrem Zimmer zu hinterlassen, wo Heather sie erst nach ihrer Abreise finden würde. Sie verabschiedeten sich wie alte Freundinnen, und Juna sah im Rückspiegel, dass sie noch lange winkte.
    Schnell hatte sie sich an das neue Fahrgefühl gewöhnt, und Finn fühlte sich ohnehin überall wohl, wo er sein Lieblingskissen vorfand.
    Die Überfahrt nach Mallaig verlief ereignislos, wenn man einmal davon absah, dass sich den wenigen Passagieren der Fähre eine fantastische Sicht auf die Berge bot. Die Luft wehte ihnen kühl um die Nase, und Juna stellte sich, mit Perücke und Hut vor dem Wind bestens geschützt, an die Reling, um sich den Rest ihrer nächtlichen Müdigkeit fortblasen zu lassen. Nachdem die Fähre angelegt hatte, fuhr sie als Letzte der Passagiere ans Land. Hätte sie nicht immer wieder in den Rückspiegel geschaut, um sicherzugehen, dass ihr niemand folgte, die Fahrt wäre ihr wie ein Ausflug vorgekommen. Hinter Fort William klingelte ihr Handy.
    Ohne Einleitung fragte Cathure: »Du hättest mir sagen müssen, dass noch jemand in der Pension gewohnt hat.«
    »Hör mal, ich hatte einen scheußlichen Tag hinter mir …«
    »Kannst du ihn beschreiben?«
    Juna überlegte einen Augenblick. »Mittelgroß, dünn, hellrote Haare.« Sie seufzte. »Das hilft nicht weiter, oder? So sehen dort viele

Weitere Kostenlose Bücher