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Fluegelschlag

Titel: Fluegelschlag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanine Krock
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entwischt war. Außer Lucian und Nephthys bist du die einzige nicht unmittelbar Beteiligte, die davon weiß.«
    »Nicht einmal Gabriel?«
    »Bisher nicht - glaube ich.«
    »Und trotzdem hat Nephthys dich zu einem ordentlichen Engel gemacht. Jetzt verstehe ich auch, warum du dich ihr so verbunden fühlst. Hat er sich schon mal bei dir gemeldet?«
    Arian reagierte entsetzt. »Zum Glück nicht.«
    »Möchtest du manchmal … ich meine, bist du nicht neugierig darauf, deinen Vater einmal persönlich kennenzulernen?«

    »Viel lieber würde ich meine Mutter fragen, was sie sich dabei gedacht hat, sich mir ihm einzulassen.«
    Juna wagte ihren Gedanken kaum auszusprechen. »Vielleicht hatte sie keine andere Wahl.«
    »Darüber mag ich gar nicht nachdenken.« Arians Worte waren kaum zu hören.
    Juna lehnte sich an seine Schulter. Schlimm genug, wie einst Moses ausgesetzt worden zu sein, aber wie furchtbar musste es für ihre Mütter gewesen sein! Wobei ihre immerhin einen glücklichen Sommer mit Junas Vater verbracht hatte, was von Arians Mutter nicht anzunehmen war. Juna ergriff seine Hand. »Weißt du, eigentlich ist es egal, wer unsere Eltern sind. Wichtig ist, wer wir sind.«
    Arian wollte etwas entgegnen, als draußen ein Schuss fiel. »Leg dich flach auf den Boden!«
    Da war er wieder, der soldatische Ton, der keinen Widerspruch duldete. Er schob Juna vom Sofa und sprang auf. Noch bevor Arian die Terrassentür erreicht hatte, war er für die meisten Sterblichen unsichtbar geworden. Juna dagegen genoss trotz der beängstigenden Situation den Anblick seiner silbernen Schwingen, bevor er über die Balkonbrüstung verschwand.
    Sie kam sich inzwischen unter all den Engeln in ihrer Umgebung unvollkommen vor und wünschte sich insgeheim, selbst so wundervolle Flügel zu besitzen - und sei es auch nur für einen kurzen Augenblick.
    Draußen heulten Sirenen, ein Krankenwagen kam und hielt irgendwo in unmittelbarer Nähe ihres Hauses.
    Das Liegen auf dem harten Boden war unbequem. Juna setzte sich auf, auch, um besser hören zu können. Zum Fenster zu gehen, wagte sie nicht.

    Nach kurzer Zeit kehrte Arian lautlos zurück.
    Juna erschrak, als er so plötzlich über ihr stand. »Was war da los?«
    Er ließ sich neben ihr auf den Boden sinken. »Du tust nie, worum ich dich bitte, oder?«
    »Von Bitten kann wohl keine Rede sein!« Aber er hatte es ja gut gemeint. »Ich habe mich so hilflos gefühlt«, sagte sie und hoffte, etwas verbindlicher zu klingen. »Was ist passiert? Wurde jemand angefahren?«
    »Angeschossen.«
    »Wie schrecklich! Geht das schon wieder los?«
    Arian wusste, dass sie an die Schießereien im Sommer dachte, die ganz Glasgow verunsichert hatten. Er stand auf, reichte Juna die Hand und zog sie auf die Füße. »Das war nicht irgendein Irrer. Die Verletzte hatte langes rotes Haar, etwa deine Größe und führte einen schwarzen Hund an der Leine.«
    »Wo ist der Hund? Sie haben ihn doch nicht etwa mit ins Krankenhaus genommen?«
    »Es ehrt dich, dass du immer zuerst an die Tiere denkst.« Er nahm sie in den Arm. »Nein, der Hund sitzt unverletzt unten beim Wachmann und wartet darauf, abgeholt zu werden.«
    »Vielleicht sollten wir ihn bis dahin zu uns heraufholen.«
    »Juna! Wir sollten vor allem herausfinden, wer geschossen hat. Der Anschlag war dilettantisch, aber wenn du anstelle dieser Passantin dort entlanggegangen wärest, dann würdest jetzt auch du an ihrer Stelle um dein Leben kämpfen.« Er blickte mit einem bitteren Gesichtsausdruck aus dem Fenster. »Und ich könnte dir nicht helfen.«
    Der Nachsatz war es, der sie ganz plötzlich begreifen ließ,
dass ihr tatsächlich jemand nach dem Leben trachtete - und zwar ein Mensch, was ihr besonders verwerflich erschien, weil sie sich nicht erinnern konnte, jemals etwas getan zu haben, für das sie den Tod verdient hätte. Zudem war es in diesem Fall kein höheres Wesen, gegen das sie sich im offenen Kampf immerhin zur Wehr setzen konnte … um dann hoffentlich wenigstens ehrenhaft abtreten zu können. Nein, es war ein feiger Attentäter, der bereits versucht hatte, sie in die Luft zu sprengen, und sie jetzt auf offener Straße erschießen wollte und dabei eine vollkommen unschuldige Passantin schwer verletzt hatte.
    Und noch etwas wurde ihr bewusst: Sie hatte die Pflicht, besser auf ihre Sicherheit zu achten. Arian zuliebe, und weil sie auch von ihm verlangen würde, sich nicht blindlings in ein gefährliches Abenteuer zu stürzen. Natürlich stürzte er sich

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