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Fluegelschlag

Titel: Fluegelschlag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanine Krock
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Schmuckschatulle und betrachtete den Anhänger, der daran hing.
    Ihre Großmutter hatte ihr kurz vor ihrem Tod beides in die Hand gedrückt. Eines Tages wirst du wissen, dass sie zu dir gehört.
    Sehr häufig hatte Juna das zauberhafte Amulett in Händen gehalten. Vor ihrer letzten Prüfung war sie beinahe sicher gewesen, dass jetzt der richtige Zeitpunkt gekommen war, es zu tragen. Doch immer, wenn Juna sie umlegen wollte, warnte sie eine innere Stimme davor.
    Jetzt nahm sie die Kette voller Zuversicht heraus, öffnete den aufwendig verarbeiteten Verschluss und verharrte kurz. Niemand mischte sich heute in ihre Entscheidung ein, selbst dann nicht, als sie ihn kurz darauf im Nacken sorgfältig schloss. Das kostbare Schmuckstück glitt über ihre Haut und fand seinen Platz oberhalb des Dekolletés, als gehöre es genau dorthin.
    Sie sah auf die Uhr. Noch eine Minute. Arian rief nicht zum ersten Mal ihren Namen, und nach einem letzten Blick in den Spiegel öffnete sie die Tür. Gerade rechtzeitig, um Zeugin von Lucians Rückkehr zu werden.
    Als der Dämon sie erblickte, fehlten ihm zum ersten Mal die Worte. Schließlich quittierte er ihr Erscheinen mit einem sehr ehrlich klingenden Ausruf. »Oh! Ein bisschen anders, als ich es mir vorgestellt hatte, aber …« Er zwinkerte ihr zu. »Er wird beeindruckt sein.«
    Arian stöhnte: »Das glaube ich nicht!«

    Doch bevor er mehr sagen konnte, drängte Lucian zur Eile. Mit den Worten: »Er hasst Unpünktlichkeit!«, legte er eine Hand um Arians und eine um Junas Taille, breitete seine Schwingen aus und machte sich mit ihnen auf den Weg durch Zeit und Raum.
    Die Leere, die Juna bei ihrer ersten Reise in die Unterwelt befallen hatte, versuchte auch jetzt, ihre Gedanken zu lähmen. Gelingen wollte es dieses Mal indes nicht, und dieses Wissen gab ihr Kraft, sich dem Sog des Bösen nicht weiter entgegenzustemmen.
    »Sehr tapfer!« Jemand flüsterte diese Worte, und sie war sicher, dass es nicht der Wind, sondern Lucians Lippen waren, die ihren Hals streiften.
    Von allem, was danach geschah, blieb ihr eine flüchtige Erinnerung, wie sie es von Träumen kannte, die ihr nach dem Erwachen umso schneller entglitten, je mehr sie sich bemühte, nichts davon zu vergessen.
    Doch einige wenige Details wusste sie noch. Es war dunkel gewesen, Lucian hatte mit jemandem gesprochen. Ein steinerner Wächter war plötzlich zum Leben erwacht und hatte sie durch ein Tor geführt, das dem berühmten Sha’ar Shechem zum Verwechseln ähnlich war, aber die Welt dahinter hatte keine Ähnlichkeit mit der historischen Altstadt von Jerusalem gehabt. Sie wirkte wüst und leer, und Juna fröstelte in ihrem dünnen Gewand, bis Lucian sie enger an sich zog und wärmte, während Arian plötzlich von seiner linken Seite verschwunden war.
    Juna zwang sich, die Augen zu öffnen, und fand sich in einem geradezu futuristischen Gebäude wieder. Über ihr wölbte sich ein enormes Glasdach, das den Blick auf einen blauen Himmel freigab. Ihre Sohlen versanken in einem
weichen Teppich, und es herrschte - wäre der Begriff nicht unpassend gewesen, hätte sie gesagt - himmlische Ruhe. Bis Arian kam.
    Er krachte wie ein abgeschossener Vogel auf den Boden und fluchte vernehmlich, während er auf die Füße sprang.
    »Mein lieber Freund, welch eine Sprache!« Lucian tat betroffen. »Wie ungeschickt von mir, dich unterwegs zu verlieren. Aber deine Kleine hat mir einfach die Konzentration geraubt.«
    »Idiot!« Arian klopfte sich Staub von der Kleidung, der gewiss nicht aus dem Teppich stammte.
    Juna befreite sich aus Lucians sicherem Griff und eilte zu Arian hinüber, um sich zu vergewissern, dass ihm nichts fehlte.
    In diesem Augenblick öffnete sich eine übergroße Holztür und gab den Blick auf eine weitere, mit rotem Leder gepolsterte Tür frei. Eine Frau kam heraus. »Was ist hier los?«, wollte sie wissen. Dann erkannte sie Lucian, und ihre Miene hellte sich auf. »Ah, du bist pünktlich! Welch nette Abwechslung.«
    Wohlwollend lächelte sie auch Arian an. Juna war nicht überrascht, dass sie selbst nur einen kalten Blick erntete. Mehr als alles andere bewies die Reaktion der höllischen Schönheit, dass sie sich für die richtige Garderobe entschieden hatte. Juna zwinkerte ihr zu und zeigte ein strahlendes Lächeln.
    Die Dämonin riss sich sichtlich zusammen und schwebte problemlos auf ihren atemberaubend hohen Absätzen über den Teppich, der Juna bei den wenigen Schritten, die sie bisher getan hatte, eher wie eine

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