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Fluegelschlag

Titel: Fluegelschlag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanine Krock
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dicke Matratze als wie Bodenbelag vorgekommen war.

    Männer sind doch alle gleich, ob sie Flügel haben oder nicht! Ihre Begleiter hatten beim Anblick der vollendeten Figur in einem fantastisch gutsitzenden Kostüm ganz offensichtlich andere Gedanken als Juna.
    Nachdem das Teufelsweib längst um die nächste Ecke verschwunden war, fand Juna es an der Zeit, dem Starren ein Ende zu setzen, und räusperte sich. Sofort wandten sich ihr zwei schuldbewusst blickende Augenpaare zu.
    »Wer war das?«
    Lucian hatte noch immer diesen verklärten Gesichtsausdruck, als er antwortete: »Das war Signora Tentazione, die den guten Oscar Wilde zu dem Bonmot Allem kann ich widerstehen, nur der Versuchung nicht inspiriert hat.«
    »Sehr interessant. Und wie geht es jetzt weiter?«
    Er grinste. »Bellissima, du hast gefragt. Ich habe geantwortet.«
    Die doppelten Bürotüren öffneten sich wie von Geisterhand, Signora Tentazione erschien erneut und wies sie alle drei an, einzutreten. Juna wusste genug über Gehenna, um sich nicht darüber zu wundern, dass die Dämonin zweimal aus dem gleichen Raum gekommen war, ohne zwischendurch wieder dahin zurückzukehren.
    Sie sah sich um und staunte. Das Büro eines Erzdämons, oder wie Lucian ihn respektvoll nannte, des Lichtbringers, hatte sie sich anders vorgestellt. Dass sie jedoch in der Schaltzentrale der Macht angelangt waren, war unübersehbar. Ein Eckbüro, natürlich. Fensterscheiben, die von der Decke bis zum Boden reichten. Der dunkle Schreibtisch, exakt ausgerichtet, bildete die Basis dieses ansonsten gläsernen Dreiecks. Eine solide Basis mit den Maßen einer mittelgroßen Banketttafel. Übersichtlich war auch die Ausstattung: ein geschlossenes
Notebook, links daneben ein mobiles Telefon. Einen krassen Gegensatz zu dieser aufgeräumten Sachlichkeit stellte die perlweiße Schreibfeder dar, die quer über einer kleinen Porzellanschale lag. Täuschte sie sich, oder hing noch ein Tropfen Blut am Federkiel? Damit also ließ der Hausherr seine Verträge unterzeichnen. Das schreit ja regelrecht: Klischee! Juna wollte trotzdem lieber nicht wissen, woher er sein Schreibwerkzeug bezog, und wandte sich schnell ab.
    Ihr Blick glitt über eine elegante Sitzgruppe, Lampen im Bauhaus-Design und blieb schließlich an einem geöffneten Triptychon hängen, das, ebenso wie die weiße Feder, nicht so recht in diese kühle Umgebung passen wollte.
    Von wem mochte es sein? Sie hatte diese Motive ganz bestimmt schon einmal gesehen, und wäre gern näher gegangen, um sie genauer zu betrachten. Den ersten Schritt hatte Juna bereits getan, als Arian sie am Arm fasste und an seine Seite zwang.
    »Bist du verrückt geworden, hier allein herumzuwandern?«
    »Ich wollte mir nur das Bild ansehen«, versuchte sie sich zu entschuldigen. Insgeheim war sie ihm allerdings dankbar für sein Eingreifen. Sie fragte sich, warum sie sich dermaßen entspannt fühlte, und gab sich gleich selbst die Antwort: Natürlich war das Teufelswerk. Es gehörte zu seinen Strategien, Menschen in Sicherheit zu wiegen, bis sie mit offenen Augen in seine Falle getappt waren.
    »Entschuldige.« Gegen Arian gelehnt, hatte sie ganz leise gesprochen, doch Lucian hatte ihre geflüsterten Worte dennoch gehört.
    »Eine Kopie davon hängt im Prado, wir können gern …«
    »Vergiss es!« Arians Stimme klang scharf.

    »Es heißt Der Garten der Lüste.« Wie üblich ignorierte Lucian seinen Einwurf. » Jheronimus Anthoniszoon van Aken hat es für den Chef gemalt.«
    Jeden einzelnen Namensbestandteil betonte er deutlich, und Juna empfand Mitleid mit dem Künstler. Es hörte sich ganz danach an, als hätte der dunkle Engel seit langer Zeit Macht über ihn.
    Arian warf beiläufig ein: »Hieronymus Bosch sagt dir bestimmt mehr.«
    Sie öffnete den Mund zu einer Antwort und klappte ihn sofort wieder zu.
    Und dann kam Er durch eine Tür, die sie bisher nicht bemerkt hatte, und trug einen Anzug, den sie - hätte sich jemand danach erkundigt - als Designerstück von Armani eingeordnet hätte. Flügel sah sich nicht. Dafür Macht.
    Er verharrte einen Augenblick lang, als wolle er seinen Gästen Zeit geben, sich an die Vitalität und Intensität zu gewöhnen, die ihn umgaben wie eine unsichtbare Hülle. Juna erschien er wie das Zentrum eines energiegeladenen Universums. War dies Arians Vater, der sogenannte Lichtbringer, der erste aller gefallenen Engel, der mächtigste Erzdämon persönlich?
    Sie konnte es kaum glauben, suchte nach Ähnlichkeiten in seinem

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