Fluegelschlag
aufgelauert und in ein tödliches Gefecht verwickelt. Seine Finte war diabolisch. Juna kannte sie von Lucian, der ihr damit demonstriert hatte, dass Dämonen niemals fair kämpften. Batarjal war buchstäblich ins offene Messer gelaufen. Micaal hatte sein Schwert bis zum Heft durch den Solar Plexus des überraschten Gegners gestoßen und damit die einzige Stelle verwundet, die jeden Engel - gleichgültig, ob gefallen, gerecht oder dämonisch - zuverlässig tötete.
Danach hatte er seinem Opfer blitzschnell die drei Federn ausgerissen und an das Tor gesteckt, während die Konturen des Ermordeten langsam verschwommen waren und sich schließlich Tausende kleiner Lichter gen Himmel aufgemacht hatten. Ohne das geringste Zeichen der Anteilnahme oder des Triumphs hatte Micaal seine weißen Schwingen geöffnet und war davongeflogen.
Juna tastete Halt suchend nach der Tischkante. Sie hatte sich immer gewundert, warum Weiß in einigen Kulturen die Farbe des Todes und der Trauer war - inzwischen stellte
sich die Frage für sie anders: Wie konnte überhaupt irgendjemand glauben, dass dieses seelenlose Nichts für Reinheit stand?
Maggie nahm Arian die Feder ihres Geliebten wieder aus der Hand und wickelte sie zusammen mit den beiden anderen sorgfältig in das Tuch.
»Maggie, du musst uns alles sagen. Was hat er dir erzählt?« Juna fand Arians Frage in dieser Situation herzlos, doch wusste sie ebenso gut wie er, dass die Zeit drängte. Wenn Batarjal Informationen über die RFH besessen und Micaal mit der Gruppe zu tun hatte, war Maggies Engel vielleicht zur Gefahr für den Gerechten geworden und hatte schon allein deshalb sterben müssen. Die drei Federn waren offenbar als Warnung gedacht gewesen. Ahnte der Mörder, dass sie ihm auf der Spur waren?
Arian schien zu einem ähnlichen Schluss gekommen zu sein. Er war dem Krieger der Gerechten schon einmal mutig entgegengetreten und hätte es jederzeit aufs Neue getan, selbst wenn er nicht über die zusätzlichen Kräfte verfügt hätte, die seit seiner Begegnung mit dem Herrn der Unterwelt allmählich zutage traten.
Es stellte sich heraus, dass Margrete wirklich nichts wusste. Und so war Juna nicht überrascht, als Arian nach dem Arbeitszimmer des von Micaal hingerichteten Engels fragte. Wenn es jemand schaffen konnte, die Gerechten aufzuhalten, dann Arian, davon war sie felsenfest überzeugt.
Maggie zeigte ihnen den Weg in Batarjals Schreibzimmer und ging hinaus, um den versprochenen Tee zu holen.
Arian machte sich an einem überfüllten Schreibtisch auf
die Suche nach Hinweisen, während Juna, die das Laptop entdeckt hatte, systematisch die Dateien durchforstete. Nichts war verschlüsselt, und sie begann sich zu wundern, warum die gefallenen Engel überhaupt so lange unentdeckt geblieben waren, wenn sie sich immer derartig leichtsinnig verhalten hatten. Andererseits hatte sie bisher außer zahlreichen Manuskripten und einer umfangreichen Sammlung geschichtlicher Daten noch keine verwertbaren Hinweise gefunden. Sie nahm einen Schluck aus ihrer Tasse und verzog das Gesicht. Der Tee war längst kalt geworden.
Gerade wollte sie sich nach Arians Fortschritten erkundigen, der inzwischen vor einer enormen Bibliothek stand und Buch für Buch aus den Regalen zog, um es durchzublättern, da entdeckte sie etwas im Cache des Browsers. Der Engel hatte am Tag seines Verschwindens eine Website namens El Prófugo besucht. Hieß das nicht so etwas wie fahnenflüchtig ? Sie rief die Adresse auf, und ein Anmeldeformular öffnete sich. Praktischerweise war der Benutzername bereits eingetragen.
»Bingo!« Juna winkte Arian an ihre Seite, und er setzte sich auf einen zweiten Stuhl. »Hast du irgendeine Idee, was er als Passwort verwendet haben könnte?« Noch während sie sprach, gab sie Maggie ein. Nichts. Margrete funktionierte auch nicht.
Arian überlegte kurz und wollte gerade einen Vorschlag machen, da kam Maggie herein.
Ein Blick auf den Bildschirm genügte ihr. »Versuch es mal mit Xian-Nue , das sind die unsterblichen Mädchen . So heißt sein erfolgreichstes Buch.«
Juna probierte mehrere Schreibweisen aus, und die vierte
öffnete ihnen tatsächlich das Portal zu einer geheimen Community.
Lautlos zog sich Maggie zurück, während Arian die Mitgliederliste durchging und dabei immer blasser wurde.
»Was ist? Kennst du jemanden davon?« Juna sah ihn besorgt an.
Er lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und fuhr sich mit beiden Händen durchs Haar. »Dutzende.« Arian sah sie
Weitere Kostenlose Bücher