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Fluegelschlag

Titel: Fluegelschlag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanine Krock
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bereit?« »Ich glaube, es wäre besser, wir würden dort auf herkömmlichem Wege eintreffen. Dir fällt es vielleicht nicht immer auf, aber wir Normalsterblichen neigen zum Erschrecken, wenn jemand neben uns unerwartet aus dem Nichts auftaucht.« Arian sollte nicht wissen, dass sie immer noch Angst vorm Fliegen hatte, also hatte sie sich bemüht, ihre Anregung möglichst neutral zu formulieren. Leider
klang so etwas bei ihr meistens ziemlich gestelzt und war leicht zu durchschauen.
    Entsprechend fiel Arians Reaktion aus. Er schloss die Terrassentür, legte Juna einen Arm um die Schulter und nahm sie mit zur Wohnungstür. »Dieses Mal fahre aber ich.« Er liebte es, schnell Auto zu fahren. Fast so sehr wie das Fliegen.
     
    Das Haus des Schriftstellers lag eine gute halbe Stunde von Glasgow entfernt und stellte sich als Torhaus eines Castle in der Nähe von Fintry heraus, einer kleinen Gemeinde unterhalb der Fintry Hills, einer Hügellandschaft vulkanischen Ursprungs. Zumindest behauptete dies der Reiseführer, den Juna während der Fahrt las.
    Auf dem Weg dorthin hatte Arian seine Leidenschaft zum Glück nicht ausleben können, weil die Straße zuerst zu stark befahren und dann zu schmal gewesen waren. Trotzdem wirkte er entspannt wie selten in den letzten Tagen, als er an Junas Seite über die Wiesen blickte, die hinter dem Haus lagen.
    »Es ist herrlich hier, findest du nicht auch?«
    Juna atmete tief ein. Die Sonne hatte den Boden erwärmt, die regensatte Erde roch nach Frühling, und ein Schmetterling tanzte als früher Bote der wärmeren Jahreszeit über dem scheuen Grün eines gepflegten Rasens. Das Haus war kürzlich gestrichen worden, man sah noch die Farbspritzer auf dem Boden rundherum. Ein Spaten steckte im Beet, das den Weg zum Eingang säumte, als habe jemand den Winter endgültig für beendet erklärt und mit der Gartenarbeit begonnen.
    Der Zeitpunkt für das, was sie sagen wollte, war möglicherweise
nicht optimal, denn vor ihnen lag eine schwierige Aufgabe, aber während Juna die Heckklappe des Wagens öffnete, um Finn herauszulassen, fasste sie sich ein Herz. »Wenn das alles vorbei ist, könntest du dir dann vorstellen, aus Glasgow fortzugehen und irgendwo auf dem Land zu leben?«
    Arian drehte sich überrascht zu ihr um. »Würdest du die Stadt verlassen wollen?«
    »Ich habe es noch nie richtig ausprobiert, aber für Finn wäre es bestimmt schön. Sieh mal, wie glücklich er ist.«
    Und tatsächlich sprang Finn herum wie ein junger Hund und versuchte Juna zu animieren, es ihm gleich zu tun, indem er sie immer wieder anstupste und merkwürdige Geräusche zwischen Knurren und Winseln von sich gab, als wollte er gleich ein Lied anstimmen.
    »Es sieht ganz danach aus, als hätte er die Entscheidung bereits getroffen.« Arian blickte über das Tal hinüber zu den Hügeln. »Ich mag Glasgow, sogar Metropolen wie New York oder Shanghai gefallen mir, aber wenn ich in die Natur zurückkehre, merke ich jedes Mal, wie sehr mir die Nähe zur Schöpfung gefehlt hat. Ja, ich könnte es mir sehr gut vorstellen.«
    Juna hatte gar nicht bemerkt, dass sie die Luft angehalten hatte. Jetzt entschlüpfte ihr ein Seufzer, und sie legte den Arm um seine Taille. »Dann lass uns die Sache so schnell wie möglich hinter uns bringen.«
    Sie gingen den schmalen Kiesweg entlang zum Haus. Arian klopfte, und sie glaubten schon fast, es sei niemand zu Hause, obwohl ein kleines Auto vor der Tür stand. Die Frau, die ihnen öffnete, hatte augenscheinlich geweint. Sie musste über siebzig sein, war schlank, ebenso groß wie Juna
und hatte langes graues Haar, das einmal sehr dunkel gewesen sein mochte. Mit dem langen Rock und einem lässigen Pullover, beides schwarz, wirkte sie wie jemand aus einer anderen Zeit, und von weitem hätte man sie für eine junge Frau halten können. Doch ihre Hände zitterten, als sie die Haare nach hinten strich und mit einem Gummiband, von dem zwei weitere ihr schmales Handgelenk schmückten, bändigte.
    Juna ließ den Arm sinken. Angesichts der Trauer, die ihr aus dem Gesicht der Frau entgegensah, empfand sie ihr eigenes Glück plötzlich als unangemessen.
    »Hallo, was kann ich für Sie tun?«
    Sie sah ihre Besucher zum ersten Mal genauer an. »Arian? O mein Gott! Du bist es wirklich.« - »Kommt doch herein.« Sie machte die Tür weiter auf. »Bitte! Ich habe gerade Wasser aufgesetzt.«
    Während sie Tee zubereitete, bewunderte Juna die Kücheneinrichtung. Der Kohleherd blitzte, aber er sah aus,

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