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Flüstern in der Nacht

Flüstern in der Nacht

Titel: Flüstern in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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mir zuhören. Das ist wichtig ... was ich dir jetzt sagen will ... verdammt wichtig.« »Okay«, meinte Tony schnell. »Du mußt dich entspannen und darfst dich nicht überanstrengen.«
    Frank hustete, und auf seinen blauen Lippen bildeten sich ein paar Blutblasen.
    Tonys Herz arbeitete wie ein Dampfhammer. Wo diese verdammte Ambulanz nur blieb? Was, zum Teufel, hielt diese Schweinehunde so lange auf?
    Franks Stimme klang jetzt heiser; er mußte einige Male innehalten, um Atem zu holen. »Wenn du Maler sein willst ... mußt du es tun. Du bist noch jung genug ... um es zu riskieren.«
    »Frank, bitte, spar' deine Kräfte, um Gottes willen.« »Hör mir zu! Du darfst keine ... Zeit mehr vergeuden. Das Leben ist verdammt kurz ... du darfst es nicht verplempern.« »Hör' auf, so zu reden. Vor mir liegen noch eine ganze Menge Jahre, und vor dir auch.«
    »Die ziehen so schnell dahin ... so beschissen schnell.« Frank stöhnte. Seine Finger krampften sich noch fester um Tonys Hand.
    »Frank? Was ist denn?«
    Frank sagte nichts. Er zitterte. Dann fing er zu weinen an. »Laß mich nach diesem Erste-Hilfe-Kasten sehen«, bat Tony. »Laß mich nicht allein. Ich habe Angst.« »Es dauert doch nur eine Minute.«
    »Laß mich nicht allein.« Die Tränen strömten über seine Wangen. »Okay. Ich warte. Die sind ohnehin in ein paar Sekunden hier.«
    »O Gott!« wimmerte Frank jämmerlich. »Aber wenn der Schmerz stärker wird –« »Es ... tut nicht sehr weh.« »Was ist dann? Irgend etwas stimmt doch nicht.« »Es ist mir peinlich. Ich möchte nicht ... daß jemand es erfährt.«
    »Was erfährt?«
    »Ich ... hab's nicht mehr halten können. Ich habe mir ... ich ... habe in die Hosen gepinkelt.« Tony wußte nicht, was er sagen sollte. »Ich möchte nicht, daß man mich auslacht«, meinte Frank. »Niemand wird dich auslachen.«
    »Aber, Herrgott, ich hab' mir ... in die Hosen gepinkelt ... wie ein Baby.«
    »Bei all dem Durcheinander auf dem Boden – wer soll das schon bemerken?«
    Frank lachte und zuckte bei den Schmerzen zusammen, die ihm das Lachen bereitete; er drückte Tonys Hand noch fester. Wieder eine Sirene. Ein paar Straßen entfernt. Schnell näherkommend.
    »Die Ambulanz«, flehte Tony. »Jetzt ist sie gleich hier.« Franks Stimme wurde von Sekunde zu Sekunde dünner und schwächer. »Ich habe Angst, Tony.«
    »Bitte, Frank. Bitte, hab' keine Angst. Ich bin hier. Alles wird wieder gut.«
    »Ich möchte ..., daß jemand sich an mich erinnert«, stöhnte Frank.
    »Was soll das heißen?«
    »Wenn ich nicht mehr da bin ..., möchte ich, daß jemand sich daran erinnert, daß es mich gegeben hat.« »Du wirst noch lange Zeit da sein.« »Wer wird sich an mich erinnern?«
    »Ich«, sagte Tony mit belegter Stimme. »Ich werde mich an dich erinnern.«
    Die neue Sirene schien nur noch eine Straße entfernt, und dann ganz laut, in der Straße unter ihnen. Frank meinte: »Weißt du, was? Ich glaube ... vielleicht schaff ich es doch. Der Schmerz ist plötzlich weg.«
    »Wirklich?«
    »Das ist gut, nicht wahr?« »Sicher.«
    Die Sirene verstummte, als die Ambulanz mit quietschenden Bremsen unmittelbar unter ihrem Fenster anhielt. Franks Stimme war jetzt sehr schwach geworden, so daß Tony sich über ihn beugen mußte, um sie zu verstehen. »Tony ... halt' mich fest.« Der Griff, mit dem er Tonys Hand hielt, lockerte sich. Seine kalten Finger öffneten sich. »Halt mich fest, bitte. Jesus. Halt' mich fest, Tony. Wirst du das tun?« Einen Augenblick lang machte Tony sich Sorgen um Franks Wunden, aber dann wußte er instinktiv, daß das nichts mehr zu bedeuten hatte. Er setzte sich auf den Boden in all das Durcheinander und das Blut. Er schob seinen Arm unter Frank und zog ihn hoch, bis er saß. Frank hustete schwach, und seine linke Hand rutschte von seinem Bauch; jetzt konnte man die Wunde sehen: ein scheußliches Loch, aus dem die Eingeweide quollen – nicht mehr zu reparieren. Frank war von dem Augenblick an, in dem Bobby zum ersten Mal abgedrückt hatte, ein toter Mann gewesen. Er hatte nie die leiseste Chance gehabt. »Halt mich fest.«
    Tony nahm Frank in die Arme, so gut er das konnte, hielt ihn fest, hielt ihn, wie ein Vater ein verängstigtes Kind hält, hielt ihn und wiegte ihn in den Armen, flüsterte auf ihn ein, sanft, beruhigend. Und er flüsterte auch noch, als er wußte, daß Frank schon längst tot war. Flüsterte und wiegte ihn in den Armen, sanft und leise, flüsterte und hielt ihn fest.
    Am Montagnachmittag um

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