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Flüstern in der Nacht

Flüstern in der Nacht

Titel: Flüstern in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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reichten die Reaktionen von ruhiger Versunkenheit über irrsinnige Halluzinationen bis zu unerwarteten Wut- und Gewaltausbrüchen. Wie Eugene Tucker sagte – PCP war Gift; es frißt buchstäblich die Gehirnzellen auf, läßt den Verstand verfaulen. Von PCP aufgeputscht und vor perverser Energie förmlich berstend, hatte Bobby seine Küche in Stücke geschlagen und auch den übrigen Schaden in der Wohnung angerichtet. Von wilden, imaginären Krokodilen verfolgt, hatte er verzweifelt Zuflucht vor ihren zuschnappenden Mäulern gesucht, sich in den Schrank unter den Ausguß gezwängt und die Türen hinter sich zugezogen. Und Tony dachte nicht daran, in den Unterschrank zu sehen, weil er nicht erkannte, daß derjenige, hinter dem sie her waren, geistesgestört war. Sie hatten die Wohnung vorsichtig durchsucht und waren auf Reaktionen vorbereitet gewesen, die man von einem geistesgestörten Notzuchttäter, der seine Opfer gelegentlich tötete, erwarten konnte; sie erwarteten nicht die Taten eines Wahnsinnigen. Die sinnlose Zerstörung, die man überall in der Küche und im Schlafzimmer finden konnte, die scheinbar sinnlose Schrift an den Wänden, das ekelerregende Chaos im Badezimmer – all das bot vertraute Hinweise auf die Art von Hysterie, die PCP hervorrief. Tony hatte nie in der Rauschgiftabteilung gearbeitet, war aber dennoch der Ansicht, daß er die Spuren hätte erkennen müssen. Hätte er sie richtig gedeutet, würde er höchstwahrscheinlich auch unter dem Ausguß nachgesehen und auch alle anderen Stellen, die sich als Versteck für einen Menschen eigneten, durchforstet haben. Denn für Menschen, die sich auf einem besonders häßlichen PCP-Trip befanden, schien es durchaus nicht ungewöhnlich, sich völlig ihrer Paranoia hinzugeben und zu versuchen, sich vor einer feindseligen Welt zu verstecken, und zwar besonders an engen, finsteren Orten, die dem Mutterleib vergleichbar erschienen. Aber er und Frank hatten die Hinweise falsch gedeutet und steckten jetzt bis zum Hals im Schlamassel. Frank war zweimal getroffen worden und schwer verletzt. Vielleicht tödlich. Vielleicht tot. Tony versuchte den Gedanken aus seinem Bewußtsein zu verdrängen und überlegte gleichzeitig, welche Initiative er ergreifen sollte.
    In der Küche begann Bobby schrill zu schreien. »Hay muchos cocodrilos!«
    Tony übersetzte: Hier sind viele Krokodile! »Cocodrilos! Cocodrilos! Cocodrilos! Ah! Ah! Aaaaaah!« Sein Schreckensschrei verhallte in einem wortlosen Klageruf, aus dem unerträgliche Pein sprach.
    Das klingt, als würde er wirklich bei lebendigem Leib aufgefressen werden, dachte Tony und erschauerte. Immer noch schreiend kam Bobby aus der Küche gerannt. Er feuerte mit seiner .32er nach unten, in den Boden, in dem törichten Versuch, eines der Krokodile zu töten. Tony kauerte hinter dem Sessel. Er hatte Angst, falls er aufstünde und zielte, von dem Wahnsinnigen erschossen zu werden, ehe er abdrücken konnte.
    Verzweifelt auf den Zehenspitzen tanzend, versuchte Bobby, seine nackten Füße den Mäulern der Krokodile zu entziehen, feuerte auf den Boden, einmal, zweimal. Sechs Schüsse bis jetzt, dachte Tony. Drei in der Küche, drei hier. Wie viele waren im Magazin? Acht? Vielleicht zehn. Bobby feuerte wieder, zweimal, dreimal. Eine der Kugeln prallte von irgend etwas ab. Neun Schüsse bis jetzt. Noch einer. »Cocodrilos!«
    Der zehnte Schuß dröhnte ohrenbetäubend in dem engen Raum; wieder prallte die Kugel ab, peitschte durchs Zimmer. Tony erhob sich hinter dem Sessel. Bobby war jetzt noch drei Meter von ihm entfernt. Tony hielt seinen Dienstrevolver mit beiden Händen umfaßt und richtete den Lauf auf die haarlose Brust des nackten Mannes. »Okay, Bobby. Und jetzt ganz ruhig. Alles ist vorbei.«
    Bobby wirkte sichtlich überrascht, ihn zu sehen. Er war offensichtlich so tief in seine PCP-Halluzinationen verstrickt, daß er sich nicht mehr erinnerte, Tony schon vor weniger als einer Minute in der Küche gesehen zu haben. »Krokodile«, klagte Bobby eindringlich, diesmal in englischer Sprache.
    »Hier sind keine Krokodile«, betonte Tony. »Große.«
    »Nein, hier sind keine Krokodile.«
    Bobby stieß einen schrillen Schrei aus, sprang vor und wirbelte herum, versuchte auf den Boden zu schießen, aber das Magazin war leer. »Bobby«, meinte Tony.
    Wimmernd drehte Bobby sich um und sah ihn an. »Bobby, ich möchte, daß Sie sich mit dem Gesicht nach unten auf den Boden legen.«
    »Dann kriegen die mich«, schrie Bobby. Die Augen

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