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Flüstern in der Nacht

Flüstern in der Nacht

Titel: Flüstern in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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sechzehn Uhr traf der Techniker der Telefongesellschaft bei Hilary ein. Sie zeigte ihm die fünf Apparate im Haus; er wollte gerade an dem Telefon der Küche mit seiner Arbeit beginnen, als es klingelte. Sie hatte Angst, es könnte wieder der anonyme Anrufer sein. Sie wollte nicht abnehmen, doch der Techniker schaute sie erwartungsvoll an; beim fünften Klingeln überwand sie schließlich ihre Furcht und griff nach dem Hörer. »Hallo?« »Hilary Thomas?«
    »Ja.«
    »Hier spricht Michael Savatino. Savatino's Ristorante.« »Oh, Sie brauchen sich nicht vorstellen. Ich werde Sie und Ihr herrliches Restaurant nicht vergessen. Es war phantastisch bei Ihnen.«
    »Vielen Dank. Wir geben uns große Mühe. Hören Sie, Miss Thomas –«
    »Bitte, sagen Sie Hilary.«
    »Gut. Also Hilary. Haben Sie heute schon etwas von Tony gehört?«
    Plötzlich wurde ihr klar, wie bedrückt seine Stimme klang. Sie wußte sofort mit der Eindringlichkeit eines Hellsehers, daß etwas Schreckliches passiert war. Einen Augenblick lang stockte ihr der Atem; ihr wurde schwarz vor den Augen. »Hilary? Sind Sie noch da?«
    »Ich habe seit gestern abend nichts mehr von ihm gehört. Warum fragen Sie?«
    »Ich möchte Sie nicht beunruhigen. Es ist etwas passiert –« »O Gott!«
    »– aber Tony ist nicht verletzt.« »Sind Sie ganz sicher?« »Nur ein paar Abschürfungen.« »Liegt er im Krankenhaus?« »Nein, nein. Es fehlt ihm wirklich nichts.« Der Knoten in ihrer Kehle, der ihr die Luft abschnürte, lockerte sich ein wenig. »Was war denn?« fragte sie.
    Michael erzählte ihr in knappen Sätzen von der Schießerei. Die Kugel hätte ebensogut Tony treffen können. Ein Anfall von Schwäche überkam sie.
    »Tony leidet sehr darunter«, meinte Michael. »Sehr. Zu Beginn ihrer Zusammenarbeit kamen er und Frank nicht besonders gut miteinander zurecht. Aber das hat sich gebessert. In den letzten Tagen lernten sie sich besser kennen und sind sich sehr nahegekommen.« »Wo befindet sich Tony jetzt?«
    »In seiner Wohnung. Die Schießerei fand heute mittag gegen halb zwölf statt. Er ist seit zwei Uhr in seiner Wohnung. Ich war bis vor wenigen Minuten bei ihm. Ich wollte bei ihm bleiben, aber er hat darauf bestanden, daß ich, wie gewöhnlich, ins Restaurant gehe. Ich wollte, daß er mitkäme, aber er lehnte ab. Er gesteht sich das nicht ein, aber er braucht jetzt unbedingt jemanden.«
    »Ich werde zu ihm gehen«, sagte sie. »Ich hatte gehofft, daß Sie das sagen würden.« Hilary machte sich frisch und zog sich um. Sie war eine Viertelstunde, bevor der Techniker seine Arbeit beendete, fertig. Nie im Leben war ihr eine Viertelstunde länger erschienen. Dann, im Wagen, unterwegs zu Tonys Wohnung, rief sie sich ins Gedächtnis zurück, wie sie sich in jenem kurzen stockfinsteren Augenblick fühlte, in dem sie glaubte, Tony wäre ernsthaft verletzt, vielleicht sogar tot. Das Gefühl, einen ungeheuren Verlust erlitten zu haben, einen unerträglichen Verlust, erfüllte sie kurzzeitig.
    Letzte Nacht im Bett dachte sie darüber nach, ob sie Tony liebte oder nicht. Könnte sie nach der physischen und psychologischen Tortur ihrer Kindheit überhaupt noch imstande sein, jemanden zu lieben, nach all dem, was sie in bezug auf die häßliche Doppelzüngigkeit der meisten Menschen hatte lernen müssen? Würde sie einen Mann lieben können, den sie erst wenige Tage kannte? Sie fand keine Lösung und war schließlich eingeschlafen. Aber jetzt wußte sie, daß sie irgendwie Angst hatte, Tony Clemenza zu verlieren, und daß sie eine solche Verlustangst noch nie in ihrem Leben gespürt hatte. Sie parkte neben dem blauen Jeep.
    Er wohnte im Obergeschoß eines zweistöckigen Gebäudes. Vor der Nachbarwohnung hingen gläserne Windglocken, die in der leichten Nachmittagsbrise melancholisch klimperten. Als er die Tür öffnete, erstaunte es ihn nicht, sie zu sehen. »Ich nehme an, Michael hat dich angerufen.« »Ja. Warum hast du nicht angerufen?« fragte sie. »Er hat dir wahrscheinlich erzählt, ich sei ein totales Wrack. Aber du siehst ja, er übertreibt.« »Er macht sich Sorgen um dich.«
    »Ich komm' damit schon klar«, sagte er und zwang sich zu einem Lächeln. »Mir fehlt nichts.«
    Auch wenn er sich Mühe gab, seine Reaktion auf Frank Howards Tod herunterzuspielen, so bemerkte sie doch seinen gehetzten Gesichtsausdruck und seinen leeren Blick. Sie wollte ihn an sich drücken und trösten, aber sie konnte selbst unter relativ normalen Umständen nicht besonders gut mit

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