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Flüstern in der Nacht

Flüstern in der Nacht

Titel: Flüstern in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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um sich zu vergewissern, ob sie gut zu Hause angelangt sei. Ihr Telefon klingelte nicht. Er vernahm nur eine Folge von Computergeräuschen – Piep- und Summtöne, die Sprache kluger Maschinen –, dann ein Klicken und Knacken und schließlich das hohle gespenstische Zischen einer nicht zustande gekommenen Verbindung. Er legte auf und wählte erneut, diesmal sorgfältig darauf bedacht, jede einzelne Ziffer richtig zu wählen, aber wieder klingelte das Telefon nicht. Er war sicher, daß er ihre neue Geheimnummer richtig notiert, sie sogar zweimal wiederholt hatte, um auch ja sicherzugehen. Sie las sie ihm von der Kopie des Arbeitsauftrages der Telefongesellschaft vor, die sie in der Handtasche bei sich hatte, also konnte sie sich doch unmöglich irren. Er wählte die Nummer der Vermittlung und erklärte der Frau am anderen Ende sein Problem. Sie versuchte, die Nummer für ihn anzurufen, kam aber ebenfalls nicht durch. »Ist vielleicht nicht aufgelegt?« fragte er. »Nein, das scheint nicht der Fall zu sein.« »Was können Sie tun?«
    »Ich werde melden, daß der Anschluß gestört ist«, sagte sie. »Dann kümmert sich der Störungsdienst darum.« »Wann?«
    »Gehört die Nummer einer alten oder kranken Person?« »Nein«, antwortete er.
    »Dann fällt sie unter die normale Störungsroutine«, meinte sie. »Jemand von unserer Störungsstelle wird nach acht Uhr früh nachsehen.« »Vielen Dank.«
    Er legte auf. Er saß am Bettrand und starrte nachdenklich auf die zerwühlten Laken, auf denen Hilary gelegen hatte, schaute auf den Zettel, auf dem ihre neue Nummer stand. Gestört?
    Es bestand natürlich die Möglichkeit, daß der Monteur gestern nachmittag beim Umschalten einen Fehler gemacht hatte. Möglich. Aber nicht wahrscheinlich. Plötzlich dachte er an den anonymen Anrufer, der sie belästigte. Solche Leute waren gewöhnlich schwach, sexuell verklemmt, fast ausnahmslos unfähig, eine normale sexuelle Beziehung mit einer Frau einzugehen. Für einen Versuch der Notzucht schienen sie üblicherweise zu introvertiert und ängstlich zu sein. Üblicherweise. Fast ausnahmslos. Im allgemeinen.
    Aber konnte man sich vorstellen, daß dieser Täter der eine von tausend wäre, der doch gefährlich werden könnte? Tony griff sich an den Magen. Er fing an, sich unwohl zu fühlen.
    Wenn die Buchmacher in Las Vegas Wetten darauf angenommen hätten, daß Hilary Thomas in weniger als einer Woche zweimal von geistesgestörten Gewalttätern überfallen würde – die Chancen dagegen wären astronomisch hoch gewesen. Andererseits hatte Tony in seiner Zeit bei der Polizei von Los Angeles immer wieder erlebt, daß gerade das Unwahrscheinliche passierte; und das lehrte ihn schon vor langer Zeit, das Unerwartete zu erwarten.
    Er dachte an Bobby Valdez. Nackt. Sah ihn aus dem winzigen Küchenschrank kriechen. Die Augen wild geweitet. Die Pistole in der Hand.
    Vor dem Schlafzimmerfenster ertönte der Ruf eines Vogels, obwohl noch kein Licht den östlichen Himmel berührte. Ein schriller Schrei, ansteigend und abschwellend und wieder ansteigend, und der Vogel im Hof schwebte von Baum zu Baum; der Schrei klang, als würde der Vogel von etwas sehr Schnellem, Hungrigem, Gnadenlosem verfolgt. Tony brach auf der Stirn der Schweiß aus. Er erhob sich von der Bettkante.
    In Hilarys Haus mußte irgend etwas im Gange sein, etwas war passiert, etwas Schreckliches.
     
    Sie kaufte im Supermarkt Milch, Eier, Butter und noch ein paar andere Dinge, und es dauerte mehr als eine halbe Stunde, bis Hilary nach Hause kam. Sie verspürte Hunger und war angenehm müde. Sie freute sich auf ein kleines Käseomelett mit feingehackter Petersilie – und anschließend wenigstens sechs Stunden ununterbrochenen tiefen, tiefen Schlaf. Sie war viel zu müde, um sich noch die Mühe zu machen, den Mercedes in die Garage zu stellen; vielmehr parkte sie auf der kreisförmigen Einfahrt.
     
    Die automatische Berieselungsanlage besprühte das dunkle Gras mit Wasser und erzeugte ein zischendes, pfeifendes Geräusch. Eine leichte Brise bewegte die Palmblätter über ihr. Sie ging durch den Vordereingang ins Haus. Das Wohnzimmer war stockdunkel. Aber das Licht in der Eingangshalle brannte noch, weil sie schon beim Wegfahren damit gerechnet hatte, spät nach Hause zurückzukommen. Im Haus angelangt, hielt sie die Tüte mit ihren Einkäufen im Arm, schloß die Tür und sperrte sie zweimal ab.
    Sie schaltete die Deckenlampe im Wohnzimmer ein und trat zwei Schritte nach vorn, ehe ihr

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