Flüstern in der Nacht
verdient.«
»Vielleicht.«
»Was hat Lubbock denn gesagt, als du ihm von den Drohungen erzähltest – dem Pfahl durchs Herz und den Mund voll Knoblauch und all das?«
»Er gab mir recht, daß das ein verblüffender Zufall sei.« »Bloß ein Zufall?«
»So will er das im Augenblick sehen«, meinte Tony. »Verdammt.«
»Er hat es nicht ausgesprochen, aber ich glaube ziemlich sicher, daß er meint, ich hätte dir letzte Woche von dem Zeug in Fryes Fahrzeug erzählt.« »Aber das hast du nicht.«
»Das weißt du, und ich weiß es auch. Aber alle anderen sehen das anders.«
»Aber du hast doch gesagt, daß du dich mit Lubbock sehr gut verstehst und ihr großen Respekt für einander hegt.« »So ist es auch«, erwiderte Tony. »Aber wie ich dir schon sagte, er ist der Ansicht, daß ich im Moment selbst ein wenig durcheinander bin. Er meint, in ein paar Tagen, höchstens in einer Woche würde das alles schon wieder in Ordnung kommen, wenn erst einmal der Schock über den Tod meines Partners nachgelassen hat. Er meint, ich würde es mir dann anders überlegen und deine Geschichte nicht mehr unterstützen. Ich weiß sicher, daß das nicht der Fall ist, weil ich weiß , daß du von den okkulten Büchern und dem Kram in Fryes Wagen nichts wußtest. Und ich habe selbst das Gefühl, ein sehr starkes Gefühl sogar, daß Frye irgendwie tatsächlich zurück-gekommen ist. Nur Gott weiß, wie. Aber ich brauche mehr als bloß Vermutungen, um Harry umzustimmen, und ich kann es ihm nicht übelnehmen, daß er Skepsis zeigt.« »Und inzwischen?«
»Inzwischen interessiert sich die Mordabteilung nicht für den Fall. Er unterliegt nicht unserer Zuständigkeit. Er wird, wie jeder andere Einbruch in Zusammenhang mit versuchter Körperverletzung auch von Unbekannten bearbeitet.« Hilary runzelte die Stirn. »Und das wiederum bedeutet, daß nicht besonders viel herauskommt.« »Ich muß dir leider recht geben. Die Polizei kann mit einer sol chen Anzeige praktisch nichts anfangen. Derartige Fälle werden, wenn überhaupt, erst nach einer sehr langen Zeit gelöst, wenn man den Burschen zufällig in flagranti beim Einbruch in ein anderes Haus, oder der Belästigung einer anderen Frau erwischt, und er dann eine Menge alter, ungelöster Fälle zusätzlich gesteht.«
Hilary erhob sich von dem kleinen Hocker und begann in der Küche auf und ab zu gehen. »Was hier geschieht, ist beängstigend und unheimlich. Ich kann nicht eine Woche oder länger warten, bis du Lubbock überzeugt hast. Frye hat gesagt, er würde wiederkommen. Er wird weiterhin versuchen, mich umzubringen, bis einer von uns tot ist – dauerhaft und unwiderruflich. Er könnte jederzeit wieder auftauchen, überall.«
»Du wirst nicht in Gefahr sein, wenn du hierbleibst, bis wir dieses Rätsel gelöst haben«, meinte Tony, »oder zumindest, bis uns etwas einfällt, um Harry Lubbock zu überzeugen. Hier wirst du sicher sein. Frye – wenn es Frye ist – wird nicht wissen, wo er dich finden kann.« »Wie kannst du da so sicher sein?« fragte sie. »Er ist nicht allwissend.« »Nein?«
Tony runzelte die Stirn. »Jetzt mal einen Augenblick. Du willst mir doch nicht einreden, daß er übernatürliche Kräfte besitzt oder den zweiten Blick hat oder so etwas.« »Das werde ich nicht behaupten, kann es aber auch nicht ausschließen«, erklärte sie. »Hör' zu, sobald du einmal die Tatsache akzeptiert hast, daß Frye irgendwie am Leben ist, wie kannst du da noch irgend etwas ausschließen? Ich könnte sogar anfangen, an Gnome, Kobolde und den Weihnachtsmann zu glauben. Aber ich meine eigentlich nur – nun, er könnte uns hierher gefolgt sein.«
Tony hob die Brauen. »Uns von deinem Haus aus gefolgt?« »Wäre eine Möglichkeit.« »Nein, das ist unmöglich.« »Bist du da ganz sicher?« »Als ich bei dir eintraf, ist er weggerannt.« Sie hörte auf, im Zimmer auf und ab zu gehen, blieb in der Mitte der Küche stehen und preßte sich die Arme an die Brust. »Vielleicht hat er in der Umgebung gewartet, uns beobachtet, um zu sehen, was wir tun und wo wir hingehen würden.« »Höchst unwahrscheinlich. Selbst wenn er noch dageblieben ist, nachdem ich auftauchte, so wird er sicher abgehauen sein, als er den Streifenwagen sah.«
»Das kannst du nicht einfach annehmen«, kombinierte Hilary. »Wir haben es im besten Fall mit einem Verrückten zu tun. Im schlimmsten Fall steht uns das völlig Unbekannte gegenüber, etwas, das unser Verständnis so weit übersteigt, daß die Gefahr
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