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Flüstern in der Nacht

Flüstern in der Nacht

Titel: Flüstern in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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sorgfältig gestutzten Schnurrbart. Er redete viel zu schnell, und seine Hände schleuderten eine schnelle Geste nach der anderen hervor, wie eine auf Übertouren laufende Maschine mit einem Kurzschluß, die Funken sprüht. Er schien nervös. Und gut organisiert schien er auch. Er hatte eine detaillierte Akte über Bruno Fryes Konten zusammengestellt, mit einer Seite für jedes der fünf Jahre, in denen Frye mit der First Pacific United Geschäfte gemacht hatte. Die Akte enthielt eine Liste der Sparkonten mit Einzahlungen und Abhebungen, eine weitere Liste mit den Daten, an denen Frye sein Schließfach besucht hatte, Fotokopien der monatlichen Abrechnungen seines Scheckkontos, von Mikrofilmakten vergrößert, und ähnliche Kopien eines jeden einzelnen Schecks, der je aufs Konto eingezogen wurde.
    »Auf den ersten Blick«, meinte Preston, »könnte es so aussehen, als hätte ich Ihnen nicht von allen Schecks, die Mr. Frye geschrieben hat, Kopien gegeben. Aber lassen Sie mich versichern, daß das der Fall ist. Es waren nicht besonders viele. Auf diesem Konto wurde eine ganze Menge Geld bewegt, aber Mr. Frye hat in den ersten dreieinhalb Jahren nur zwei Schecks pro Monat ausgestellt, in den letzten eineinhalb Jahren drei Schecks pro Monat, und immer an dieselben Zahlungsempfänger.«
    Joshua verzichtete darauf, die Akte aufzuschlagen. »Ich werde mir das später alles ansehen. Zunächst möchte ich den oder die Angestellten befragen, die die Auszahlungen auf die Schecks und Sparkonten beobachtet haben.« In einer Ecke des Raumes stand ein runder Konferenztisch mit sechs bequem gepolsterten Stühlen drumherum. Joshua wählte sich diese Besucherecke für die Befragungen. Cynthia Willis, die Kassenangestellte, war eine selbstsichere, recht attraktive Negerin Ende dreißig. Sie trug einen blauen Rock und eine gestärkte weiße Bluse, sorgfältig frisiertes Haar und wohlgeformte, auf Hochglanz polierte Fingernägel. Ihre Haltung strahlte Selbstbewußtsein und Eleganz aus. Joshua bat sie, ihm gegenüber Platz zu nehmen, und sie setzte sich aufrecht und mit geradem Rücken in den Sessel. Preston stand neben seinem Schreibtisch; man sah ihm an, wie er unter der ganzen Prozedur litt.
    Joshua klappte den Aktendeckel auf, den er mitgebracht hatte, und entnahm ihm fünfzehn Schnappschüsse von Leuten, die in St. Helena lebten oder einmal dort gelebt hatten. Er breitete die Fotos auf dem Tisch aus und begann: »Miss Willis –« »Mrs. Willis«, korrigierte sie ihn.
    »Entschuldigen Sie. Mrs. Willis, ich möchte, daß Sie sich diese Fotos gründlich ansehen und mir dann sagen, auf welchem Bruno Frye abgebildet ist. Aber erst, nachdem Sie sich alle angesehen haben.«
    Nach einer Minute Betrachtung nahm sie zwei Fotos. »Diese beiden.«
    »Sind Sie sicher?«
    »Ganz sicher«, antwortete sie. »Das war doch kein besonderer Test. Die anderen dreizehn sehen überhaupt nicht aus wie er.«
    Sie hatte ihre Sache ausgezeichnet gemacht, viel besser, als er das erwartete. Viele der Fotos waren verschwommen, einige davon unter ausnehmend schlechten Lichtverhältnissen aufgenommen. Joshua hatte bewußt schlechte Bilder mitgebracht, um die Identifizierung zu erschweren, aber Mrs. Willis zögerte keinen Augenblick. Und obwohl sie sagte, die anderen dreizehn würden nicht wie Frye aussehen, so taten das einige sogar ein wenig. Joshua suchte Fotos von ein paar Leuten aus, die Frye ähnelten, wenigstens bei nicht scharfgestellter Kamera, aber damit konnte er Cynthia Willis nicht täuschen und ebensowenig mit den zwei Kopfaufnahmen von Frye, die sich wesentlich voneinander unterschieden. Mrs. Willis tippte mit dem Zeigefinger auf die zwei Schnappschüsse und entgegnete: »Das ist der Mann, der am vergangenen Donnerstagnachmittag in die Bank kam.« »Er wurde am Donnerstagmorgen in Los Angeles getötet«, erklärte Joshua.
    »Das glaube ich nicht«, meinte sie entschieden. »Da muß irgendein Irrtum vorliegen.«
    »Ich habe seine Leiche gesehen«, erklärte Joshua. »Er wurde vergangenen Sonntag in St. Helena begraben.« Sie schüttelte den Kopf. »Dann müssen Sie jemand anderen begraben haben, den falschen Mann.« »Ich kenne Bruno Frye seit seinem fünften Lebensjahr«, meinte Joshua. »Es ist ganz unmöglich, daß ich mich irrte.« »Und ich weiß, wen ich gesehen habe«, widersprach Mrs. Willis höflich, aber hartnäckig.
    Sie würdigte Preston keines Blickes. Ihr Stolz ließ es nicht zu, daß sie ihre Antworten seinen Maßstäben anpaßte. Sie

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