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Flüstern in der Nacht

Flüstern in der Nacht

Titel: Flüstern in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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wußte, daß sie ihre Arbeit gut machte, und hatte keine Angst vor dem Chef. Sie richtete sich sogar noch gerader auf und meinte: »Was Mr. Preston denkt, ist seine Sache. Aber er hat den Mann schließlich nicht gesehen. Ich schon. Es war Mr. Frye. Er kam in den letzten fünf Jahren zwei- oder dreimal pro Monat in die Bank. Er zahlte immer wenigstens zweitausend Dollar auf sein Scheckkonto ein, manchmal auch drei, und immer in bar. Das ist ungewöhnlich. Das macht ihn auffällig. Das und sein Aussehen, all die Muskeln und -« »Er hat doch ganz bestimmt seine Einzahlungen nicht immer an Ihrem Schalter getätigt.« »Nicht immer«, gab sie zu. »Aber sehr häufig. Und ich weiß, daß er derjenige war, der letzten Donnerstag das Geld hier abhob. Wenn Sie ihn auch nur im entferntesten kennen, Mr. Rhinehart, dann wissen Sie, daß man Mr. Frye nicht einmal zu sehen braucht, um ihn zu kennen. Seine seltsame Stimme erkennt man selbst mit verbundenen Augen.« »Eine Stimme kann man jederzeit nachahmen«, erklärte jetzt Preston und leistete damit seinen ersten Beitrag zum Gespräch.
    »Aber nicht eine solche«, wandte Mrs. Willis ein. »Man könnte sie nachahmen«, erwiderte Joshua, »aber nicht ohne weiteres.«
    »Und die Augen«, fuhr Mrs. Willis fort. »Die sind fast genauso seltsam wie seine Stimme.«
    Die Bemerkung machte Joshua neugierig; er beugte sich vor und fragte: »Was war denn mit seinen Augen?« »Sie wirkten kalt«, entgegnete sie. »Und ich meine nicht nur die blaugraue Farbe. Sehr kalte, harte Augen. Und die meiste Zeit hatte ich das Gefühl, er würde mich gar nicht gerade ansehen. Seine Augen glitten immer zur Seite, so als hätte er Angst, man könnte seine Gedanken oder so etwas lesen. Aber dann, manchmal, ganz selten, wenn er einen doch richtig anschaute, dann hatte man das Gefühl, als hätte man ... nun ... jemanden vor sich, der im Kopf nicht ganz richtig ist.«
    Ganz der stets diplomatische Banker, meinte Preston schnell: »Mrs. Willis, Mr. Rhinehart will ganz sicher, daß Sie sich an die objektiven Fakten dieses Falles halten. Wenn Sie Ihre persönliche Meinung äußern, dann kompliziert das die Dinge nur, macht es ihm noch schwerer.«
    Mrs. Willis schüttelte den Kopf. »Ich weiß nur, daß der Mann, der letzten Donnerstag hier war, dieselben Augen hatte.« Diese Beobachtung erschütterte Joshua ein wenig, weil auch er häufig das Gefühl hatte, Brunos Augen deuteten eine gepeinigte Seele an. Die Augen Fryes machten stets einen verängstigten Eindruck – zugleich aber zeigten sie auch die harte, mörderische, eisige Kälte, die Cynthia Willis festgestellt hatte.
    Joshua verbrachte noch eine halbe Stunde damit, sie bezüglich einer Vielzahl von Themen auszufragen, tausenderlei Dingen: Wie sie vorging, wenn sie große Barbeträge auszahlte, wie sie letzten Donnerstag vorgegangen war, was für Ausweispapiere der Mann zeigte, wie sie lebte, ihre bisherige Tätigkeit in der Bank, Dinge, die ihren Mann und ihre Kinder betrafen, ihre finanzielle Situation und noch ein halbes Dutzend weiterer Dinge. Er packte sie hart an, war manchmal sogar ausgesprochen grob, weil er das Gefühl hatte, damit weiterzukommen. Verstimmt über die Aussicht darauf, zusätzliche Wochen mit Fryes Nachlaß verbringen zu müssen, und darauf erpicht, eine schnelle Lösung der geheimnisvollen Vorgänge zu finden, suchte Joshua nach einem Grund, sie der Mittäterschaft an der Ausräumung der Frye-Konten zu beschuldigen, fand am Ende aber nichts. Tatsächlich mußte er sich nach Beendigung des Verhörs eingestehen, daß sie ihm recht sympathisch war und durchaus sein Vertrauen gewonnen hatte. Er ging sogar so weit, sich bei ihr für seine teilweise scharfe aggressive Art zu entschuldigen, und das war etwas, was bei ihm nur äußerst selten vorkam.
    Nachdem Mrs. Willis wieder an ihren Schalter zurückgekehrt war, führte Ronald Preston Jane Symmons ins Zimmer. Sie hatte Fryes Doppelgänger in den Kellerraum zu den Schließfächern begleitet. Sie war siebenundzwanzig, rothaarig, grünäugig, stupsnasig und recht reizbar. Ihre etwas weinerliche Stimme und die teilweise schnippischen Antworten trugen nicht gerade dazu bei, Joshua freundlicher zu stimmen; aber je mürrischer er wurde, desto schnippischer antwortete sie. Jane Symmons zeigte sich bei weitem nicht so ausdrucksgewandt wie Cynthia Willis, und schien ihm auch nicht so sympathisch wie die Schwarze; er entschuldigte sich auch nicht bei ihr, war aber dennoch sicher, daß sie

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