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Flüstern in der Nacht

Flüstern in der Nacht

Titel: Flüstern in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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Lehnstuhl. Das warme bernsteinfarbene Licht der Stehlampe mit dem gelben Schirm fiel auf ihn und zeichnete weiche Schatten um seine Mundwinkel, die Nase, die tiefliegenden Augen, und ließ ihn noch sanfter und freundlicher erscheinen, als sie es vom letzten Gespräch in Erinnerung hatte. Sie wünschte, er wäre derjenige, der die Fragen stellte. Aber im Augenblick hatte er offenbar die Rolle des Beobachters übernommen. Lieutenant Howard stand vor ihr und blickte mit unverhohlenem Widerwillen auf sie herab. Sie spürte, daß er sie dazu bringen wollte, den Blick beschämt oder niedergeschlagen abzuwenden; er wollte sie einschüchtern, irgendein Polizistentrick. Sie erwiderte seinen Blick unverwandt, bis er sich schließlich abwandte und anfing, auf und ab zu gehen. »Miss Thomas«, fing Howard an, »an Ihrer Geschichte gibt es einiges, was mich stört.«
    »Ich weiß«, meinte sie. »Es stört Sie, daß ich den Angreifer kenne. Sie denken, ich habe ihn vielleicht gereizt. Ist das nicht die übliche Ansicht der Polizei?«
    Er blinzelte überrascht, hatte sich aber sofort wieder im Griff. »Ja. Das ist das eine. Bleibt noch die Tatsache, daß wir nicht herausfinden können, wie er in ihr Haus gekommen ist. Officer Whitlock und Officer Farmer haben das Haus von oben bis unten durchsucht, zweimal, dreimal; sie können keine Spuren eines gewaltsamen Eindringens finden. Keine eingeschlagenen Fenster. Keine aufgestemmten Schlösser.« »Also vermuten Sie, ich hätte ihn eingelassen«, ergänzte Hilary.
    »Muß ich sicherlich in Erwägung ziehen.« »Nun, ziehen Sie auch das in Erwägung. Als ich vor ein paar Wochen in Napa County war, um Recherchen für ein Drehbuch anzustellen, habe ich meine sämtlichen Schlüssel in seinem Weingut verloren. Hausschlüssel, Wagenschlüssel –« »Sind Sie die ganze Strecke dorthin gefahren?« »Nein, geflogen. Aber ich hatte alle Schlüssel am selben Ring. Sogar die Schlüssel für den Mietwagen, den ich in Santa Rosa übernommen hatte; sie hingen an einer dünnen Kette, und aus Angst, ich könnte sie verlieren, habe ich sie an meinem Schlüsselbund befestigt. Ich hab' ihn nicht wiedergefunden. Die Leute von der Mietwagen-firma mußten mir neue Schlüssel schicken. Nach Los Angeles zurückgekehrt, brauchte ich einen Schlüssel, um überhaupt ins Haus zu kommen. Danach hab' ich mir neue Schlüssel anfertigen lassen.« »Sie haben die Schlösser nicht ausgewechselt?« »Der Aufwand schien mir überflüssig«, erklärte sie. »Die Schlüssel, die ich verloren habe, trugen ja keine Beschriftung. Derjenige, der sie gefunden hat, konnte doch nicht wissen, wem sie gehören.«
    »Ist es Ihnen nicht in den Sinn gekommen, daß man sie Ihnen gestohlen haben könnte?« fragte Lieutenant Howard. »Nein.«
    »Aber jetzt sind Sie der Meinung, Bruno Frye habe Ihnen die Schlüssel in der Absicht entwendet, hierherzukommen, Sie zu vergewaltigen und zu töten.« »Ja.«
    »Was hat er denn gegen Sie?« »Das weiß ich nicht.«
    »Hat er irgendeinen Grund, böse auf Sie zu sein?« »Nein.«
    »Einen Grund zum Haß?« »Ich kenne den Mann doch kaum.« »Für ihn ist der Weg hierher schrecklich weit.« »Ich weiß.«
    »Hunderte von Meilen.«
    »Hören Sie, er ist geistesgestört. Und Geistesgestörte unternehmen manchmal verrückte Dinge.«
    Lieutenant Howard hörte auf, auf und ab zu gehen, blieb wieder vor ihr stehen und starrte sie von oben herab an, mit einem Gesicht wie auf einem Totempfahl. »Kommt es Ihnen nicht komisch vor, daß ein geistesgestörter Mann seinen Zustand zu Hause so gut verbergen kann und er eine eiserne Selbstzucht besitzt, um das alles in sich so lange aufzuheben, bis er in eine fremde Stadt kommt?«
    »Natürlich kommt mir das seltsam vor«, meinte sie. »Es ist unheimlich. Aber es ist so.«
    »Hatte Bruno Frye Gelegenheit, Ihre Schlüssel zu stehlen?« »Ja. Einer der Vorarbeiter seines Weinguts hat einen speziellen Rundgang mit mir unternommen. Wir mußten ein Gerüst hochklettern, zwischen Gärbottichen und Fässern und durch einige sehr enge Stellen hindurch. Ich konnte meine Handtasche nicht mitnehmen, die wäre mir nur im Weg gewesen. Also hab' ich sie im Hauptgebäude abgelegt.« »In Fryes Haus.« »Ja.«
    Es knisterte förmlich vor Spannung. Er begann wieder auf und ab zu gehen: vom Sofa zu den Fenstern, von den Fenstern zu den Bücherregalen und wieder zurück zum Sofa. Dabei zog er seine breiten Schultern hoch und schob den Kopf nach vorn.
    Lieutenant Clemenza lächelte

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