Flüstern in der Nacht
betrunkener an, als hätte er undeutlich gesprochen. »Sicher«, meinte Tony. »Noch einen Scotch. Aber eine Kleinigkeit essen sollten wir auch.« »Keinen Hunger«, lallte Frank.
»Die machen hier ausgezeichnete Cheeseburger«, erklärte Tony. »Bestellen wir uns doch ein Paar und Pommes frites dazu.« »Nein. Für mich nur einen Scotch.«
Aber Tony ließ nicht locker, und Frank akzeptierte schließlich den Cheeseburger, blieb aber in bezug auf die Pommes frites unnachgiebig.
Penny nahm die Bestellung entgegen; als sie erfuhr, daß Frank noch einen Scotch wollte, hielt sie das für keine gute Idee.
»Ich bin nicht mit dem Wagen hier«, beruhigte sie Frank, wieder darauf bedacht, jede Silbe zu betonen. »Ich bin mit dem Taxi gekommen, weil ich vorhatte, mich sinnlos zu betrinken. Ich werd' auch wieder mit einem Taxi nach Hause fahren. Also bitte, Sie liebes kleines Mädchen mit den Grübchen, bringen Sie mir noch einen herrlichen doppelten Scotch.« Tony nickte ihr zu. »Wenn er nachher kein Taxi bekommt, bringe ich ihn nach Hause.«
Sie brachte frische Gläser. Vor Tony stand ein halbleeres schales Bier, das Penny mitnahm. Wilma Compton.
Wilma war zwölf Jahre jünger als Frank, einunddreißig, als er sie kennenlernte. Sie war reizend, hübsch, schmal, dunkeläugig. Hatte schlanke Beine, einen biegsamen Körper, einen aufregenden Hüftschwung, knackigen kleinen Po und schmale Hüften, aber einen für ihre Größe etwas zu üppigen Busen. Sie war nicht ganz so reizend, auch nicht so charmant und nicht so zierlich wie Barbara Ann. Sie besaß weder Barbara Anns Esprit und Witz, noch ihre Strebsamkeit und ihr Einfühlungs-vermögen. Aber oberflächlich betrachtet war eine Ähnlichkeit mit der Verstorbenen vorhanden, so daß sie Franks romantische Gefühle aus ihrem Schlummer zu wecken vermochte.
Wilma war Kellnerin in einem Schnellimbiß, in dem die Polizisten häufig zu Mittag aßen. Als sie Frank das sechste Mal bediente, bat er sie um ein Rendezvous, und sie willigte ein. Nach ihrem vierten Rendezvous gingen sie miteinander ins Bett. Wilma besaß dieselbe Begierde, Energie und Bereitschaft zum Experimentieren, wie Barbara Ann sie hatte. Daß sie manchmal nur Interesse an ihrer eigenen Befriedigung verspürte und an seiner überhaupt nicht, störte Frank nicht weiter; er redete sich ein, daß sich das legen würde und schließlich nur daher kam, daß sie lange Zeit keine befriedigende Beziehung mehr gehabt hatte. Außerdem war er stolz darauf, sie so leicht und total erregen zu können. Zum erstenmal nach Barbara Ann spielte für ihn beim Sex die Liebe wieder eine Rolle, und er glaubte, in Wilmas Reaktionen dieselbe Empfindung zu spüren. Nachdem sie sich zwei Monate lang näher kannten, fragte er sie, ob sie ihn heiraten wolle. Sie sagte nein und wollte von dem Augenblick an nicht mehr mit ihm ausgehen; er konnte sie nur sehen und mit ihr reden, wenn er im Lokal verkehrte. Sie gestand ihm die Gründe, weshalb sie ihn ablehnte, in aller Offenheit. Sie wollte heiraten, bemühte sich aktiv, den Richtigen zu finden, aber der mußte schon einiges Vermögen und eine verdammt gute Stelle besitzen. Ein Polizist, so meinte sie, würde nie genug Geld verdienen, um ihr ein Leben in Sicherheit zu bieten, wie sie es sich vorstellte. Ihre erste Ehe war hauptsächlich an finanziellen Zwistigkeiten gescheitert. Sie hatte die Erfahrung gemacht, Geldsorgen würden die beste Liebesbeziehung töten, verbrennen, und am Ende bliebe nur die Asche der Bitterkeit und des Zorns zurück. Für sie war das eine schreckliche Erfahrung, und sie schien fest entschlossen zu sein, das ein zweites Mal nicht mehr durchzumachen. Daß sie eine Ehe aus Liebe eingehen könnte, schloß sie nicht aus, aber finanzielle Sicherheit mußte ebenso vorhanden sein. Ihre Härte täte ihr leid, aber sie könnte einfach so eine Pein, wie sie sie früher durchgemacht hatte, nicht noch einmal ertragen. Während sie darüber sprach, kamen ihr die Tränen; ihre Stimme versagte. Sie wollte wohl jene unerträglich traurige deprimierende Trennung nicht nochmals durchleben, nur weil es an Geld mangelte.
Seltsamerweise ließ trotz ihrer Entschlossenheit, nur wegen des Geldes zu heiraten, Franks Respekt für sie nicht nach; vielmehr hatte er so lange allein gelebt, daß er sich jetzt nach Kräften bemühte, ihre Beziehung fortzusetzen, sollte er auch noch so große rosarote Brillengläser tragen müssen, um sich nur einen Hauch von Romantik erhalten zu können. Er
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