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Flüstern in der Nacht

Flüstern in der Nacht

Titel: Flüstern in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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ganz leicht abzuwickeln, weil sie keine Unterhaltszahlungen und auch sonst nichts von mir verlange. Keinen Penny will sie, erklärte Freyborn. Sie wollte einfach nur die Scheidung. Für mich war das wie ein Schlag in die Magengrube. Herrgott, ich konnte mir nicht vorstellen, weshalb. Eine Weile wäre ich fast verrückt geworden bei dem Versuch, herauszufinden, was ich falsch gemacht hatte. Ich dachte, ich könnte mich vielleicht ändern und sie zurückgewinnen. Und dann ... zwei Tage später, als ich einen Scheck ausstellen mußte, erfuhr ich, daß sich nur noch drei Dollar auf dem Konto befanden. Ich ging zur Bank und anschließend auf die Sparkasse; danach wußte ich, wieso sie keinen Penny forderte. Die hatte sich schon alles geholt.« »Aber du hast das doch nicht etwa hingenommen?« fragte Tony. Frank nahm wieder einen Schluck Scotch. Der Schweiß brach ihm aus. Sein Gesicht war feucht und weiß wie die Wand. »Zuerst fühlte ich mich nur irgendwie benommen und ... ich weiß nicht ... vielleicht hätte ich sogar Selbstmord begangen. Ich meine, nicht daß ich versucht hätte, mich umzubringen, aber das Leben interessierte mich einfach nicht mehr. Ich befand mich in einer Art Trancezustand, erlebte die Welt wie durch einen Schleier.«
    »Aber das hast du schließlich hinter dich gebracht.« »Zum Teil. Ich bin noch immer benommen. Aber teilweise habe ich mich ablösen können«, meinte Frank. »Dann habe ich mich nur noch geschämt, geschämt, zugelassen zu haben, daß sie mir das antat. Ich war ein solcher Esel, ein vollkommener Blödian. Ich wollte nicht, daß irgend jemand das erfuhr, nicht einmal mein Anwalt.« »Das ist nun die wirklich erste Dummheit, die du begangen hast«, erklärte Tony. »All das andere kann ich verstehen, aber das ...«
    »Irgendwie glaubte ich, sobald jeder wüßte, wie Wilma mich hereingelegt hatte, würde er automatisch denken, daß ich auch die Geschichte über Barbara Ann erfunden hätte. Ich war überzeugt, die Leute kämen auf die Idee, Barbara Ann habe mich damals genauso hereingelegt wie Wilma jetzt. Für mich bedeutete es in dieser Situation viel mehr als alles auf der Welt, daß die Erinnerung an Barbara Ann sauber blieb. Ich weiß, das klingt heute verrückt, aber damals habe ich das so gesehen.«
    Tony wußte nicht, was er dazu sagen sollte. »Also lief die Scheidung glasklar ab«, fuhr Frank fort. »Es gab keinerlei Diskussionen über Einzelheiten. Tatsächlich sah ich Wilma nur noch einmal ein paar Minuten vor Gericht; seit dem Morgen, an dem sie mich verlassen hatte, sprach ich kein Wort mehr mit ihr.«
    »Wo hält sie sich jetzt auf? Weißt du das?« Frank leerte sein Glas. Dann sprach er weiter, anders, mit weicher Stimme, fast im Flüsterton, aber nicht, weil er den Rest seiner Geschichte vor den anderen Gästen geheimhalten wollte, sondern weil seine Kraft allmählich nachließ und seine Stimme mehr und mehr versagte. »Nach der Scheidung wurde ich neugierig. Ich nahm einen kleinen Kredit auf und engagierte einen Privatdetektiv, der herausfinden sollte, wo sie sich befand und was sie tat. Er brachte eine ganze Menge zum Vorschein. Höchst interessante Dinge. Sie heiratete neun Tage nach der Scheidung wieder. Irgendeinen Typen namens Chuck Pozley in Orange County. Er betreibt in einem Einkaufscenter in Costa Mesa einen elektronischen Spielsalon, der vielleicht siebzig- oder achtzigtausend Dollar wert ist. So wie es aussieht, dachte Wilma zu dem Zeitpunkt ernsthaft darüber nach, ihn zu heiraten, als ich damals Geld von meinem alten Herren erbte. Was tat sie also – sie hat mich geheiratet, mich ausgequetscht und ist dann mit meinem Geld zu diesem Chuck Pozley gegangen. Einen Teil des Kapitals haben sie dazu benutzt, zwei weitere Spielsalons zu eröffnen, und es hat den Anschein, als ginge es ihnen recht gut.«
    »O Gott!« seufzte Tony.
    Noch am Morgen hatte er praktisch nichts über Frank Howard gewußt. Und jetzt wußte er fast alles, mehr als er eigentlich erfahren wollte. Tony galt als guter Zuhörer, das war sein Segen und zugleich sein Fluch. Sein vorheriger Partner, Michael Savatino, hatte ihm oft gesagt, er sei hauptsächlich deswegen ein so ausgezeichneter Detektiv, weil die Leute ihn mochten, ihm vertrauten und mit ihm über fast alles reden wollten. Und das komme daher, meinte Michael, daß er so gut zuhören könne. Ein guter Zuhörer, erklärte Michael, sei in einer Welt der Selbstsucht, Selbstliebe und Selbstdarstellung rar und daher etwas Wunderbares.

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