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Flüstern in der Nacht

Flüstern in der Nacht

Titel: Flüstern in der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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offenbarte ihr seine finanzielle Situation, bettelte förmlich darum, daß sie sich sein Sparbuch und seine Bankobligationen ansehen sollte, die zusammen einen Wert von fast zweiund-dreißigtausend Dollar darstellten. Er erzählte ihr, wieviel er verdiente, und erklärte ihr, daß er schon in ziemlich jungen Jahren mit einer schönen Pension in den Ruhestand würde gehen können, jung genug, ein kleines Geschäft zu gründen und damit noch mehr Geld zu verdienen. Falls sie also auf Sicherheit Wert legte, so war er ihr Mann.
    Zweiunddreißigtausend Dollar und eine Pension eines Polizisten reichten Wilma Compton nicht aus. »Ich meine«, erklärte sie, »das ist ja ein nettes Sümmchen Geld, aber immerhin besitzt du kein Haus oder sonst etwas, Frank.« Sie hielt die Sparbücher eine Weile in der Hand, als würden sie ihr eine Art sexueller Befriedigung vermitteln. Dann gab sie sie ihm zurück und meinte: »Tut mir leid, Frank, aber ich hab' mehr im Sinn als das. Ich bin noch jung und sehe bestimmt fünf Jahre jünger aus, als ich in Wirklichkeit bin. Mir bleibt noch ein wenig Zeit; noch kann ich mich umsehen. Und ich fürchte, daß heutzutage selbst Zweiunddreißigtausend Dollar nicht so schrecklich viel sind. Ich fürchte, das könnte bei irgendeiner Krisensituation nicht genug sein. Ich will mich nicht näher mit dir einlassen, da doch die Gefahr besteht, daß etwas ... Gemeines ... Böses ... daraus entstehen könnte ... so wie bei meiner letzten Ehe.« Er war am Boden zerstört.
    »Herrgott, wie ein Narr hab' ich mich benommen!« klagte Frank und schlug mit der Faust auf den Tisch, um seine Dummheit noch zu unterstreichen. »Für mich stand unwiderruflich fest, daß sie wie Barbara Ann etwas Besonderes, Seltenes, Wertvolles darstellte. Ganz gleich, was sie auch tat, ganz gleich, wie gefühllos und primitiv sie sich benahm, ich fand immer wieder Entschuldigungen für sie. Komplizierte, lächerliche Entschuldigungen – dumm war ich, blöde, dumm wie ein Esel, Herrgott!«
    »Was du getan hast, erscheint völlig verständlich«, meinte Tony.
    »Dumm war es.«
    »Du lebtest lange Zeit allein«, fuhr Tony fort. »Du verbrachtest zwei derart wunderbare Jahre mit Barbara Ann, daß du dachtest, du würdest nie wieder so ein Glück haben, und deshalb wolltest du dich nicht mit weniger zufriedengeben. Also hast du dich von der Welt verabschiedet. Du warst überzeugt, niemanden zu brauchen. Aber wir alle brauchen jemanden, Frank. Wir alle brauchen Menschen, die uns etwas bedeuten. Der Hunger nach Liebe und Geselligkeit ist für uns Menschen genauso natürlich und wichtig wie das Bedürfnis nach Essen und Trinken. Also hat sich in dir im Laufe der Jahre dieses Bedürfnis angesammelt, und als du jemanden trafst, der Barbara Ann ähnelte, als du Wilma trafst, warst du einfach nicht mehr in der Lage dazu, dieses Bedürfnis länger zu verdrängen. Neunzehn Jahre Wartezeit sprudelten plötzlich aus dir heraus. Du mußtest förmlich etwas Verrücktes tun. Es wäre ja nett gewesen, wenn Wilma sich als gute Frau erwiesen hätte, die dich wirklich verdiente. Aber weißt du, es grenzt beinahe an ein Wunder, daß dich so jemand wie Wilma nicht schon Jahre früher in die Klauen bekam.« »Ein Esel war ich.« »Nein.« »Ein Idiot.«
    »Nein, Frank. Du reagiertest ganz normal«, erwiderte Tony. »Du hast dich menschlich verhalten, wie wir alle das tun.« Penny brachte die Cheeseburger. Frank bestellte sich noch einen doppelten Scotch. »Willst du wissen, warum Wilma es sich schließlich anders überlegt hat?« fragte Frank. »Willst du wissen, warum sie sich schließlich doch entschlossen hat, mich zu heiraten?« »Sicher will ich das«, antwortete Tony. »Aber warum ißt du nicht zuerst deinen Cheeseburger?«
    Frank ignorierte das Sandwich. »Mein Vater starb und hinterließ mir sein ganzes Vermögen. Zuerst sah es nach weiteren dreißigtausend Dollar aus. Aber dann stellte ich fest, daß der alte Herr im Lauf der letzten dreißig Jahre eine ganze Menge Fünf- und Zehntausend-Dollar-Lebensversicherungspolicen gesammelt hatte. Nach Abzug der Steuern belief sich die Erbschaft auf neunzigtausend Dollar.« »Nicht schlecht.«
    »Zusammen mit dem, was ich bereits besaß«, erklärte Frank, »reichte es nun für Wilma aus.«
    »Vielleicht wärst du besser bedient gewesen, wenn dein Vater arm gestorben wäre«, meinte Tony.
    Franks rotgeränderte Augen wurden wäßrig, und einen Moment lang sah es so aus, als würde er gleich zu weinen beginnen.

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