Fluesterndes Gold
entferne mich widerstrebend von ihm. »Ich mache ein Feuer im Ofen.«
Ich will gerade weggehen, da überlege ich es mir anders: »Versprich mir, dass du dich nicht bewegst.«
Er hustet. »Versprochen.«
»Ehrenwort?«
»Ehrenwort.« Er lacht ein wenig, als würde ich ihn amüsieren.
Mit der Taschenlampe in der Hand eile ich in die Küche zurück und hole die Holzscheite. Ich lege zusammengeknülltes Zeitungspapier in den großen schwarzen Franklin-Kaminofen, werfe ein bisschen Anzündholz darauf und nehme eines der langen Streichhölzer, die Betty in einer Art Korb aus Eisen neben dem Ofen aufbewahrt. Sobald das Feuer brennt, lege ich ein Scheit auf. Die Flammen tauchen die Mitte des Raumes in ein weiches, warmes, rötliches Licht, aber die Ränder sind immer noch dunkel und geheimnisvoll.
Der Geruch nach brennendem Holz hat etwas Tröstliches, als ob alles normal sei, als ob ich nicht im Wald von einem Verrückten verfolgt worden wäre oder einen Pfeil aus der Schulter eines Hundes gezogen hätte oder ein nackter Junge im Sessel sitzen würde.
»Ich kann es kaum glauben, dass du weißt, wie man Feuer macht«, sagt er.
Ich wische mir die Hände an der Hose ab. »Ich bin kein ganz hoffnungsloser Fall.«
Er lächelt. »Ich weiß.«
»Ich kann auch gut Briefe schreiben.«
»Und rennen.«
»Stimmt. Und ich bin eigensinnig.«
»Wir sind beide eigensinnig.«
Während ich die Stiefel abstreife, atme ich tief die nach Wald riechende Luft ein, dann stehe ich auf.
»Zeig mir deine Verletzung.«
»Es ist nichts.«
»Ich will sie sehen.«
Ich gehe auf ihn zu, und er zuckt zurück. Ehrlich. Der große Nick Colt zuckt zurück.
»Ich tu dir nicht weh. Betty muss bald da sein und die Polizei auch.« Ich strecke die Hand aus und schiebe eine dunkle Haarlocke aus seiner Stirn. »Du bist heiß. Vielleicht hast du eine Infektion.«
»Ich bin immer heiß.« Er rutscht unbehaglich in dem Sessel herum.
»Wie bescheiden.«
Er lacht, und die Bewegung lässt ihn zusammenzucken. »So hab ich das nicht gemeint.«
»Ich weiß.«
Wir schauen uns einen Augenblick lang an, und dann lasse ich meine Hand an seiner warmen Wange liegen. Er war bei diesem Unwetter draußen. Womöglich ist er wirklich krank. Und wo zum Teufel sind seine Klamotten? Und der Hund? Und wie ist er ins Haus gekommen? Ich möchte nicht darüber nachdenken, worüber ich versuche, nicht nachzudenken, seit ich das Hundefell in seinem Mini gesehen habe, aber ich tue es. Ich denke darüber nach.
»Nick, du musst mir vertrauen. Eigentlich bin ich eine sehr vertrauenswürdige Person.«
Er schluckt. Er nimmt seine Hand, legt sie auf meine und führt sie zu seiner bedeckten Schulter.
»Ich weiß.«
Ich fröstle. In mir wallt etwas auf, sodass ich wegrennen möchte, aber ich bleibe da, ganz ruhig. »Wo bist du verletzt?«
Mit einer kleinen Bewegung seines Arms lässt er die Decke von seiner Schulter rutschen. Ich erstarre. Die tüchtige Zara verflüchtigt sich praktisch vollständig. Da ist ein blutverkrusteter Verband. Der Verband ist mir vertraut, sehr vertraut.
Meine Hand zuckt von ganz allein zurück, aber sie ist der einzige Teil von mir, der sich bewegt. Nick sieht mich abwartend an.
Ich schlucke und versuche meine Angst und meine Verwirrung wegzuschieben. Mehr kann ich nicht tun, damit ich nicht aufstehe und wegrenne. Das würde meine Mutter tun, aber nicht ich. Ich bin nicht meine Mutter.
»Aber …«, flüstere ich. »Das ist unmöglich. Oder?«
Mit schief gelegtem Kopf betrachte ich den Verband, dann strecke ich die Hand aus und reiße ihn mit einem raschen Ruck ab. Unter dem Verband kommt eine punktförmige Wunde zum Vorschein, die ein Pfeil verursacht hat. Aber sie ist schon verschorft und heilt.
Mein Atem bleibt mir in der Brust stecken.
Ganz, ganz langsam drehe ich den Kopf und begegne seinem Blick. Er sieht ängstlich aus und entschlossen, ruhig, aber irgendwie auch kampfbereit.
Der Verband baumelt von meinem Fingern, als die Frage meine Lippen verlässt: »Nick? Was bist du?«
Ich habe schreckliche Angst davor, dass ich eigentlich schon weiß, was er ist. Aber das darf nicht sein. Mein Herz krampft sich zusammen, als würde jemand es zusammenpressen, aber niemand tut mir das an. Ich selbst bin es, weil ich solche Angst habe.
Nick schließt ein Auge und dreht den Kopf, um nach seiner Wunde zu spähen, dann schaut er mich direkt an.
»Wo ist der Hund?«, frage ich und klinge panisch.
»Das war kein Hund, Zara«, sagt er. Starke
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