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Fluesterndes Gold

Fluesterndes Gold

Titel: Fluesterndes Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carrie Jones
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verletzte Schulter mit dem Handrücken. »Aber es ist nicht der einzige Ort, an dem es Werwesen gibt.«
    »Kenne ich sonst noch jemanden, der ein Werwesen ist?«
    Seine Augen schauen mich direkt an. »Betty.«
    »Betty?«
    »Sie ist ein Tiger.«
    Achtung – Tiger.
    Eine Sekunde vergeht. Zwei. Ich schlage meine Hände auf seine Brust. »Hau ab!«
    Er hebt die Hände hoch. »Was ist los?«
    »Du kannst mir doch nicht weismachen, dass meine Großmutter ein verdammter Tiger ist, ja? Hau einfach ab!«
    »Zara …«
    »Das ist zu viel«, sage ich, schleppe mich davon und werfe mich auf die Couch. »Ja? Es ist einfach zu viel.«
    Algophobie
    Die Angst vor Schmerzen
    Ich muss zugeben: Ich bin ein Feigling.
    Noch einmal:
    Ich bin ein Feigling.
    Ich stehe von der Couch auf und gehe im Raum auf und ab:
    »Oh mein Gott. Oh mein Gott. Oh mein Gott«, jammere ich vor mich hin.
    Ich stürze zum Ofen hinüber und strecke die Hände aus, weil ich feststellen will, ob ich wahnsinnig geworden bin oder ob ich die Hitze spüre. Das Feuer ist wirklich. Wahnsinnige verlieren oft den Bezug zur Wirklichkeit.
    »Das darf doch alles nicht wahr sein.«
    Aber es ist wahr.
    Ich lache hysterisch und halte mir mit der Hand den Mund zu,
    »Alles in Ordnung«, murmle ich. »Alles ist okay. Du kannst damit umgehen. Deine Großmutter ist kein Mensch. Nick ist kein Mensch. Sie sind Menschen, die keine Menschen sind.«
    Nick sitzt schweigend auf der Kante des Couchtischs und schaut mich an. Er wirkt total angespannt, wie ein Soldat, der einen Hinterhalt erwartet und auf den schmerzhaften Treffer gefasst ist. Endlich bleibe ich stehen.
    »Danke, dass du mir vertraust«, flüstere ich.
    Er legt den Kopf schief und entspannt sich. Dann hebt er den Finger und bedeutet mir zu warten, während er in die Küche trottet. Ich bleibe, wo ich bin, und einen Augenblick später kehrt er zurück. Er ist ein bisschen blasser als sonst. Die Decke trägt er jetzt um die Taille und dazu einen übergroßen blauen Kapuzenpulli von Grandma Betty. Er zieht den metallenen Reißverschluss zu und lehnt sich dann mit vor der Brust verschränkten Armen an die Wand neben dem Ofen.
    »Also …«, sagt er.
    »Also.«
    »Also ich bin ein Werwolf und deine Großmutter ist ein Wertiger. Soweit alles klar?«
    Ich nicke wie ein braves Mädchen, als ob das alles vollkommen normal wäre. »Sieht so aus. Hast du Schmerzen?«
    »Mir geht’s gut.«
    Meine Hand zuckt zu meiner Stirn hinauf. Die Welt scheint sich wieder zu drehen. Er bemerkt das, denn er nimmt meine Hand und führt mich hinüber zu der hässlichen, lächerlich karierten Couch. Wir setzen uns nebeneinander hin.
    »Ich dachte, du wolltest nicht ohnmächtig werden.« Er schaut mich finster an. Ich hasse es, wenn er mich so anschaut.
    »Werd ich auch nicht.«
    Ich lehne mich an die Armstütze und schnappe mir ein Kissen, das ich mir gegen den Bauch drücke wie eine Barriere zwischen uns. Er empfindet das auch so. Ich weiß es, denn in seinen Augen liegt wieder dieser verletzliche Ausdruck, deshalb lege ich das Kissen zurück auf die Rückenlehne der Couch. Es rutscht hinunter auf Nicks Kopf. Ich lache. Auch er lacht und schlägt mit dem Kissen nach mir. Staub wirbelt durch die Luft und ich niese.
    »Es ist einfach merkwürdig, verstehst du«, sage ich und entreiße ihm das Kissen. »Es ist merkwürdig, wenn man herausfindet, dass jemand ein Werwolf ist. Ich glaube nicht einmal daran, dass es Werwölfe gibt. Das ist nicht möglich. Das ist physikalisch nicht möglich.«
    »Eigentlich nicht.«
    »Offensichtlich nicht.«
    Meine Hand fährt gestikulierend durch die Luft. Ich lege sie wieder in den Schoß. »Und Betty ist auch ein Werwesen. Und wenn sich das vererbt, dann ist mein Dad, ich meine, mein Stiefvater, wahrscheinlich auch eines.«
    »Brillante Schlussfolgerung.«
    »Halt die Klappe.«
    Er nervt. Lächelnd sitzt er da, als wäre es lustig zuzuschauen, wie ich mich winde. Eine Million Fragen rattern in meinem Kopf. Ich stelle die erste: »Wie wird man zum Werwolf?«
    »Man wird so geboren. Oder man wird gebissen.« Er zwinkert mir zu. »Bist du interessiert?«
    Ich schreie auf und schrecke zurück, wobei ich mir die Hüfte an der Seitenlehne der Couch anstoße und fast auf den Boden falle. »Nein!«
    Er umfasst mit seinen großen Händen meine Taille und zieht mich lauthals lachend auf die Couch zurück. »Ich hab nur Spaß gemacht, Zara. Ich würde nicht zulassen, dass dir das zustößt.«
    »Wirklich nicht?«
    Seine Augen

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