Fluesterndes Gold
lassen mich dahinschmelzen. »Wirklich. Ich würde niemals zulassen, dass dir irgendetwas zustößt.«
»Oh, ach so. Da haben wir wieder den Helden-Komplex. Du bist ein Werwolf mit Helden-Komplex. Das ist echt witzig.«
Er antwortet nicht. Das gedämpfte Licht lässt alles im Raum romantisch schimmern, obwohl der heiße Ofen die Luft so austrocknet, dass meine Kehle schmerzt. Das Herz schwirrt mir in der Brust. Die Hoffnung lässt es viel zu schnell schlagen. Er streckt die Hand aus und berührt meinen Hinterkopf. Seine Finger wühlen sich in meine Haare. Und es kommt wieder, dieses Gefühl des Dahinschmelzens und der Sehnsucht. Ich will meinen Körper an seinen schmiegen. Die Decke, die ihn umhüllt, reibt an seinen Beinen und an meinen Beinen.
Seine Stimme klingt heiser. »Ich küss dich jetzt, okay?«
Ich glaube nicht, dass ich noch sprechen kann, deshalb nicke ich nur.
»Okay.«
Seine Lippen sind warm. Meine Arme legen sich um seine Schultern und er drückt mich an sich. Hier fühle ich mich warm und sicher. Meine Kniekehlen prickeln, und ich fühle mich absolut nicht hohl oder leer, im Gegenteil. Ich habe das Gefühl, dass mein Leben vor lauter Fülle zu platzen droht.
Schließlich sage ich. »Ich kann’s nicht fassen, dass du mich küsst.«
Er lehnt sich zurück und legt seine große Hand seitlich an mein Gesicht. »Was? Und du küsst mich nicht zurück?«
Ich zucke die Achseln. »Ich dachte nur …«
»Was dachtest du?«
»Dass du vielleicht … Ach, ich weiß auch nicht. Noch nie ein Mädchen geküsst hast. Nicht böse werden! Das haben Issie und Devyn gesagt.«
»Dass ich noch nie ein Mädchen geküsst habe?«
»Ja. Ich dachte, das liegt vielleicht daran, dass du ein Elf bist. Ich habe Goldstaub auf deiner Jacke gesehen.«
»Du hast was?« In seiner Stimme liegt eine gewisse Schärfe.
»Ich hab nicht wirklich daran geglaubt. Es war nur so ein Gedanke.« Ich kuschle mich an ihn, um ihn zu besänftigen,
»Wann war Staub auf meiner Jacke?«
»Als du mir mit meinem Auto geholfen hast.«
Er nickt. »Da war ich vorher im Wald und hab ihn gesucht. Ich habe meine Jacke abgelegt, bevor ich mich verwandelt habe. Dabei ist der Staub wahrscheinlich drangekommen. Ich fass es nicht, dass du mich für einen Elf gehalten hast.«
»Nur ein bisschen.« Wir sitzen eine Minute schweigend da. »Ich finde, wir sollten Issie und Devyn anrufen und ihnen alles erzählen.«
»Dass wir rumgeknutscht haben?«
Ich boxe ihn mit dem Ellbogen. »Nein. Die Elfen/Werwolf-Sache.«
Ich ziehe mch von der Couch hoch und nehme das Telefon vom Kaminsims. Es ist warm. Ich fange an, die Tasten zu drücken. »Und dann sollten wir Jay suchen.«
Das Telefon gibt ein komisches Geräusch von sich. Auf dem Display erscheint »kein Empfang«.
»Na prächtig.«
Nick steht auf, nimmt das andere Telefon und lauscht. »Die Leitungen sind tot.«
Ich klappe das Handy auf. »Kein Empfang.«
Ich stecke es in die Tasche.
Nick zeigt nach draußen. Blaues Licht färbt die Scheiben, blaue Lichter blinken durch die Fenster. »Die Polizei ist da.«
Pogonophobie
Die Angst vor Gesichtsbehaarung, vornehmlich Bärten
Zwei Polizisten kommen an die Tür, beide sind Stellvertreter des Sheriffs. Ihre Hände liegen an ihren Waffen, als ob sie gleich losballern wollten.
»Bist du Zara?«, fragt der Größere mit dem Bart. Seine kurzen Haare sind rot.
Ich nicke.
»Sergeant Fahey«, stellt er sich vor, nimmt die Hand von seiner Waffe und streckt sie mir hin. Dann entdeckt er Nick hinter mir und lässt sich zu einem Lächeln hinreißen. »Hallo, Nick.«
Nick lächelt und grüßt mit einem Kopfnicken.
»Dann hast du also wieder zurückgefunden«, sagt Sergeant Fahey mit einem Blick auf die Decke um Nicks Taille. Er nickt dem anderen Polizisten zu, der keinen Bart trägt und wirklich sehr jung aussieht. »Gesund und munter. Dann … müssen Deputy Clark und ich uns nicht auf die Suche machen.«
»Nee«, sagt Nick, »tut mir leid.«
»Tut dir leid? Ist doch gut«, sagt Deputy Clark. Er fröstelt vor Kälte.
»Oh, möchten Sie vielleicht reinkommen?«, frage ich.
»Nein, danke«, sagt Sergeant Fahey ganz stramm und förmlich, was seinen Kollgen Clark zu einer Grimasse verleitet. »Aber deine Großmutter sagte, dass du im Wald einen Mann gehört hast. Er hat deinen Namen gerufen?«
Ich nicke. »Und er wollte Nick angreifen.«
Sergeant Fahey reißt die Augen auf. »Wirklich?«
Nick wirft mir einen bösen Blick zu, und da wird mir klar, dass es
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