Flug 2039
versucht mit dem Zeppelin Funckontakt aufzunehmen.
Der Veranstaltungskoordinator sagt: »Tun Sie so, als hätten Sie den Ring.«
Die Kameras werden mich und die Braut in Großaufnahme bringen, nur unsere Köpfe. Ich solle einfach so tun, als würde ich Trisha einen Ring an den Finger stecken.
Die Braut sagt, sie sei nicht Trisha.
»Und denken Sie dran«, sagt der Koordinator, »nur die Lippen bewegen. Der Text ist vorproduziert.«
Nach neun Minuten im zweiten Viertel lebt der Agent immer noch und schreit in sein Handy.
»Abschießen!«, schreit er. »Runter mit dem Ding. Gib mir ein Gewehr, dann mach ich’s selbst«, schreit er. »Dieser verdammte Zeppelin muss weg!«
»Nichts zu machen«, sagt der Veranstaltungskoordinator. Sobald die Hochzeitsgesellschaft das Stadion verlässt, wird die Besatzung des Zeppelins fünfzehntausend Pfund Reis über dem Parkplatz abwerfen.
»Wenn Sie mich jetzt begleiten wollen«, sagt der Programmplaner. Wir müssen jetzt unsere Plätze einnehmen.
Die Colts und die Cardinals latschen vom Feld. Es steht zwanzig zu siebzehn.
Die Zuschauer schreien nach Football.
Engel und Bühnenarbeiter rennen los, um den Altar, die Seidenblumen, die brennenden Kerzenständer und das mit Tauben gefüllte Podium aufzubauen.
Das Korsett quetscht mir sämtliche inneren Organe in den Hals.
Die Uhr tickt der zweiten Halbzeit entgegen, und der Agent lebt immer noch. Ich schaffe nur noch halbe Atemzüge.
Der Fitnesstrainer tritt von der Seite an mich heran und sagt: »Hier, das wird Ihnen etwas Farbe auf die Wangen zaubern.«
Er hält mir ein Fläschchen unter die Nase und sagt, ich soll tief einatmen.
Die Zuschauer stampfen mit den Füßen, die Uhr tickt, das Spiel steht auf Messers Schneide, und ich schnüffle.
»Jetzt das andere Nasenloch«, sagt der Trainer.
Ich schnüffle wieder.
Und plötzlich ist alles verschwunden. Abgesehen vom Summen des Bluts in den Adern meiner Ohren und dem Pochen meines Herzens in der Umklammerung des Korsetts, nehme ich nichts mehr wahr.
Fühle nichts Böses. Sehe nichts Böses. Höre nichts Böses. Fürchte nichts Böses.
Draußen steht der Koordinator und winkt mich auf das künstliche Gras hinaus. Er zeigt auf den übers Spielfeld gezogenen Kreidestrich, dann auf eine Gruppe von Leuten, die auf dem im Zentrum des Feldes aufgebauten und mit weißen Blüten geschmückten Podium stehen.
Das Summen meines Bluts blendet langsam über in Musik. Ich gehe am Koordinator vorbei ins Stadion, ins Geschrei der Menge hinaus. Die Musik lärmt von überall und nirgends. Oben kreist der Zeppelin und blinkt seine Botschaft:
Die hervorragenden Produkte der Philip Morris Produktfamilie gratulieren herzlich.
Die Braut, Laura, Trisha, oder wie sie heißt, schreitet von der anderen Seite ins Stadion.
Ohne den Mund aufzumachen, sagt der Friedensrichter:
TENDER BRANSON, WOLLEN SIE TRISHA CONNORS ZUR FRAU NEHMEN, SIE LIEBEN UND EHREN, WOLLEN SIE FRUCHTBAR SEIN
UND SICH MEHREN, BIS DASS DER TOD EUCH SCHEIDET?
Man spürt den Widerhall aus hundert Lautsprechern. Ohne den Mund aufzumachen, sage ich: JA, ICH WILL.
Ohne den Mund aufzumachen, sagt der Friedensrichter: TRISHA CONNORS, WOLLEN SIE TENDER BRANSON ZUM MANN NEHMEN, BIS DASS DER TOD EUCH SCHEIDET?
Und Laura sagt lippensynchron:
JA, ICH WILL.
Die Fernsehkameras fahren nah heran, und wir tun so, als würden wir die Ringe austauschen.
Wir täuschen einen Kuss vor.
Der Schleier hält einigermaßen. Laura bleibt Trisha. Von weitem sieht alles perfekt aus.
Außerhalb des Fernsehbildes strömen Polizisten aufs Spielfeld.
Der Agent ist tot. Das Parfüm. Chlorgas.
Die Polizisten erreichen die 10-Yard-Linie.
Ich bitte den Friedensrichter um ein Mikrophon, damit ich meine große Prophezeiung machen kann. Mein Wunder.
Die Polizisten erreichen die 20-Yard-Linie.
Ich bekomme das Mikrophon. Aber das ist tot.
Die Polizisten erreichen die 25-Yard-Linie.
Ich sage: Test, Test, eins, zwei, drei.
Test, eins, zwei, drei.
Die Polizisten erreichen die 30-Yard-Linie, sie haben offene Handschellen dabei, um mich festzunehmen.
Das Mikrophon erwacht zum Leben, und meine Stimme dröhnt aus den Lautsprechern.
Die Polizisten erreichen die 40-Linie und sagen: Sie haben das Recht zu schweigen.
Sollten Sie auf dieses Recht verzichten, kann und wird alles, was Sie sagen, gegen Sie verwendet werden …
Aber ich verzichte auf mein Recht.
Ich verkünde meine Prophezeiung.
Die Polizisten erreichen die 45-Yard-Linie.
Meine Stimme
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