Flug 2039
gemacht.«
Ich flüstere: So schlimm war das gar nicht.
»In meinem Traum«, sagt der Mund, »hast du geweint. Beim ersten Mal warst du noch ein ganz kleiner Junge, und du hattest keine Ahnung, was da geschehen würde.«
Ich flüstere: Das habe ich alles hinter mir gelassen. Jetzt bin ich eine bekannte berühmte religiöse Berühmtheit.
Die Pistole sagt: »Gar nichts hast du hinter dir gelassen.«
Doch, habe ich.
»Und warum bist du dann immer noch Jungfrau?«, fragt der Mund.
Morgen werde ich heiraten.
Der Mund sagt: »Aber du wirst keinen Sex mit ihr haben.«
Ich sage: Sie ist ein reizendes, ein bezauberndes Mädchen.
Der Mund sagt: »Aber du wirst keinen Sex mit ihr haben. Du wirst die Ehe nicht vollziehen.«
Die Pistole sagt zu dem Mund: »So hat die Kirche das mit allen Tenders und Biddys gemacht, damit sie in der Außenwelt niemals Sex haben wollen.«
Der Mund zur Pistole: »Das war der reine Sadismus.«
Apropos Ehe, sage ich. Ich bräuchte da das größte Wunder, das du auf Lager hast.
»Ich schätze, du brauchst noch viel mehr«, sagt der Mund. »Morgen früh, während du heiratest, wird dein Agent tot umfallen. Und dann brauchst du nicht nur ein gutes Wunder, sondern auch einen guten Anwalt.«
Mein Agent tot. Kein schlechter Gedanke.
»Die Polizei«, sagt der Mund, »wird dann dich verdächtigen.«
Aber warum?
»Er hat eine Flasche mit deinem neuen Parfüm dabei, Truth – Der Duft« ,sagt der Mund, »und wenn er daran riecht, erstickt er.«
»Da ist nämlich eine Mischung aus Bleichmittel und Ammoniak drin«, sagt die Pistole.
Ich frage: Genau wie bei der Sozialarbeiterin?
»Und deshalb wird die Polizei hinter dir her sein.«
Aber es war mein Bruder, der die Sozialarbeiterin umgebracht hat, sage ich.
»Schuldig in allen Anklagepunkten«, sagt die Pistole. »Der Diebstahl von diesem DSM und deinen Akten geht übrigens auch auf mein Konto.«
Der Mund sagt: »Genauso wie der Mord an dem Agenten.«
»Erzählen Sie ihm das Beste an der Geschichte«, sagt die Pistole zu dem Mund.
»In meinen Träumen«, sagt der Mund, »erhärtet sich bei der Polizei der Verdacht, dass du der Mörder all der credistischen Überlebenden bist, bei denen die Selbstmorde immer wie von außen arrangiert ausgesehen haben.«
All die Credisten, die Adam getötet hat.
»Genau die«, sagt die Pistole.
Der Mund sagt: »Die Polizei denkt, du hättest diese Morde womöglich begangen, um berühmt zu werden. Immerhin bist du praktisch über Nacht vom hässlichen fetten Hausknecht zum religiösen Führer geworden, und morgen wird man dich beschuldigen, der erfolgreichste Serienmörder des Landes zu sein.«
Die Pistole sagt: »Erfolgreich ist vielleicht nicht ganz das richtige Wort.«
Ich sage: So fett war ich doch gar nicht.
»Wie viel hast du gewogen?«, fragt die Pistole. »Und sei ehrlich.«
An der Wand steht: Heute ist der schlimmste Tag vom Rest deines Lebens.
Der Mund sagt: »Du warst fett. Du bist fett.«
Ich frage: Warum tötest du mich dann jetzt nicht einfach? Jag mir doch jetzt gleich ein paar Kugeln in den Kopf!
»Die Waffe ist geladen«, sagt die Pistole, und der Lauf schwenkt umher und zielt mir ins Gesicht, auf die Knie, die Füße, auf Fertilitys Mund.
Der Mund sagt: »Nein, die Waffe ist nicht geladen.«
»Doch, ist sie«, sagt die Pistole.
»Dann beweisen Sie es«, sagt der Mund. »Erschießen Sie ihn. Na los. Erschießen Sie ihn. Schießen Sie.«
Ich sage: Nein, erschieß mich nicht.
Die Pistole sagt: »Hab keine Lust.«
Der Mund sagt: »Lügner.«
»Na ja, kann sein, dass ich ihn mal erschießen wollte, vor langer Zeit mal vielleicht«, sagt die Pistole. »Aber jetzt finde ich, er kann gar nicht berühmt genug werden. Deshalb habe ich ja die Sozialarbeiterin umgebracht und ihre Aufzeichnungen über seine psychischen Probleme vernichtet. Und deshalb habe ich auch das Chlorgas in diese alberne Flasche getan, damit der Agent sich daran zu Tode schnüffelt.«
Den perversen Irren habe ich der Sozialarbeiterin doch nur vorgespielt, sage ich.
An der Wand steht geschrieben: Kack oder verzieh dich.
»Es spielt keine Rolle, wer den Agenten tötet«, sagt der Mund. »Sobald die Kameras abgeschaltet werden, wird die Polizei dich wegen Massenmordes festnehmen.«
»Aber keine Bange«, sagt die Pistole. »Wir werden dich da rausholen.«
Mich da rausholen?
»Du brauchst denen bloß das Wunder aufzutischen«, sagt der Mund. »Dann bricht für ein paar Minuten Chaos aus, und du hast Zeit genug,
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