Flug 2039
Gesicht.
Um sechs Uhr beginnt der Superbowl. Football. Die Cardinals gegen die Colts.
Nach fünf Minuten im ersten Viertel steht es sechs zu null für die Colts, und der Agent lebt immer noch.
Bei den Stahltoren, die ins Stadion führen, stehen die Ministranten und die Brautjungfern, die als Engel verkleidet sind. Sie flirten miteinander und rauchen dabei.
Die Colts sind an der 40-Yard-Linie bei ihrem zweiten Versuch, sechs Yards fehlen noch, und der Planungskoordinator setzt mir auseinander, was mich auf der Hochzeitsreise alles erwartet: eine Tournee durch siebzehn Städte als Werbefeldzug für die Bücher, die Spiele, die Armaturenbrettpuppe. Die Stiftung meiner eigenen großen Weltreligion steht auch immer noch im Raum. Und nachdem das heikle Problem meines Sexlebens jetzt gelöst ist, wird auch an eine Welttournee gedacht. Konkret geht es um eine Goodwilltour nach Europa, Japan, China, Australien, Singapur, Südafrika, Argentinien, Neuguinea und auf die britischen Jungferninseln, von denen ich rechtzeitig in die Vereinigten Staaten zurückkehren werde, um bei der Geburt meines ersten Kindes dabei zu sein.
Um jegliche Spekulationen auszuschließen, erklärt mir der Koordinator, der Agent habe gewisse Vorkehrungen getroffen, dass meine Frau unser erstes Kind am Ende der neun Monate langen Tournee bekommen werde.
Die langfristige Planung sieht vor, dass meine Frau sechs, vielleicht sieben Kinder haben wird: eine Credistenfamilie wie aus dem Bilderbuch.
Der Veranstaltungskoordinator sagt, ich brauche keinen Finger zu rühren.
Was mich betrifft, werde das eine unbefleckte Empfängnis.
Das Flutlicht ist viel zu hell, sagt die Maskenbildnerin und pinselt mir die Wangen rot.
Am Ende des ersten Viertels bringt mir der Agent ein paar Papiere, die ich unterschreiben soll. Da geht es um die Gewinnbeteiligung, sagt er. Teilhaber Tender Branson, nachstehend Das Opfer genannt, gewährt der nachstehend Der Agent genannten Partei Vollmacht, jegliche an das Tender-Branson-Medien- und Merchandising-Syndikat zu zahlenden Gelder in Empfang zu nehmen und zu verteilen, einschließlich, aber nicht beschränkt auf Einnahmen aus Buchverkäufen, Rundfunk- und Fernsehübertragungen, bildlichen Darstellungen, Liveauftritten und dem Absatz von Kosmetika, insbesondere Herrenparfüm.
»Unterschreiben Sie hier«, sagt der Agent.
Und hier.
Hier.
Und hier.
Jemand heftet mir eine weiße Rose ans Revers. Jemand kniet vor mir auf dem Boden und poliert mir die Schuhe. Die Maskenbildnerin pinselt immer noch an mir herum.
Der Agent besitzt jetzt das Copyright an meinem Gesicht. Und an meinem Namen.
Das erste Viertel ist zu Ende, es steht unentschieden, sieben zu sieben, und der Agent lebt immer noch.
Der Fitnesstrainer spritzt mir zehn Kubikzentimeter Adrenalin, um meine Augen zum Funkeln zu bringen.
Der Veranstaltungskoordinator sagt, ich brauche lediglich zur 50-Yard-Linie zu gehen; dort, im Zentrum des Spielfeldes, werde ich von der Hochzeitsgesellschaft erwartet. Die Braut komme von der anderen Seite. Wir werden auf ein Podium aus Holzkisten treten, in denen fünftausend weiße Tauben versteckt sind. Die Tonspur für die Zeremonie sei bereits im Studio vorproduziert worden, und nur dies werde das Publikum zu hören bekommen. Ich brauche den Mund erst für meine Prophezeiung aufzumachen.
Die Tauben werde ich durch Betätigung eines Fußbodenschalters freilassen. Hingehen. Ein paar Worte. Tauben raus. Ein Kinderspiel.
Der Garderobier erklärt, dass wir das Korsett brauchen, um die gewünschte Silhouette zu erzielen, und sagt, ich soll mich sofort freimachen, und zwar hier vor allen Leuten. Vor den Engeln, den Mitarbeitern, den Lieferanten, den Floristen. Vor dem Agenten. Jetzt. Der Garderobier steht schon mit dem Korsett bereit, mit diesem Folterwerkzeug aus Gummi und Draht, und sagt, ich hätte jetzt für die nächsten drei Stunden meine letzte Chance, noch mal zu pinkeln.
»Wenn Sie nicht so fett wären«, sagt der Agent, »müssten Sie dieses Monstrum nicht anziehen.«
Das zweite Viertel geht in die vierte Minute, und der Ehering ist unauffindbar.
Der Agent hadert mit dem Veranstaltungskoordinator, der mit dem Garderobier hadert, der mit dem Requisiteur hadert, der mit dem Juwelier hadert, der zugesagt hatte, für die Werbung auf dem über dem Stadion kreisenden Zeppelin einen Ring zur Verfügung zu stellen. Der Zeppelin mit dem Namen des Juweliers schwebt am Himmel. Der Agent droht mit einer Klage wegen Vertragsbruchs und
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