Flug in den Weltraum
die Zeit dafür schon gekommen?«
»Jawohl, Herr Professor Lüdinghausen. Wir wissen wohl, was bei Ihnen, bei uns und in Washington geschafft wird, aber wir wissen nicht, was sich an anderen Stellen entwickelt. Wenn wir uns die Priorität sichern wollen, müssen wir der Welt umgehend einen Bericht über den ersten Flug in den Weltraum geben, sonst könnte es vielleicht sein, daß ein anderer uns zuvorkäme.«
»Das wäre ...« Chefingenieur Grabbe geriet in Harnisch. »Das wäre ja scheußlich! Haben Sie bestimmte Gründe für Ihre Vermutung, Herr Hidetawa?«
Der Japaner zuckte die Achseln. »Ich sage nur, Herr Grabbe, daß die Möglichkeit vorliegt. Wir wissen nicht, was in anderen Laboratorien geschieht. Sicher ist nur, daß jene Vorkommnisse, die sich vor einigen Monaten ereigneten, doch ziemliches Aufsehen erregt haben. Ich meine jene entflogenen Stücke des Strahlstoffes«, fuhr er auf einen fragenden Blick Grabbes fort, »die an verschiedenen Stellen unserer Erdkugel niederfielen. Ich halte es nicht für ausgeschlossen, daß auch Forscher in anderen Ländern dadurch neugierig und hellhörig geworden sind. Deshalb möchte ich auf eine sofortige Veröffentlichung dringen.«
»Wie soll der Bericht gehalten werden?« fragte Lüdinghausen.
»So kurz wie möglich. Eine Einleitung von zwanzig Zeilen, eine Abschrift des Logbuches und ein halbes Dutzend wirksamer Aufnahmen werden vollständig genügen.«
Lüdinghausen nickte. »Sie haben recht, Herr Hidetawa. Diese kurze Form wird die wirksamste sein. Ich werde alles vorbereiten lassen. Wollen Sie mir bitte noch die Aufnahmen angeben, die Sie für die geeignetsten halten.«
Der Wunsch Lüdinghausens war schnell erfüllt, und dann begann der Apparat des Gorla-Werkes zu arbeiten. Es wurde in fremde Sprachen übersetzt, kopiert und vervielfältigt, und noch am Abend des gleichen Tages ging der Bericht über den ersten Weltraumflug an alle großen Nachrichtenagenturen und Depeschenbüros der Erde hinaus.
*
Als eine Sensation allerersten Ranges wirkte sich der Bericht über den ersten Raketen-Raumflug in der Weltöffentlichkeit aus. Zwischen Hammerfest und Feuerland, zwischen Wladiwostok und Melbourne gab es keine Zeitung, die ihn nicht ungekürzt abgedruckt hätte.
Verschieden waren die Kommentare, welche die einzelnen Blätter ihrer jeweiligen Einstellung entsprechend dazu brachten. Von ungläubigem Zweifel bis zu begeisterter Zustimmung waren alle Tonarten vertreten. Nur darin waren sich alle einig, daß mit diesem Raumflug eine neue Epoche der Technik und des Verkehrswesens begonnen habe ... falls die Nachricht sich bewahrheiten sollte, wie die Zweifler hinzufügten.
Mit verschiedenen Gefühlen wurde der Bericht von den unmittelbar interessierten Stellen aufgenommen. Professor O’Neils verschlug es die Sprache, als er ihn las, und als er sie wiederfand, gab er seiner Stimmung Watson gegenüber einen Ausdruck, der an Lebhaftigkeit nichts zu wünschen übrigließ.
»Wieder sind andere uns zuvorgekommen!« schrie er ihn an. »Immer kommen wir zu spät! Was können wir noch unternehmen, um nicht ins Hintertreffen zu geraten? Sprechen Sie, Watson! Was raten Sie?«
Watson blieb diesen Ausbrüchen gegenüber ruhig. Er dachte sich seinen Teil, aber er hielt es nicht für angebracht, alles auszusprechen, was ihm durch den Sinn ging. Wenn du früher auf mich gehört hättest, dann hätten wir die erste Rakete gehabt, dachte er bei sich. Vorsichtig begann er zu sprechen.
»Die Tatsache steht fest, Herr Professor, daß als erster ein Amerikaner einen Raketenflug in die Stratosphäre unternommen hat. Jawohl! Das bin ich gewesen!« fuhr er fort, als O’Neils ihn verständnislos ansah.
»Unglücklicher! Sprechen Sie nicht davon!« O’Neils streckte wie abwehrend seine Arme aus. »Danken Sie Gott, daß dieser Flug unbekannt geblieben ist. Sorgen Sie dafür, daß er niemals bekannt wird!«
Henry Watson merkte, daß seine Worte wenig Gnade vor den Ohren O’Neils fanden, und suchte nach einem anderen Weg.
»Dann sehe ich nur eine Möglichkeit«, fuhr er nach kurzem Überlegen fort. »Sowie unsere neue Verkehrsrakete startbereit ist, müssen wir einen Propagandaflug unternehmen. Ganz groß müssen wir die Sache anlegen. Die berühmtesten Wissenschaftler unseres Landes müssen wir dazu einladen. Schon vorher muß unsere Presse darüber berichten. Auch Vertreter der Schriftleitungen müssen mit an Bord sein, die unterwegs durch Funk Nachrichten an ihre Blätter
Weitere Kostenlose Bücher